Seit Kurzem fordern der DFB bzw. Fußballvereine von Stadionverboten Betroffene auf, vorgefertigte „Einverständniserklärungen“ zur Datenweitergabe zu unterschreiben. Dies sei zur Überprüfung von Stadionverboten „erforderlich“, heißt es meist in den Anschreiben der Vereine. Die Einverständniserklärungen sollen Spielbetriebsveranstaltern („Vereinen“), Fanprojekten und den Polizeibehörden erlauben, Daten und Informationen über die Person an den Verein weiterzuleiten. Dies sei „im Interesse“ des Betroffenen.
Die AG Fananwälte gibt zu diesem Vorgehen folgende Stellungnahme und Empfehlung an die Betroffenen ab:
Die AG Fananwälte nimmt mit Interesse zur Kenntnis, dass der DFB offenbar erkannt hat, dass im Zusammenhang mit der Verhängung von Stadionverboten und deren Aufrechterhaltung erhebliche datenschutzrechtliche Probleme bestehen. Dies hat die Arbeitsgemeinschaft wiederholt betont. Stadionverbote beruhen meist auf einer polizeilichen Weitergabe von Daten und Verdächtigungen über eine Person. Dieses Vorgehen der Polizeibehörden ist datenschutz- und verfassungsrechtlich bedenklich.
Auf die rechtliche Kritik der Fananwälte wird nun reagiert, indem nach Verhängung eines Stadionverbots von den Betroffenen eine Erlaubnis zur Weitergabe von Daten und Informationen eingeholt werden soll. Dies zeigt, dass offenbar auch nach Auffassung des DFB weder Polizeibehörde, Fanprojekte noch Vereine ohne weiteres personenbezogene Daten austauschen dürfen. Dies trifft zu. Nach Auffassung der Fananwälte gilt dies jedoch nicht erst für die Frage der Aufhebung, Verkürzung oder Aussetzung von Stadionverboten, sondern bereits für die Einleitung von Stadionverbotsverfahren. An verschiedenen Gerichten sind derzeit Verfahren anhängig, in denen die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Verfahrensweise geltend gemacht wird.Die AG Fananwälte empfiehlt Betroffenen, das geforderte Einverständnis ohne vorherige anwaltliche Beratung nicht zu unterzeichen. Eine weiterreichende, nicht zu überschauende Weitergabe von Daten und Informationen wäre die Folge. Es kann nicht im Interesse des Betroffenen liegen, dass seine personenbezogenen Daten zwischen den privaten Unternehmen und/oder der Polizei frei ausgetauscht werden können. Zumal der Betroffene keine Kenntnis hat, welche Daten und Erkenntnisse dies sind.
Jedermann besitzt ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Nur er darf grundsätzlich entscheiden, wer personenbezogene Daten über ihn vorhält, verarbeitet, oder weiterreicht. Dies gilt in besonderem Maße für Daten und Informationen, die der Staat im Wege hoheitlicher Maßnahmen (Personenkontrollen, Auswertung von Überwachungsvideos, Einschätzungen von szenekundigen Beamten (SKB)) gewonnen hat oder haben will.Anstatt die rechtswidrige Praxis der Datenweitergabe einzustellen, versucht der DFB nunmehr, die Fans (bzw. „Kunden“) zu einer Zustimmung zum Datenaustausch zu bewegen. Dies geschieht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, wenn behauptet wird, die Einverständniserklärung sei „erforderlich“. Denn Informationen über Verfahrenseinstellungen muss die Polizei nach polizeirechtlichen Vorgaben den „Vereinen“ bereits von Amts wegen mitteilen, sofern sie diese zuvor über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens informiert hatte.
Ein von einem Stadionverbot Betroffener kann eine Stellungnahme des Fanprojekts selbständig erbitten und ggf. vorlegen. Gleiches gilt, sofern Fanbeauftragte oder sonstige Verantwortliche eines Spielbetriebsveranstalters im Einzelfall dem Betroffenen helfen können und wollen. Hierzu ist keine Einverständniserklärung gegenüber Dritten erforderlich.
Die AG Fananwälte sieht bei einer Unterzeichnung der vorgefertigten Erklärung erhebliche Gefahren für die Betroffenen, die einer umfassenden Abwägung bedürfen. Soweit im Einzelfall die Abgabe von Erklärungen in Betracht kommen sollte, erfordert dies zuvor eine sorgfältige juristische Prüfung einschließlich einer individuellen Ausformulierung des Wortlauts einer solchen Erklärung.