Was hier und da passiert

Während hier zu Lande der Ball zum Jahreswechsel für einige Wochen ruht, wird andernorts hingegen munter weiter gegen das runde Leder getreten. Vorallem in Italien gab es dabei wieder mal einige erwähnenswerte Begegnungen und Ereignisse von denen wir heute berichten wollen.

So fand kurz vor Weihnachten das Derby della Calabria zwischen Cosenza und Catanzaro statt. Und obwohl die Anstoßzeit an einem Donnerstag um 14:30 Uhr wieder mal völlig indiskutablen war, war nicht nur der Heimberich gut gefüllt. Auch einige Gästefans haben es zum Spiel geschafft.
Beide Seiten hatten zu Beginn auch noch eine optische Aktion vorbereitet und konnten so trotz der widrigen Umstände für eine gute Atmosphäre sorgen:

Selbst am 24. Dezember kannte der Calcio dann keine Ruhe. In Cesena feierten die Weisschwarz Brigaden beim Spiel gegen Trapani ihr 35-jähriges Bestehen mit einer großen Blockfahne:

Und in Kampanien kam es am selben Tag sogar zum Derby zwischen Avellino und Salernitana. Passend zur weihnachtlichen Stimmung leuchtete deshalb auch die Heimkurve zum Einlauf der Mannschaften hell auf:

Während des Spiels wurden dann wieder allerlei Nettigkeiten in Form von Spruchbändern ausgetauscht. Und auch die Gäste aus Salerno hatten u.a. einen ebenfalls zum Feiertag passenden Spruch parat:


Frei übersetzt war da zu lesen: „Für dieses Spiel habt Ihr die Krippe verlassen… Findet ihr das schön? Lasst es gut sein… und kehrt zurück zu Ochs und Esel!“

Kurz vor Silvester stand der letzte Spieltag des Jahres an, der erneut auf einen Donnerstag verleget wurde.
In Foggia gratulierte die Curva Nord einem Stadionverbotler per Spruchband und ein wenig Pyro:


Weiter südlich kam es zudem zum Derby dello Stretto zwischen Messina und Reggina. Den Anhängern der Gastmannschaft wurde eine Anreise leider untersagt, an Bewohner der Region Reggio Calabria wurden keine Eintrittskarten verkauft.

Am 30. Dezember ließ die Curva Sud Benevento nach der Partie gegen Pisa dann schonmal etwas Silvesterstimmung aufkommen:

Einen Tag später starteten dann die Ultras von Savoia gemeinsam ins neue Jahr:

Doch auch abseits des Spielfeldes gab es Dinge denen einige Ultras ihre Aufmerksamkeit und Zeit widmeten. So musste der ehemalige Capo und Mitbegründer der Falange D’Assalto Catania Ciccio Famoso ins Krankenhaus eingeliefert werden, weil sich sein Gesundheitszustand auf Grund einer schon länger andauernden Krankheit deutlich verschlechtert hat. Aus diesem Anlass wurde nicht nur im Stadion an ihn gedacht:

Auch vor den Türen des Krankenhauses standen ihm seine Freunde zur Seite:

Apropos Krankenhaus. Auch in Neapel verweilten einige Ultras der Curva B vor einem Hospital für an Krebs erkrankte Kinder und versuchten ihnen mit Spruchband und Gesängen etwas Mut zuzusprechen:

Solidarisch zeigte man sich zur Weihnachtszeit auch in Brescia. Dort machte die Gruppe Brescia 1911 Ex-Curva Nord nach dem Spiel gegen Pro Vercelli sich auf den Weg zum Gefängnis Canton Mombello, um auf die prekäre Lage der Inhaftierten aufmerksam zu machen. Viele Gefängnisse in Italien sind maßlos überfüllt oder bieten unwürdige Lebensbedingungen.

In Bologna startete das neue Jahr dann leider mit einer traurigen Meldung. Andrea „Papero“ Palmieri – ein langjähriges Mitglied der Forever Ultras – verstarb kurz nach Neujahr im Alter von nur 52 Jahren. Viele Freunde und Wegbegeleiter aus der Kurve waren bei seiner Beisetzung anwesend:

Wenige Tage später wurde in Sora – einer beschauligen Kleinstadt östlich von Rom – der 110. Geburtstag des örtlichen Fussballvereins gefeiert. Was zunächst nicht nach einer besonders erwähnenswerten Meldung klingt ändert sich schnell mit einem Blick auf die jüngere Vergangenheit des Vereins. Nach mehrfachen Neugründungen konnte man 2015 leider nicht mehr die finanziellen Mittel aufbringen, um noch in der Serie D an den Start zu gehen und musste den Profifußball aufgeben. Seither begnügt man sich nur noch mit einem Dasein in den unteren italienischen Amateurligen.
Auch die kleine aber respektable Ultraszene des Vereins musste deshalb die Segel streichen und vergangene Auftritte gehören wohl der Geschichte an:

Extra zum diesjährigen Geburtstag wurden dann aber nochmals die Zaunfahnen der verschiedenen Gruppen herausgekramt und stolz im Stadion präsentiert:


Am 9. Januar stand dann mit der 40-Jahresfeier des Commando Ultra Curva Sud (CUCS) eine ganz spezielle Geburtstagsfeier an. Ehemalige Mitglieder und Freunde dieser legendären Gruppe, die zahlreiche Anhänger der Curva Sud vereinigte und von 1977 bis 1999 maßgeblich die italienische Ultrakultur mit geprägt hat, feierten an diesem Tag und schmückten die Veranstaltungslocation auch mit alten Zaunfahnen, Trommeln oder T-Shirts:

Auch das Roma-Idol Daniele De Rossi meldete sich per Video zu Wort und beschrieb seinen Eindruck vom ersten Stadionbesuch damals so:

„Ich erinnere mich an mein erstes Mal im Stadion, ich verbrachte das ganze Spiel damit all diese Leute zu beobachten wie sie singen und verstand nicht, warum sie nicht nur auf das Spiel achteten. Aufgewachsen mit Ihnen habe ich verstanden was es bedeutete. Leider habe ich es nie als Spieler erlebt.“

In den nächsten Tagen werden wir aus diesem Anlass auch noch einen gesonderten Beitrag zum CUCS veröffentlichen, in dem wir nochmal näher auf dessen Geschichte eingehen werden.

