ITALIEN
Am Sonntag veranstalteten einige Ultras aus Cosenza das 1. Torneo Folle Della Controcultura Ultrà. Im Rahmen dieses Fanszene-Turniers rollte nicht nur der Ball sondern es wurde auch fleißig über die generelle Situation der italienischen Ultras debattiert. Unter dem Grundsatz „Gegen den modernen Fußball“ stand der Tag also im Zeichen von Zusammenhalt, Integration und Solidarität.
Damit soll vorallem für die nachkommende Generation ein neuer Ansatz gefunden werden, um sich gegen die repressiven Maßnahmen wie Tessera, DASPI, Meldeauflagen, Auswärtsfahrtverboten oder Sonderüberwachungen (wie vor kurzem z.B. in Genoa) zur Wehr zu setzen.
Auch die Verlegung von Anstoßzeiten bei „potenziell“ brisanten Derbies hat sich inzwischen zu einer beliebten Methode der Staatsmacht entwickelt, um Zuschauer vom Spiel fern zu halten. So wurden in letzter Zeit die Anstoßzeit bei Begegnungen wie zwischen Cosenza und Catanzaro (Derby della Calabria) oder Reggiana und Parma (Derby dell’Enza) auf die Mittagszeit unter der Woche angesetzt, wodurch es wohl nur den wenigsten Anhängern möglich sein wird ihre Mannschaft vor Ort zu unterstützen.
Was bleibt ist die Hoffnung, dass durch Veranstaltungen wie eben in Cosenza oder ähnliche Ansätze ein Weg gefunden wird, die lange Geschichte der italienischen Ultrakultur nicht doch irgendwann zu Grabe tragen zu müssen.
Einen etwas anderen Weg sich dem Kampf gegen die Repression zu stellen ging man da zuletzt z.B. beim Derbygegner Catanzaro. So machte sich trotz Gästeverbot beim Auswärtsspiel in Messina ein Bus auf den Weg Richtung Sizilien, in der Hoffnung das Spiel evtl. doch noch im Stadion miterleben zu können. Und obwohl am Ende die Schmier einen Teil der angereisten Ultras daran hindern konnte, schafften es immerhin ein paar wenige ins Stadion.
Hier noch ein kurzer Eindruck vom Tifo der Curva Sud Catania:
Und auch wenn das Auflehnen gegen Verbote und Strafen häufig eine der wenigen Möglichkeiten darstellt den Unmut gegen die vorherrschenden Verhältnisse zu äußern, so ist die uneingeschrenkte Solidarität untereinander mindestens genausso wichtig. Diese kann dann auch einfach nur durch ein Spruchband zum Ausdruck gebracht werden, wie am Wochenende geschehen in Ancona, wo die Heimkurve beim Spiel gegen Lumezzane Grüße an einen inhaftierten Ultra richtete. Dort sitzt bereits seit einem Jahr Alessio, seines Zeichens Capo der Curva Nord Ancona, seine 4-jährige Haftstrafe ab.
Dazu wurde er verurteilt, weil er wiederholt gegen Meldeauflagen verstoßen hatte, die ihm im Zusammenhang mit DASPI aufgebrummt wurden. Man muss sich das einfach mal vorstellen: Alleine der Verstoß gegen Auflagen von Stadionverboten – deren Begründung ohnehin nicht zweifelsfrei sind – reicht aus, um jemanden für vier Jahre hinter Gitter zu bringen. Die Möglichkeit zu einer Bewährungsstrafe wäre für den nachweislich sozial sehr engagierten Alessio durchaus möglich gewesen, wurde aber auch im Berufungsverfahren abgelehnt.
Das soziales Engagement ein wesentlicher Bestandteil der Ultràkultur darstellt, zeigte sich auch im nur wenige Kilometer entfernten Macerata, wo an diesem Tag Parma Calcio zu Gast war. Der Anhang aus Emilia-Romagna hatte für die von Erdbeben geplagte Region einige gesammelte Sachspenden im Gepäck, die dankbar entgegengenommen wurden.
LIBERTÀ PER GLI ULTRAS!