Nachdem das Vorjahr den empirischen Beweis erbracht hatte, dass wir doch nicht jedes Jahr zum Pokalfinale fahren, war es im Mai 2016 wieder soweit. Berlin calling. Der Sonderzug des ClubNr.12 rollte wieder zuverlässig und war diesmal auch unser bevorzugtes Anreisemittel.
Vom Treffpunkt Alexanderplatz kann man halten, was man will, er ist ja Gott sei Dank nur ein Treffpunkt, so dass jeder die Zeit vorher an Orten verbringen kann, die dem eigenen Plaisir zuträglicher sind. Ein paar Unternehmungen für den persönlichen Seelenfrieden hätten denn vor der U-Bahnfahrt zum Olympiastadion sicher nicht geschadet, denn die war wie immer harter, vor allem aber glühend-heißer Tobak. Saunagang für diesen Monat abgehakt.
Danach folgte aber kein Sprung ins Entmüdungsbecken, sondern am und im Stadion durfte direkt angepackt werden. Nachdem der DFB für die Akkreditierung der Choreohelfer höhere Auflagen forderte als wir tolerieren wollten, war klar, dass der Choreoaufbau erst nach Stadionöffnung erfolgen konnte. Ein Danke geht deshalb an die zahlreichen Helfer, die dafür sorgten, dass die Zettel doch halbwegs fix verteilt waren und die Blockfahne an Ort und Stelle lag.
Bevor es dann wirklich losging, mussten wir noch die Eröffnungszeremonie über uns ergehen lassen. Wieso das seit ein paar Jahren bei Finalspielen unbedingt sein muss, verstehe wer will. Bei Olympischen Spielen, bei denen ja wirklich (negativ natürlich genauso wie positiv) noch etwas mehr dahintersteht als ein Wettbewerb hochbezahlter Profisportler und auch die Athleten selbst etwas von der Zeremonie haben, kann so eine Eröffnungsshow ja durchaus den festlichen Rahmen für ein großes Sportereignis bilden, bei DFB- und Europapokalfinals wirkt es dagegen eher lächerlich. Gerade weil wohl die grobe Mehrheit der Stadionbesucher mit der Art der Inszenierung eher wenig anfangen kann. Da sollen sie dann noch lieber die Kinderturngruppen von irgendwelchen Berliner Vereinen was aufführen lassen. Dann ist wenigstens noch was für den Kinder- und Breitensport getan.
Nachdem sich die Frauen in den seltsamen Kleidern wieder geschlichen hatten, waren dann die seltsamen Typen in der Kurve dran, die Spieler auf dem Feld willkommen zu heißen. Die Dortmunder setzten dabei auf ein gelbes Fahnenmeer, während wir die Ostkurve in ein simples rot-weißes Streifenmuster hüllten, dessen Mittelteil dann durch eine Blockfahne mit Stadt- und Vereinswappen ersetzt wurde. Passend dazu hing im Oberrang der kurze, prägnante Spruch „Mit Stolz für Stadt und Verein“.
Auf dem Rasen formierten sich die Akteure und hatten von ihren Trainern wohl die Devise mitbekommen, erstmal keine größeren Risiken einzugehen und so war die erste Halbzeit geprägt von langen Ballstaffetten unserer Mannschaft ohne aber wirklich Torgefahr erzwingen zu können. Die Dortmunder lauerten derweil auf Konter, bekamen aber nicht viele Gelegenheiten.
Bis zu diesem Zeitpunkt war die Partie also noch nicht so der Hammer, auf den Tribünen wurde aber schon gut Gas gegeben. Auf unserer Seite passte die Mitmachquote von Anfang an recht gut, auch wenn die Stimmung in der ersten Hälfte deshalb noch lange nichts herausragendes war. Gut zweifelsohne, aber das gewisse Quäntchen hätten wir da schon noch draufpacken können. Das wurde in der zweiten Halbzeit dann auch gemacht. Gab es erst noch ein paar Blicke auf das Pyro-Intro der Borussen, legte die Südkurve anschließend Dampf in die Gesänge. Gerade das „Peru“-Lied oder „Ich geb‘ mein Herz für Dich“ waren stellenweise der absolute Wahnsinn. Die hatten diese Kick-Momente, bei denen man dann Bayernfans bis weit in die beiden Geraden hinein am Abdrehen sah. Geile Momente. Dabei hatte natürlich auch die Gegenseite ihre lauten Phasen und gerade, wenn alle BVB-Fans in die Gesänge einstiegen und damit ihre quantitative Überlegenheit im Stadion ausspielten, war das kurz auch schon mal recht beeindruckend. Erlebt man in Deutschland ja auch nicht allzu oft.
Derweil öffneten auch die Akteure auf dem Feld ihr Visier und die Partie kam langsam in Fahrt. Chancen auf beiden Seiten mit einem Übergewicht für uns bildeten aber auch nach 90 Minuten nicht die Grundlage für den entscheidenden Treffer in dieser wirklich spannenden Begegnung. Verlängerung war also angesagt und auch wenn auf beiden Seiten mal der Atem stockte oder eben der Torschrei auf den Lippen lag, blieb es auch nach zwei Stunden Fußballsport torlos.
Das letzte Elfmeterschießen gegen die Schwarz-Gelben war ja mehr als böse geendet, da hatte jeder sofort wieder ein Worst-Case-Szenario im Visier. Dass das nicht eintrat, weiß mittlerweile natürlich jeder. Vier Bayernspieler trafen, nur drei Dortmunder. Der DFB-Pokal wandert wieder nach München. Alles in Butter. Feiern, trinken und sich in den frühen Morgenstunden vom Sonderzug in den Schlaf wiegen lassen.
Ein Dankeschön geht noch raus an die anwesenden Freunde aus Bochum, Jena, Hamburg und San Benedetto. Nicht vergessen wollen wir außerdem auch diesmal unsere Stadionverbotler, die auch dieses Finale in der Kneipe verfolgen mussten und denen wir mit dem großen „Ausgesperrte immer bei uns“ einen kleinen Gruß an den Tresen schickten.
Der Pokal ist wieder da, wo er hingehört…