Bevor wir uns noch den Geschehnissen in anderen Ländern wittmen wollen wir noch zwei Spiele vom vergangenen Sonntag in Italien nicht unerwähnt lassen.
Auf Sardinien kam es zur Begegnung zwischen Cagliari und Genoa. Der Gästeanhang stimmte sich hier bereits zu Beginn der Überfahrt auf der Fähre für das Spiel ein:

Die Curva Nord rund um die Sconvolts Cagliari wurde hingegen für dieses Spiel mit einem Zuschauerausschluss sanktioniert. Grund war ein Böllerwurf bei einem vorangegangenen Heimspiel, bei dem auch ein Ordner verletzt wurde.

Diese wieder einmal völlig überzogene Kollektivstrafe hielt jedoch nicht einige hart gesottene Ultras davon ab ihre Mannschaft auch außerhalb der Stadionmauern zu unterstützen:

Einen Augenschmaus gab es am selben Tag in Cava de‘ Tirreni zu bestaunen. Dort kam beim Spiel gegen Igea seit längerem mal wieder die schöne Ultra‘ Cava Zaunfahne in der Heimkurve zum Vorschein:

Am rechten oberen Bildrand ist außerdem ein Spruchband mit der Aufschrift „10-01-93 NOI NON DIMENTICHIAMO“ zu lesen. Damit erinnerten die Ultras an die Vorkommnisse vom 10. Januar 1993. Damals kam es bei der Partie Atalanta – Roma zu einem Polizeieinsatz, bei dem der Bergamo-Fan Celestino Colombi einen Herzinfarkt erlitt und an dessen Folgen starb.
Er hat an diesem Tag weder das Spiel besucht noch war er an Auseinandersetzungen beteiligt. Sowohl Polizei als auch Medien schenkten diesem tragischen Vorfall damals keine Aufmerksamkeit. Beim darauf folgenden Spieltag war deshalb in zahlreichen italienischen Kurven ein Spruchband mit den Worten „La morte è uguale per tutti“ (Der Tod ist für alle gleich) zu lesen, wodurch das Geschehen erst richtig an die Öffentlichkeit kam. Es war das erste Mal, dass in Italien trotz ausgeprägter Rivalität unterschiedliche Kurven gemeinsam ein solidarisches Zeichen setzten.

Am Ende des Wochenendes gab es dann auch noch einigen Trubel in Neapel. Niemand geringeres als die argentinische Fußballikone Diego Maradona gab sich die Ehre und stattete der Stadt einen Besuch ab. Er wird dort seit seiner Zeit beim SSC Napoli (1984 – 1991) praktisch als Heiliger verehrt und so wurde er natürlich auch diesmal gebührend in Empfang genommen, u.a. mit Grußbotschaften auf den Infotafeln der örtlichen Bushaltestellen:

2017 jährt sich die erste Meisterschaft des Clubs zum 30. Mal, wofür auch extra eine eigene Bühnenshow auf die Beine gestellt wurde, zu dessen Premiere dann auch die Hauptfigur persönlich anwesend war. Und so konnten auch an diesem Abend wieder alle Zuschauer lauthals singen „Mamma, ho visto Maradona“ („Mama, ich habe Maradona gesehen“):

Nicht alle waren allerdings über diese Veranstaltung begeistert, so auch die Ultragruppe Fedayn Napli 1979. Diese brachte ihren Unmut mit einem Spruchband zum Ausdruck auf dem zu lesen war: „Diego spielte für die Menschen im San Paolo, aber warum im San Carlo zu diesen Preisen“ In dem Theater hatten lediglich 2000 Zuschauer Platz und die Eintrittskarten kosteten bis zu 330 Euro.

Am Ende richten wir nun aber wie gewohnt unseren Blick auch noch auf nennenswerte Ereignisse abseits des italienischen Stiefels.

Auf Zypern fand vor zwei Wochen das Derby in Limassol zwischen Apollon und AEL statt. Auf beiden Seiten kam hier reichlich Pyrotechnik zum Einsatz:

Am 8. Januar stürmten einige Ultras White Knights (Anhänger des al-Zamalek SC) ein Stadion in Kairo, in dem gerade ein Freundschaftsspiel zwischen Ägypten und Tunesien ausgetragen wurde, um gegen den Klub-Präsidenten Mortada Mansour zu protestieren. Genau einen Monat bevor sich die Katastrophe vom Air Defense Stadium zum zweiten Mal jährt, versuchten die Ultras ihren Prostet nochmal an die Öffentlichkeit zu tragen und forderten die Freilassung ihrer Freunde. Bei dem Unglück kamen damals zahlreiche Anhänger des Clubs bei Auseinandersetzungen mit der Polizei ums Leben. Mansour wird dafür eine wesentliche Mitverantwortung zugeschrieben. Nach wie vor finden deswegen Gerichtsverhandlungen statt, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.