FC Bayern – FK Rostow 5:0

Stell Dir vor, es ist Europapokal und keiner geht hin. So gesehen am letzten Dienstag, als der FC Bayern zwar ausverkauft vermeldete, aber die Zahl der neudeutsch „No-Shows“ genannten Daheimbleiber in die Tausende ging und vor dem Stadion Massen an Tickets verfügbar waren. Vermutlich eine Situation, mit der wir uns in Zukunft häufiger konfrontiert sehen werden, wenn die UEFA die neuen Regularien zur Verteilung der Fernsehgelder umsetzt. Dies lässt den oft bemühten Satz von den Reichen, die noch reicher werden, nämlich noch wahrer werden als er ohnehin schon ist. Damit werden Begegnungen zwischen Favoriten und Außenseiter noch fader werden, als sie ohnehin schon sind. Die Schere ist in den letzten paar Jahren nochmal deutlich auseinander gegangen. Wir klatschen Rostow mit 5:0 weg, Barca fegt Celtic, immerhin auch eine europäische Fußballlegende, mit 7:0 vom Platz. Klar gab es auch früher mal Kantersiege, aber mittlerweile ist selbst der Cup der Landesmeister, Zweit-, Dritt- und Viertplatzierten eine Zweiklassengesellschaft, in der die Großen in der Gruppenphase doch eigentlich null Komma gar nix zu befürchten haben. Wirklich herausfordernd wird es frühestens im Achtelfinale, je nach Auslosung auch erst in der Runde der letzten vier.
Und wer glaubt, dass das Ganze attraktiver wird, nur weil die großen Ligen mehr sichere Startplätze bekommen, wird vermutlich auch eher auf dem Holzweg sein. Nicht nur, dass es für den ambitionierten Fan dann noch weniger spannende, nicht-alltägliche Reiseziele für Auswärtsspiele gibt, wir spielen dann halt auch zu Hause jedes Jahr gegen die gleichen Mannschaften. Und mit einem Gruppenspiel gegen Arsenal lockst Du bei uns doch heute schon keinen Hund mehr hinter’m Ofen vor. Die Top 4 der nationalen Ligen werden bis auf wenige Ausnahmen (letzte Saison z.B. Leicester) auch immer die gleichen Teams bleiben, denn die Gelder aus dem Europapokal sichern in der Liga ja auch gegen aufstrebende Teams ab.

Zurecht ist die Empörung über Red Bull groß, aber dass die großen europäischen Vereine sich quasi ein Regelwerk schaffen, mit dem sie den sportlichen Wettbewerb zukünftig mehr oder weniger außer Kraft setzen, ist auch etwas, das man eigentlich nicht stillschweigend hinnehmen sollte. Was ist eigentlich mit den ganzen kleinen Verbänden los? Wieso laufen die da nicht Sturm? Alle zufrieden, weil sie jetzt bei der Euro mitspielen dürfen?
Passend zu diesem Thema hatte MRP auch ein Spruchband parat: „ECA’s Evolution: Survival of the Richest“. Die ECA ist die European Club Association, die von den großen Vereinen dominiert wird und der maßgebliche Motor hinter der Champions League Reform. Unser Vorstandsvorsitzender sitzt auch dort im Vorstand und hatte bezüglich der Änderungen nicht von einer Revolution, sondern einer Evolution gesprochen. Einer, bei der am Ende wohl nur die großen starken Clubs die Überlebenden sein werden.

Das war jetzt alles nicht ganz sauber strukturiert und argumentiert, aber wenn man trotz eines 5:0 Sieges irgendwie mit einem seltsamen Gefühl aus dem Stadion geht, dann will man erstmal in die Tasten klimpern, ohne sich vorher groß Gedanken um einen stringenten Aufbau zu machen.

Als weltbeste Überleitung kommen wir damit zum Spielaufbau der Russen, der fand nämlich größtenteils gar nicht statt. Unsere Mannschaft hatte deshalb auch vollkommen recht damit, gegen diesen Gegner nicht alle Körner zu verschießen. Auch wenn es als Zuschauer nicht viel Spaß macht, verdient so ein überdurchschnittliches Ergebnis bei durchschnittlicher Leistung ja eigentlich ein Lob.

Vielleicht kann man deshalb sagen, dass die ressourcenschonende Spielweise von der Südkurve honoriert wurde, denn die Stimmung war an und für sich ja gar nicht übel. Jetzt kein Bombenkracher („ging ja nicht, Rucksackverbot“ – Könige des Kalauers) aber für den Rahmen allemal okay, auch wenn keine Phase oder kein Lied besonders rausstach. Obwohl, das Einklatschen war diesmal schon brachial, nur leider verflog die Freude darüber schnell, wie wir realisierten, dass die krasse Beteiligung wohl aus dem Island-Hype resultierte. Die deutsche Sportjournalistenriege, als alte Connaisseure der Fankultur, wussten dann auch gleich mal, dass wir das von den Isländern kopiert hätten und sprachen denen das Erfinden des Einklatschens zu. Gönnen wir den Isländern diesen Ruhm, dafür ist bei denen das Bier so teuer.

Der Vollständigkeit halber seien auch noch unsere beiden Spruchbänder heute erwähnt. Einmal gingen solidarische Grüße an die Refugees am Sendlinger Tor und zum anderen riefen wir zum Endspurt der Crowdfanding-Kampagne ein lautes „Südkurve bleibt“ in die Welt hinaus.

Ein Dankeschön geht noch an die Gäste vom FC Sankt Pauli und FC Carl Zeiss. Nice, dass ihr da wart.

Demnächst gibt es auf http://suedkurve-muenchen.org Bilder vom Spiel zu sehen.