Neues von unseren Freunden

ULTRA‘ SANKT PAULI:


Die Situation vor dem 4. Spieltag war wenig erfreulich: der FC St. Pauli als einziges Team der zweiten Liga noch mit 0 Punkten und dazu noch mit einer miesen Tordifferenz von 1:5. Das Ziel für diesen Spieltag war also klar: wenn es Bielefeld nicht gibt, dann gibt’s auch keine Punkte für Bielefeld! Es galt, Arminias Fettkatzen das Fell abzuziehen, um nicht jetzt schon komplett den Anschluss an den Rest der Liga zu verlieren.
7 FC Bayern Ultras machten sich nach unserem Auswärtssieg in der Gelsenkirchener Mehrzweckturnhalle auf den Weg Richtung Hamburg. Da wir von unserem eigenen Spiel erst sehr spät los kamen, genehmigte der Großteil der Leute sich unterwegs bei einem Gruppenmitglied noch ein paar relativ kleine Mützen Schlaf und steuerte die braun-weiße Hansestadt erst am Samstagmorgen an. Aufgrund dessen musste zumindest bei einigen die traditionelle und liebgewonnene Spieltagseinstimmung im Viertel mehr oder weniger ausfallen und man begab sich direkt vom Parkplatz zum Stadion.
Im Stadion gab es zum Spielbeginn gleich zwei optische Aktionen der St. Pauli-Fanszene zu sehen: in der Südkurve gratulierten unsere Freunde von USP den Ultras Inferno aus Lüttich zum Jubiläum. 20 Jahre alt werden die Ultras Inferno bekanntlich und die Feierlichkeiten dazu stehen demnächst an. Dazu gab es am Zaun eine Tapete mit den Glückwünschen und dem Logo von UI96. Abgerundet wurde das Ganze mit einem USP / UI96-Freundschaftsschwenker im Block.
Auf der Gegengerade widmete man die optische Aktion einem gänzlich anderen und im Gegensatz zum Lütticher Jubiläum auch sehr traurigen Anlass: seit einiger Zeit gibt es in der Fanszene des FC St. Pauli eine Initiative mit dem Namen „St. Depri“. Diese Initiative hatte sich gegründet, nachdem sich ein Mitglied der aktiven Fanszene des FCSP aufgrund von Depressionen das Leben genommen hatte. St. Depri bietet Menschen, die an Depressionen leiden, die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und stellt auch Kontakte zu professioneller Hilfe her. Außerdem können sich auch Angehörige und Freunde von Betroffenen mit ihren Problemen und Fragen an St. Depri wenden und werden dort mit Rat und Tat unterstützt. Der Freitod des oben genannten Szenemitglieds Michel jährte sich in den letzten Tagen zum zweiten Mal. Aus diesem Grund wurde mit der entsprechenden Aktion einerseits Michel gedacht, andererseits wurde die Initiative „St. Depri“ wieder ins Bewusstsein der Fans im Stadion gerufen. Auch wir hatten damals ein Spruchband für Michel gemacht und wir wünschen der St. Depri-Initiative viel Erfolg und dass es ihnen gelingt, möglichst vielen Betroffenen und ihren Angehörigen zu helfen.
Kommen wir wieder zu erfreulicheren Dingen. Von Beginn an schenkten sich beide Mannschaften auf dem Spielfeld nichts. Es wurde teilweise recht ordentlich in die Zweikämpfe gegangen, was zu mehreren Unterbrechungen nach Fouls führte. Allerdings wirkte sich das Spiel auch auf die Ränge aus, zumindest bei den Braun-Weißen. Von Anfang an hatte der Tifo eine gute Lautstärke und Mitmachquote. Natürlich gab es durch die häufigen Foul-Unterbrechungen auch ab und zu leichte Absacker oder kürzere zähe Phasen in der Stimmung. Wenn ich am Anfang schrieb, dass es darum ging, den Bielefelder Fettkatzen das Fell abzuziehen, dann beherzigte das ein nicht geringer Teil der Gästefans von selbst. T-Shirt aus und oberkörperfrei im Gästeblock rumhampeln – viel mehr gab es von den „Alm-Öhis“ das gesamte Spiel über nicht zu sehen oder zu hören. Nicht, dass man das nicht eh so erwartet hatte…
Spätestens Mitte der ersten Halbzeit übernahmen die Hamburger auf dem Spielfeld die Kontrolle. Der verdiente Lohn war der Führungstreffer von Bouhaddouz in der 38. Minute, der natürlich erleichtert und ausgelassen bejubelt wurde. Viel Zeit zum Jubeln blieb aber nicht, schon zwei Minuten später musste Himmelmann den Ausgleich verhindern. So ging es mit knapper aber verdienter Führung in die Pause.
Schon kurz nach dem Wiederanpfiff war das mit der knappen Führung dann gegessen. In der 50. Minute knallte Schuppan einen Freistoß an den linken Innenpfosten, von wo aus der Ball ins Tor ging. Bereits fünf Minuten später hatten viele Braun-Weiße schon die erneute Führung bejubelt, doch das Schiri-Gespann sah es anders (und falsch) und gab den Treffer wegen angeblichem Abseits nicht. Diese Fehlentscheidung blieb nicht die einzige Entscheidung, für die sich die „Unparteiischen“ den Unmut der Heimfans zuzogen. Im Spiel war jetzt jedenfalls richtig Feuer und auch von den Rängen wurde der Magische FC lautstark nach vorne getrieben. In den letzten 15-20 Minuten spielte auf dem Feld fast nur noch braun-weiß und teilweise stiegen alle Tribünen in die Anfeuerung ein. In der 90. Minute war es dann der eingewechselte Cenk Sahin, der den erlösenden Siegtreffer schoss. Die Erleichterung und den folgenden Torjubel bei unseren Freunden kann sich sicher jeder vorstellen… 😉
Nach dem Spiel und dem Feiern mit der Mannschaft ging es dann in den Fanladen und in die verschiedenen Lokalitäten im Viertel, wo man gemeinsam den Sieg feierte und den Abend bei schönstem Wetter gemütlich ausklingen ließ. Gemütlich wurde der Abend aber nicht für alle. Vorher kam noch kurz etwas Hektik auf, auch wenn es schlussendlich heißer gekocht als gegessen wurde. „Wer noch niemals in lauschiger Nacht einen Reeperbahn-Bummel gemacht, ist ein armer Wicht, denn er kennt dich nicht, mein Sankt Pauli bei Nacht“, heißt es in einem Lied der Kiez-Legende Hans Albers. Dem Vernehmen nach hatten einige, in Hamburg weniger beliebte Personen, mehr Glück, wohingegen ein paar Fascho-Schweinen gezeigt wurde, dass es nicht erst Nacht werden muss, bis sie merken, dass sie im Viertel ihre Nazi-Tätowierungen besser nicht zu offensichtlich spazieren tragen sollten.
Am kommenden Sonntag treten unsere Freunde womöglich zum letzten Mal im Karlsruher Wildparkstadion in seinem jetzigen Zustand an, bevor dann irgendwann Ende 2017 der geplante Umbau beginnt. Der Karlsruher SC ist auch nicht wirklich glorreich in die Saison gestartet, hoffen wir also, dass in Baden die nächsten 3 Punkte eingetütet werden. Voran, Magischer FC!
Bilder findet Ihr wie immer auf usp.stpaulifans.de