Die Europapokalperle dieser Saison dürften wir mit dem Spiel in Piräus wohl schon hinter uns haben, mit Dinamo Zagreb haben wir aber noch ein zweites Los in unserer Gruppe, bei dem die Auswärtsfahrerherzen etwas höher geschlagen haben.
Leider wird uns in Zagreb kein tobendes, lautes Stadion erwarten, sondern der FC Bayern wird allein Zugpferd sein, um überhaupt mal wieder Publikum ins Maksimir zu locken. Der absolute Großteil der aktiven Fans rund um die Bad Blue Boys (BBB) bleibt momentan den Heimspielen fern und steht auf Kriegsfuß mit dem Vereinspräsidenten Zdravko Mamic. Mamic selbst hat ja auch bei uns jetzt einiges an Presseaufmerksamkeit erfahren und in der „Artikel, Presse, Hintergründe“-Rubrik findet Ihr auch einen Link zu einer interessanten Reportage des 11Freunde-Magazins. Alle seine Verfehlungen aufzuzählen würde den Rahmen des Spielberichts sprengen. Neben der allseits berichteten Bereicherung an Spielertransfers und damit einhergehender Steuerhinterziehung enthält Mamic den Dinamo-Mitgliedern auch ihre Wahl- und Mitspracherechte vor und regiert den Verein in Alleinherrschaft. Da Dinamo eine durchaus rentable Einnahmequelle für ihn und seine Kumpanen darstellt, hat er auch nicht vor, dies zu ändern. Kritische Stimmen und eine Opposition aus den Reihen der Fans kommen da ungelegen. Bei Auswärtsspielen achtet Mamic darauf, dass keine Karten an die Bad Blue Boys und ihre Unterstützer gehen oder er lässt vorsichtshalber gleich das ganze Kontingent zurückgehen ohne überhaupt eine Karte zu verkaufen. Er schreckt auch nicht davor zurück, seine Schergen auf die führenden Köpfe der BBB zu hetzen. So entkamen BBB-Mitglieder nur knapp dem Tod, als letztes Jahr mit Schusswaffen auf sie gefeuert wurde. Auch wenn der Fall bisher nicht aufgeklärt wurde, deutet alles auf eine Verstrickung Mamics in das Attentat hin. Geduldet wird das Ganze weitgehend, da der Dinamo-Präsident gewaltigen Einfluss beim kroatischen Fußballverband und beste (Geschäfts-)Verbindungen in die Politik hat. Hochrangige Beamte und Politiker stehen ebenso unter seinem Einfluss wie das kroatische Fußballidol Davor Suker, der momentan das Nationalteam betreut.
Für uns Grund genug gleich zu Beginn als Gruppen aus der Südkurve ein gemeinsames Statement gegen diesen Fußballoligarchen abzugeben. Gemeinsam mit der aMr, RFM, dem Inferno und MRP zeigten wir ein Spruchband, wobei jede Gruppe einen Teil in ihrem individuellen Stil gestaltete. „Korruption, Betrug, Mordaufträge: Der Dinamo-Präsident ist ein Verbrecher! Mamic, verpiss Dich!“ Und damit die Botschaft auch wirklich ankommt, hing auf kroatisch nochmal ein „Jeder weiß es, Mamic ist ein Verbrecher. Verpiss Dich!“ vorne am Zaun.
Der korrupte Vereinspräsident bot auch zu einem späteren Zeitpunkt die Überleitung zu einer weiteren gemeinsamen Spruchbandaktion der fünf Gruppen, die sich auf eine letztens von Michel Platini hinter scheinbar verschlossener Tür getätigte Aussage bezog. Der UEFA-Boss sieht die Probleme des Fußballs nämlich an ganz anderer Stelle als wir Fans. Die Stehplätze würde er wohl gerne europaweit abschaffen, nur in der Öffentlichkeit sagen traut er sich das wohl noch nicht. Vielleicht will er erstmal aber auch nur abwarten, bis andere für ihn brenzligere Baustellen abgeschlossen sind, er ist ja jetzt auch etwas in die Schlagzeilen gerutscht. „Mamic und Blatter: Funktionäre in bester Gesellschaft. Aber das größte Problem des Fußballs sind die Stehplätze“ Dazu gab es in den Nebenblöcken noch jeweils zwei Dinge, die uns am Fußball ge- bzw. missfallen. Likes gibt es „Respekt für Fans“ und „Stehplätze auch international“, gar nicht nach unserem Geschmack sind hingegen „korrupte Funktionäre“ und „Zuschauerausschlüsse als Kollektivstrafen“.
Das aus der letzten Saison bekannte „No to matches behind closed doors“ durfte an diesem Spieltag folglich auch heute nicht fehlen. Irgendwie könnte man im Nachhinein meinen, wir hätten uns einen Aktionstag gegen die Fußballfunktionäre vorgenommen, aber jedes einzelne Spruchband war einfach nur eine Reaktion auf Ereignisse und Meldungen der letzten Zeit. MRP brachte es alles noch einmal kurz und knapp auf den Punkt: „FIFA, UEFA, DFB, BFV – Der Fisch stinkt vom Kopf!“
Wenn die Spruchbanderklärungen in einem Spielbericht schon so viel Platz schlucken, dann ist es gut, dass Bayernspiele momentan meist nach dem gleichen Muster ablaufen. Der Gegner verteidigt bis zu einem gewissen Zeitpunkt, das 1:0 öffnet dann die Schleusen und dann packen wir noch ein Quantum Tore obendrauf. Heute hat’s bis zum Schleusenbruch nicht lange gedauert und kurz war sogar die Hoffnung da, dass die Mannschaft durchzieht und wir einen historischen zweistelligen Europapokalsieg zu Gesicht bekommen. Dem war dann zwar nicht so, die Leistung natürlich trotzdem sehr gut.
Von der Kurve muss man heute wenn schon nicht das Gegenteil, dann zumindest anderes behaupten. Von einer Südkurve, die leer war wie selten zuvor seit dem Umzug, kamen die Lieder heute nur selten mit Zug. Da war – auch und gerade in den unteren Reihen – mehr Gemurmle und fadenscheiniges Lippenbewegen als wirkliches Singen. Ein paar vernünftige Phasen gab es schon auch, aber insgesamt präsentierte sich die Kurve, wie in so vielen Heimspielen im Europapokal eher unter dem eigentlichen Niveau. Manchmal hat man fast das Gefühl, viele vergessen, dass dieser Wettbewerb auch bei Heimspielen schon vor dem Halbfinale beginnt.
Ein Dankeschön geht an die Freunde vom FCC, die die Kurve heute zumindest noch etwas voller gemacht haben.
Bevor wir zum Ende kommen, wollen wir ein letztes Spruchband nicht vergessen, das bisher noch keine Erwähnung fand. Es richtete sich an einen langjährigen Südkurvengänger, der von einem Schlaganfall ereilt wurde und dem wir nur das Beste für eine schnelle Genesung wünschen: „Kämpfen Horst!“
Bilder gibt es in Kürze auf der Südkurvenseite ( suedkurve-muenchen.org ) zu sehen.