ULTRAMARINES BORDEAUX:
Der ungünstige Spieltermin am Mittwochabend ermöglichte es uns, mal wieder bei den Ultramarines vorbeizuschauen, die sich zum Auswärtsspiel nach Lyon begaben. Dort steht mittlerweile das Grand Stade de Lyon, das neue EM-Stadion der Stadt, baufrisch erst vor wenigen Wochen eröffnet. Damit ist auch das Stade Gerland Geschichte, welches vor einigen Jahren als Kulisse unseres Finaleinzuges diente und sich auch aufgrund der eigenwilligen Bauweise noch in guter Erinnerung befindet. Durch die gewohnt späte Ankunft der Bordelais war noch eine Rundfahrt um das pompöse neue Stadion drin, nahe der Autobahn in der Banlieue gelegen, mit großflächigen Glasfassaden und einem übermäßig großen Dachpanzer, der das Stadion einhüllt. Das Provisorium des Ganzen wurde recht bald deutlich, wird doch noch an allen Ecken und Enden gewerkelt, sind die meisten Parkplätze noch Baustelle und die Beschilderung führt ziemlich in die Irre. Dafür staut sich auf den Straßen bereits drei Stunden vor Spielbeginn aufgrund des Berufsverkehrs der Verkehr, der sich per Kreisverkehr mit der Autobahnabfahrt in die Quere kommt. Muss man sich eigentlich nochmal anschauen, wenn der Parkplatz mal irgendwann fertig ist. Vielleicht kann ja der mit Shuttlebussen organisierte öffentliche Verkehr hier Abhilfe schaffen. Was immerhin schon fertiggestellt war, war der Gästeparkplatz. Als lustige Schikane hat sich allerdings die örtliche Polizei ausgedacht, diesen nur gemeinsam befahren zu lassen. Alle bereits anwesenden Autofahrer aus Bordeaux mussten also auf dem Seitenstreifen der Zufahrtsstraße auf die beiden Busse warten, die selbstredend erst kurz nach Anpfiff eintrudelten. Nachdem die kaum 100 Meter bis zum Parkplatz bewältigt waren, ließen die Bullen die Busbesatzungen nur in überschaubaren 10-er Gruppen aussteigen, für die zuvor stets nur eine einzelne Person Tickets besorgen durfte, da ohne Ticket der Bus erst gar nicht verlassen werden durfte. Da wurde schonmal fleißig das Sicherheitskonzept für die EM geprobt. Als weitere Absurdität des heutigen Tages waren alle grün-farbigen Fanutensilien verboten, die irgendeine mögliche Beziehung zu den mit den Ultramarines befreundeten Magic Fans aus St. Etienne aufwiesen. Die Anwesenheit selbiger wurde nämlich vom Ligaverband verboten und folglich mussten sich am Eingang einige Gäste ihrer T-Shirts entledigen. So zog sich alles noch etwas weiter in die Länge und zur 43. Minute wurde letzlich der Block im ansonsten verwaisten Oberrang betreten. Auch ansonsten war das Stadion eher spärlich gefüllt und die offiziellen 30.000 Zuschauer sehr wohlwollend gezählt. Da kann man die Euphorie für’s neue Stadion im dritten Spiel richtiggehend fühlen. Auch verwunderte, dass während des Spiels auf dem Unterrang der Haupttribüne trotz der Zuschauer der mit den Sitzen gebildete Schriftzug zu lesen war. Passiert nicht oft, aber in Lyon gilt ja „ONLY LYON“, was man dort sehen konnte. Wobei, eigentlich handelte es sich ohnehin kaum um ein Erstligaspiel, sondern eher um eine Baustellenbesichtigung, auf der ein wenig Fußball gespielt wird. Denn alles, was sich hinter der schicken Fassade befindet, hatte vielleicht etwas mit Richtfest feiern aber kaum der Fertigstellung zu tun. Das fröhliche Raten, hinter welcher der verschlossenen Türen im Eingangsbereich sich denn das Treppenhaus versteckt, der verwinkelte Aufgang mit Abbiegungen, die schnell mal in eine Sackgasse führen, fehlende Ausschilderungen allerorten, einzig die Fluchtwege waren beschriftet, sie führten treppaufwärts in den Oberrang. Würde das KVR hier das letzte Wort haben, wäre der Eröffnungstermin wohl kaum zu halten gewesen. Dafür wurde im Gästeblock sehr auf die Sicherheit geachtet und ganz europapokalgewohnt die unteren Reihen des Blocks mit Folie überspannt, um den ohnehin beschissenen Block auch noch um akzeptable Zaunfahnenplätze zu berauben. So entwickelte sich auch aufgrund des Mittwochstermins über die nicht mehr lange Restspielzeit nicht gerade der prächtigste Tifo. Hinzu sorgte die Mannschaft mit ihrem müden, lust- und ideenlosen Auftritt und der völlig verdienten 0-3 Niederlage auch nicht gerade für gesteigerte Euphorie. Die Heimseite vermochte es immerhin, sich in diesen trist-skurrilen Tag prima einzufügen und konnte in der uns verbleibenden Spielzeit wenig Eindruck hinterlassen. Es ist zumindest anzunehmen, dass sie die große Bad Gones Kop Virage Nord – Fahne in diesem Stadion noch häufiger in einem komplett leeren Oberrang aufhängen dürfen. Die Blocksperre für die Bordelais rundete diesen Tag irgendwie noch gelungen ab, bevor uns am Parkplatz offenbar wurde, dass die Bullen während des Spiels die Busse nach diversen Betäubungsmittelchen durchsuchten. Schöne neue Fußballwelt… Anerkennende Worte gehen abschließend an unsere Freunde von den Ultramarines, die diesen Wahnsinn zwischen Ausnahmezustand und EM-Vorbereitungen jede Woche ertragen müssen und uns wieder einmal so herzlich empfingen.
ALLEZ BORDEAUX!