FC Bayern – VfB Stuttgart 3:2

Wenn man Freitag Abend durch den Ostbahnhof lief, sah man eine ganze Reihe gezeichneter Gesichter. Die Feierlichkeiten rund um den Europapokal hatten so manchem die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit aufgezeigt.

Diesmal hatte nur ein Teil unserer Gruppe den Sonderzug des Club Nr. 12 zur Anreise gewählt. Andere setzten die Europapokalsause das Wochenende über in Berlin fort.

Als Treffpunkt hatten wir den Alexanderplatz gewählt. Ungefähr 1000 Bayernfans waren unserem Aufruf gefolgt. Gemeinsam ging es unspektakulär zur U-Bahn und auf direktem Weg zum Olympiastadion. Beim Einlass eröffneten übermotivierte Ordner vor und hinter der Kurve diverse Konfliktlinien. Ob es jetzt um die Anzahl an Fahnenstangen ging, Leute aus dem Block geworfen oder Bayernfans, die einfach nur vor dem Treppenaufgang standen tätlich angegangen wurden. Während den ganzen Tag über eine entspannte Atmosphäre geherrscht hatte, schafften es die Ordner in kürzester Zeit, die Gemüter zu erhitzen. Eigentlich wäre es mal an der Zeit, eine breitere Debatte darüber zu führen, wieso viele private Sicherheitsdienste sich in den letzten Jahren so verhalten als hinge die nationale Sicherheit und das Überleben der gesamten Bevölkerung von ihnen ab. Ist ja bei weitem nicht nur beim Fußball so. Worte wie Verhältnismäßigkeit, Dialog, ja eigentlich sogar Vernunft scheinen für einige Ordner bei der Ausübung ihrer (Neben-)Tätigkeit keine Rolle mehr zu spielen.

Auf der Gegenseite hatten sich die Stuttgarter ebenfalls mit dem Ordnungsdienst herumzuschlagen. Sah aus unserer Perspektive sehr respektabel aus, wie sich immer wieder 50er Gruppen den Weg in die Kurve bahnten. Definitiv eine gute Aktion der Schwaben, die sich so wohl einiges an Blockschmuggelei und weitere Materialkontrollen ersparten. Der Stimmungsblock der Stuttgarter gab – beinahe komplett in weiße Shirts gekleidet – ein starkes Bild ab. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten waren sie zwar selten bei uns zu hören, aber die Optik ließ durchaus darauf schließen, dass der VfB-Anhang ihre Mannschaft angemessen unterstützte.

Hier muss man zweifellos auch sagen, dass die Schwaben einen besseren Auftritt zeigten als wir es taten. Ich denke, jeder auf unserer Seite wird unumwunden zugeben, dass der Fokus der letzten Saisonwochen auf dem Finale in London lag. Der letzte Schritt zum Triple wurde in diesem Zusammenhang natürlich ebenfalls herbeigewünscht. Nach dem epischen Triumph von Wembley wurde er aber gleichzeitig auch als Pflichtaufgabe verstanden. Die 1,8 Promille-Aussage von AG-Vorstand Kalle zeigt ja, dass diese Haltung nicht auf die Fanszene beschränkt blieb. Dementsprechend wurden viele Lieder nicht mit der eigentlich angebrachten Motivation gesungen und uns gelang es viel zu selten, die ganze Kurve mitzureißen.

Lediglich optisch konnte die Südkurve heute in Berlin ein paar Akzente setzen. Nachdem eine Sponsorenaktion über die Kurve angekündigt worden war, hatte der Club Nr. 12 auf die Durchführung einer Choreo verzichtet. Stattdessen gab es im Oberrang nur ein großes Spruchband mit einem langezogenen „Zugabe“. Wir präsentierten zeitgleich im Unterrang ein Spruchband mit dem Wort der Woche „Europapokalsieger“. Im Block wurde derweil etwas Pyro gezündet.

75 Minuten später wurde nach dem 3:0 durch Mario Gomez in der Kurve das Triple aufgezogen. Drei Blockfahnen mit Meisterschale, DFB-Pokal und dem Europapokal schmückten unseren Bereich. Dazu das aus der Saison 2009/2010 bekannte Spruchband „We just can’t get enough!“.

Kurz darauf machte sich nochmal etwas Nervosität breit, ob wir mit den Triple-Feierlichkeiten nicht etwas zu früh begonnen hatten. Unsere Mannschaft hatte auch ohne unsere beiden Brasilianer das Spiel in der ersten Hälfte weitgehend kontrolliert. Thomas Müllers Treffer per Foulelfmeter wurde dann schon weitgehend als Vorentscheidung aufgefasst. Nach dem bisherigen Saisonverlauf wäre ja alles andere auch einer Sensation gleichgekommen. Direkt nach dem Wiederanpfiff erhöhte Super Mario Gomez dann auf zwei zu null. Dass die Stuttgarter die letzten zwanzig Minuten nochmal Spannung aufkommen lassen können, hatte so wohl niemand erwartet. Schlussendlich riss sich unsere Elf aber nochmal am Riemen und so können wir im Jahr 2013 erstmals alle drei wichtigen Pokale in den Trophäenschränken an der Säbener ausstellen.

Nachdem wir in London weit entfernt von der Mannschaft im Oberrang feierten, war es ganz nett, diesmal wieder näher dran zu sein und mit der Mannschaft vernünftig kommunizieren zu können. Daniel van Buyten und Bastian Schweinsteiger schwenkten stolz eine Fahne aus der Kurve. Schweini kleidete sich auch sehr markant mit einem Schickeria-Schal. Sollte sich der ein oder andere Funktionär darüber geärgert haben, macht es den Triple-Sieg für uns nur noch etwas süßer.
Der Fokus war aber eigentlich auf eine ganz andere Person gerichtet: Cheftrainer Jupp Heynckes, der über Minuten von der ganzen Kurve gefeiert wurde. Nach mehreren Bierduschen stand er klatschnass vor der Kurve und präsentierte stolz den Pokal. Zu seinem letzten Spiel auf unserer Trainerbank waren von der Südkurve ein paar Spruchbänder vorbereitet worden. Unter anderem „Gracias Don Jupp“ von den Munichmaniacs und „Aus ein Jahr wurden 23… Champions halten ihre Versprechen! Danke Jupp“ vom Inferno. Auch wir wollen uns an dieser Stelle nochmal bei einer großen Persönlichkeit des deutschen Fußballs bedanken. Er ist kein Lautsprecher und macht nicht auf Popstar. Er ist ein bodenständiger Typ, der den Fußball liebt und einen riesigen Beitrag zur Erfüllung unseres großen Traums beigetragen hat. Danke Jupp.

A propos großer Traum. MM96 nutzte die Chance und erinnerte die Schwaben nochmal dran, dass wir jetzt doch tatsächlich Triple-Sieger sind. 1999 hatten sie beim Amateurespiel ihre Finger ganz tief in die Barcelona-Wunde gelegt. Deshalb zeigten die Munichmaniacs ein Spruchband: „28.05.99 Triple? – Triple jetzt!!!“

Mit dem Pokal im Gepäck ging es stressfrei aus dem Stadion und zur S-Bahn. Wie üblich blieb der Partyfaktor im Sonderzug hinter den Erwartungen zurück. Irgendwie scheint die Rückfahrt aus Berlin nicht mehr unsere Stärke zu werden. Nichtmal nach einem Triplesieg.

Hier gibt es die Bilder vom Pokalfinale zu sehen.

Außerdem gibt es auf www.suedkurve-muenchen.org auch ein Video vom Pokalfinale in Berlin.