Nach zwei Minuten dürften selbst die größten Zweifler beruhigt gewesen sein, ein Mann mehr auf dem Feld und Elfmeter sind nicht allerschlechteste Ausgangspositionen für einen eingängigen Europapokalabend. Was dann die folgenden 88 (für jeden Witz über die Zahl will ich ein Bier) Minuten folgte, hätten wir als Kulturbanausen gut für eine Reinszenierung von Yasmina Rezas Theaterstück „Der Gott des Gemetzels“ halten können, so derbe wurden die Gäste aus der Ukraine abgefertigt. Die sparten ihrerseits nicht an Nicklichkeiten und Tritten, was man normalerweise einmal nachsehen könnte, wenn sie denn eben folgenlos für die Getretenen geblieben wären. So nervt es schon grob, wenn nach einem derart deutlich verlaufenem Spiel mit Franck Ribery einer der Publikumslieblinge auf der Versehrtenliste steht. Erfreulich hingegen, dass sich mit Holger Badstuber ein anderer Sympathieträger einmal beim Torjubel versuchen durfte, war ja nach eigener Aussage eher Neuland für ihn.
Wir auf den Trübnen sind da schon etwas erfahrener und bei einem Spiel mit sieben Toren bleibt natürlich kein Auge trocken. Dem einen hat die Stimmung mehr zugesagt, dem anderen weniger. Positiv in Erinnerung bleibt auf jeden Fall das Einklatschen mit allen drei Rängen und die Fortsetzung der „Respect Fans“-Kampagne. Hier wurde wieder mit orangenen Fahnen Flagge gezeigt und zur 5. Minute ein Spruchband mit „No To Matches Behind Closed Doors“ präsentiert. Hoffen wir, dass die Kampagne Wirkung zeigt und allen Fans in Europa solche Geisterspiele wie im September in Moskau erspart bleiben. Eine andere Sache, von der wir wie es aussieht nochmal verschont werden – wenn wohl auch nur für ein Jahr – ist ein Gastspiel bei RB Leipzig. Die Zweitligisten, die sich heute schon mit dem Marketingprodukt auseinandersetzen müssen, gehen auf verschiedenste Art und Weise damit um. Seitens des Brausefabrikanten kommt man mit der Ablehnung, die man quer durch die Republik erfährt, aber überhaupt nicht zurecht. Aufmerksame Zeitungsleser werden gemerkt haben, dass sich in den letzten Wochen aber positive Berichte über das sächsische Konstrukt gehäuft haben. Ein Schelm, wer da keine Medienkampagne von Matteschitzs Gesellen dahinter vermutet. Da durfte dann auch Ralf Rangnick nochmal ins gleiche Horn blasen und Haftstrafen für Leute fordern, die mal am Hotel der Möchtegern-Stars von RB auftauchen, um ihre Meinung kund zu tun. RFM hatte für den lieben Ralf deshalb einen Kommentar auf Tapete gemalt: „Rangnick, Du Bettnässer – Wer Wind sät, wird Sturm ernten – Scheiß RB“.
Gästefans waren nur sehr wenige angereist, nur zu verständlich, wenn man überlegt, was in der Heimatstadt des Gastvereins momentan vor sich geht. In diesem Zusammenhang kann dann aber zumindest nochmal auf die Spendenaktion des ClubNr. 12 hingewiesen werden, der übrigens ukrainisches Geld von Lemberg-Auswärtsfahrern gesammelt hat und der Winterhilfe der Caritas für die Vertrieben in der Ukraine übergeben wird. Wir hoffen, das Geld kann die Not etwas mildern.