Die Winterpause ist bereits seit letzter Woche vorbei, nun gibt es auch in dieser Rubrik wieder etwas im Südkurvenbladdl zu lesen. Nachdem wir euch gegen Ende der Rückrunde leider nur unregelmäßig mit Neuigkeiten versorgt haben, wird dies nun wieder regelmäßig der Fall sein.Dieses Wochenende startet die Zweite Liga in die Rückrunde. Der VfL Bochum macht am Freitag Abend um 18.00 Uhr beim VfR Aalen den Anfang, der FC Sankt Pauli tritt dann am Sonntag um 13.30 Uhr gegen Energie Cottbus an.
Für den FC Carl Zeiss Jena ist noch eine Woche länger spielfrei, dann folgen aber auch gleich zwei Highlights. Am 10.2. gastiert der FSV Zwickau im Ernst-Abbe-Sportfeld. Eine Woche später geht es für unsere Freunde von der Horda Azzuro zum Auswärtsspiel nach Magdeburg.
Aber auch in der Winterpause waren Mitglieder unserer Gruppe bei Freunden unterwegs. Nachdem es letzte Woche schon einen Bericht vom Besuch in Bordeaux, beim Spiel gegen Paris, zu lesen gab, hier nun ein paar Zeilen zum Spiel Civitanova gegen Macerata.
BRIGATE ROSSOBLU CIVITANOVA:
In der Nacht auf den 20.01.2013, quasi nach unserem Rückrundenauftakt gegen Fürth, machten sich endlich wieder mal 2 voll besetzte Autos auf, Richtung Italien. Ziel dieser Reise war ein Besuch bei unseren Freunden der Brigate Rossoblu aus Civitanova, um diese bei ihrem wichtigen Derby zuhause gegen S.S. Macerata zu unterstützen. Trotz schlechtem Wetter und Schnee auf der Autostrada erreichten wir das wunderschöne Civitanova gegen 10 Uhr vormittags. Angekommen an den legendären Räumlichkeiten der Brigate merkte man sofort, dass dieses Fußballspiel für die Jungs und Mädls etwas ganz besonderes war. Das Hinspiel in Macerata war das erste Aufeinandertreffen der verfeindeten Szenen seit 6 Jahren. Außerdem war es das erste Spiel, in dem alle Ultra-Gruppen aus Citano wieder geschlossen zusammen standen. Nach Streitigkeiten unter den Gruppen um die Sconvolts und der Curva Nord mit der Brigate Rossoblu war man sich einig, dass die Wichtigkeit des Spiels Grund dafür war, diese Unstimmigkeiten zu vergessen um wieder gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Am meisten hatte in der Zeit davor der Tifo gelitten. Es war die Brigate, die bei Heimspielen ganz links auf der Gradinata des Polisportivos in Citano stand, dazwischen die „normale“ Tifoseria und ganz rechts die beiden anderen Gruppen. Das gemeinsame Singen wurde dadurch unmöglich, was auch mit Sicherheit der Grund war, warum Sconvolts und Curva Nord den alten Standort bei der Brigate verlassen haben. Auch zu erwähnen ist, dass beim Hinspiel die Civitanovese mit ca. 50 Rollern nach Macerata reisten und dort für großes Aufsehen sorgten. Leider resultieren daraus auch 10 neue Stadionverbote für Mitglieder aller Gruppen.
In der, aus finanziellen Gründen verkleinerten Sede, hätten die 30-40 Leute eh keinen Platz gefunden, also spazierten wir nach den üblichen Begrüßungsritualen mit bayrischen Gastgeschenken zum großen Treffpunkt aller Ultra-Gruppen im Stadtzentrum. Dort wurde ein unauffälliger Platz genutzt, der in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof perfekt war, um den angekündigten Zug der Maceratese in Empfang zu nehmen. Nach etwas Wartezeit verteilten sich die ca. 100 Vermummten in den Seitenstraßen vor dem Bahnhof. Doch die einzigen, die dort zu finden waren, waren 5 Carabinieri, die dann auch die ein oder andere Nettigkeit der Ultras auf sich zuflogen sahen. Nachdem aber immer klarer wurde, dass die Anreise des Gegners per Zug wohl ein falsches Gerücht war, entschied man sich ziemlich spät, zum Stadion aufzubrechen. Der Marsch führte dann aber noch am Gästesektor vorbei, der leider komplett abgeriegelt war. Die Maceratese wurden per Bus direkt von der Superstrada zum Stadion geleitet, wo es kein Herankommen gab.
