Wenn schon Madrid, dann wenigstens Atlético dürften sich die meisten Bayernfans gedacht haben. Zwar sind die Rojiblancos sportlich ein mindestens ebenso unangenehmer Gegner wie die Königlichen, aber das Santiago Bernabéu kennen wir zu Genüge, während die Chancen, ein Spiel im Vicente Calderón zu sehen, langsam aber sicher schwinden.
Und welchen besseren Rahmen gibt es für einen Spielbesuch, als ein Halbfinale im Europapokal. Um 18 Uhr setzte sich die Karawane der Bayernfans in Bewegung und schlängelte sich erstmal durch enge Gassen in Richtung des Rio Manzanares, an dessen Ufer die Spielstätte der Madrilenen liegt.
Über 1500 Bayernfans waren dem Aufruf zum Teatro Real gefolgt und das erste „Wir holen den Landesmeistercup“ schepperte so dermaßen laut durch die Gassen, dass sich bei den meisten mal direkt die Nackenhaare aufgestellt haben dürften. Gänsehautmoment. Spätestens jetzt war klar, um was es heute wieder geht. Noch zwei Spiele bis zum Finale, jetzt zählt’s wirklich.
Die spanischen Bullen blieben den Marsch über verhältnismäßig relaxt, zumindest für ihre Verhältnisse. Dass die mit größeren Massen an Auswärtsfans nicht klar kommen, wusste jeder vorher und dass der einzelne Bulle im Zweifelsfall noch etwas weniger im Hirn hat als sein deutsches Pendant, ist nun auch kein Geheimnis. Gemessen daran war‘s ein entspannter Marsch, der gegen Ende dann aber nervig wurde, da die Einlasssituation am Stadion eher suboptimal geregelt war.
Mehr noch als die pure Wartezeit ging der Kontrollwahn auf den Zeiger, der es diesmal absolut unmöglich machte, ein Megaphon und eine Trommel mit ins Stadion zu nehmen. Ohne Dach in einem eher länglichen Gästeblock standen wir somit etwas verloren auf weiter Flur. Man sah zwar, dass viele Leute anfeuerten, wirklich hören konnte man aber auch nichts. Ansonsten gab es im Gästeblock ein paar Fähnchen und von MRP das obligatorische „No to matches behind closed doors“-Spruchband.
Wenn man ehrlich ist, hätten heute Trommel und Megaphon aber auch keinen großen Unterschied gemacht. Gegen den Rest des Stadion wäre auch mit Pauken und Trompeten kein Ankommen gewesen. Das war Europapokalstimmung. Sicher wird hier bei vielen Ligaspielen tote Hose herrschen, aber was alle vier Tribünen auf Heimseite heute abgeliefert haben, war schon krass und dürfte fast jeden überrascht haben.
Dabei kam ihnen natürlich der frühe Führungstreffer entgegen, bei dem sich quasi unsere komplette Hintermannschaft düpieren ließ. Ein optimaler Start sieht anders aus. Wie die restlichen 80 Minuten verliefen, weiß ein jeder. Dass unsere Aufstellung Gesprächsstoff bot, ebenso.
Am Ende stand dann ein Tor Rückstand gegen einen starken Gegner. Ein kleiner Nachteil für das Rückspiel, aber sicher keiner, den man nicht wettmachen kann.
Wir sparen uns einen Appell zum Abschluss. Wenn der Spielbericht in Druck geht, ist das Rückspiel über die Bühne. Dann wissen wir, wer am 28.05. im San Siro aufläuft.
Vielen Dank auch an unsere Freunde, die uns wie die ganze Europapokal-Saison über auch in Madrid wieder begleitet und an unserer Seite gestanden haben!