Aufgrund der ganzen Aufregung und Verwirrung um die Ankunft der rot-weissen aus dem Landesinneren der Region Marche verpeilte man glatt den Anpfiff und wir streunerten erst zur 5. Minute in den Heimblock. Diese magische Kurve, ca. 5 Meter vom Meer entfernt, füllte sich dann nach und nach mit den Abenteurern, welche die Gäste persönlich begrüßen wollten. Die ersten Lieder der Curva spiegeln so ziemlich genau die Mentalitätsunterschiede beider Szenen wider. „Wo sind eure Ultras“ wurde minutenlang dem mit ca. 700 Leuten gefüllten Gästeblock entgegen gesungen. Auch einige Spruchbänder verdeutlichen die Rollenverteilung ganz gut. Den Ultras Macerata wird aus gutem Grund vorgeworfen, sich nur bei sportlichen Erfolgen mit größerer Anzahl an Menschen aus der eigenen Stadt zu trauen. Diesbezüglich gabs dann ein sehr nettes Spruchband der Rot-Blauen mit der Aufschrift: „LA NOSTRA STORIA E´PIENA DI DELUSIONI E INGIUSTIZIE… MA NOI CISIAMO SEMPRE STATI… COMUNQUE E OVUNQUE! POTETE DIRE LO STESSO??? BRB“ was so viel heißt wie: „Unsere Geschichte ist voll von Desillusion und Ungerechtigkeit… Aber wir waren immer hier… Immer und Überall! Könnt Ihr daselbe von Euch behaupten?“ Den Ausgesperrten wurde mit einem „Diffidati sempre presenti“ gedacht, sowie einem vor 4 Jahren verstorbenen Freund aus Rimini („Bruco sempre con noi“).
Das Führungstor für die Civitanovese fiel dann kurz vor Ende der ersten Halbzeit. Dieser Torjubel war einfach unbeschreiblich. Selten so viele Menschen sowas von am abdrehen gesehen wie bei diesem Tor. Der FC Bayern müsste da im Europapokal schon ziemlich weit kommen, um solche Emotionen bei seinen Anhängern zum Vorschein zu bringen. Alle lagen sich in den Armen und der Tifo wurde durch die Halbzeit durch bis zum Ende auf höchstem Niveau durchgehalten. Während des Spiels flogen auch die ein oder anderen pyrotechnischen Mittel auf das Spielfeld, was eine kurze Spielunterbrechung zur Folge hatte. Aber wie es in einer guten Kurve eben ablaufen sollte, wurde dann von dem Vorsänger ordentlich Ansagen verteilt, wie man denn bei diesem Spielstand den Abbruch des Spiels rausprovozieren könne. Nach kurzen Diskussionen entspannte sich die Situation auch wieder und es konnte sich wieder voll dem sehr starken Tifo hingegeben werden. Als dann endlich der erlösende Abpfiff immer noch beim Stand von 1:0 für die Heimmannschaft erfolgte, gab es kein Halten mehr. Es wurde noch über eine Stunde in der Kurve gefeiert, die Mannschaft nochmals aus der Kabine getrieben um den Jungs zu verdeutlichen, dass sie den ersten Derbysieg seit 1986!!! errungen haben.
Überglücklich machten wir uns dann gemeinsam mit den Derbysiegern der Brigate wieder auf den Weg zurück, Richtung Sede, in der der Abend dann noch mit Pizza, Birra, Vino und ein par Spinellos gefeiert wurde.
In der selben Nacht machten sich dann wieder 9 der 10 FC Bayern Ultras auf den Heimweg nach München. Auf der gut achtstündigen Rückfahrt war dann genug Zeit, um all die krassen Eindrücke des Tages zu verarbeiten. Als Fazit dieser Tour lässt sich festhalten, dass viel zu lange keine Schickeria-Fahne mehr über der der Brigate hing und dass Citano wohl eine von wenigen verbliebenen wahren Ultra-Kurven des Landes ist. Die Gastfreundschaft, die Ereignisse des Tages und der Auftritt der Heimkurve ist nämlich schwer in Worte zu fassen und vermittelte wieder mal einen Eindruck, wie es vor 20-30 Jahren in Italien wohl in jedem zweiten Nest zugegangen sein muss.