Paul Kuhn wünschte sich in den 1960er Jahren, seine Liebste würde mit ihm nach Pilsen fahren. Wir waren im Vorhinein ob der Fahrt unseres liebsten FC Bayern ins schöne Böhmen allerdings nicht unbedingt entzückt. Zum einen ist Plzen für den Fußballinteressierten jetzt in keinerlei Hinsicht ein Kracherlos, zum anderen stellte man sich auf Kartenterror vom feinsten ein. Selbst der positive Aspekt der günstigen Anreise verflüchtigte sich, als man von den skandalösen 80 Euro Eintrittspreis erfuhr.
Nach Intervention durch den Vorstand unserer AG konnte der Preis noch auf 50 Euro gedrückt werden. Immer noch absolut krank für Tschechien – aber auch ganz allgemein. Es handelte sich schließlich um ein simples, relatives bedeutungsloses Vorrundenspiel. Wer am Kartenschalter die Preistafel für die Ligaspiele gesehen hat, dürfte nur traurig mit dem Kopf geschüttelt haben. Für unser Spiel rief man in Euro mehr oder weniger den gleichen Betrag auf, der sonst in Kronen zu entrichten war.
Nach einiger Diskussion und der Meldung, dass der Preis um 30 Euro gesenkt werde, entschieden wir uns intern dennoch dafür, bei diesem Spiel ganz normal aufzutreten.
Bei der Anreise ging es ungewohnt individuell zu, aufgrund der kurzen Distanz nutzten viele die Gelegenheit, das Urlaubskonto zu schonen und beehrten ihren Arbeitgeber mit für Europapokalspieltage ungewohnter Anwesenheit. Wer ein paar Stunden mehr entbehren konnte, ließ es sich in gewohnter Manier bei böhmischer Koch- und Braukunst gut gehen. Der Weg zum Stadion erfolgte diesmal in engem Bullenspalier, nachdem es auf den Abend in der Stadt kurz unruhig geworden war.
Das neue Stadion steht noch an alter Stätte und ist somit weiterhin innerhalb weniger Minuten zu Fuß zu erreichen. Da aufgrund der schwierigen Kartensituation heute alle Karten lediglich gegen Vorlage des Personalausweises ausgegeben wurden, war am Gästeblock erst Mal anstellen angesagt. Auch wenn die Maßnahme vor allem dazu dienen sollte, den Schwarzmarkt und damit verbundene Wucherpreise einzudämmen, wäre es natürlich wesentlich besser, wenn der Verein gegenüber seinen Fans mehr Vertrauen zeigen würde und die normalen Tagestickets direkt an die entsprechenden Fanclubs bzw. Einzelpersonen versenden würde. Daten werden in Zeiten des NSA-Skandals ja schon mehr als genug gesammelt. Dank des vernünftigen Verteilungsschlüssels konnte heute aber zumindest so gut wie jeder, der sich in den letzten Jahren um die Kurve verdient gemacht hatte, das Spiel im Stadioninnern verfolgen. Hier wurde seitens der AG-Verantwortlichen sicher eine Lösung gefunden, die auf sehr breite Zustimmung bei der Fanszene traf. Wir freuen uns besonders, dass wir zusätzlich auch noch Gäste von Ultrà Sankt Pauli und der Horda Azzuro begrüßen durften. Bevor hier jetzt kritische Stimmen laut werden, wegen unseren Gästen musste kein Bayernfan draußen bleiben. Alle haben es über Umwege zu uns in den Gästeblock geschafft. Danke für Eure Anwesenheit, auch wenn es vorher unwahrscheinlich war, dass es überhaupt jemand ins Stadion schafft.
Fußballerisch bekamen wir und unsere Gäste wie die Spiele zuvor nicht gerade eine Glanzleistung unserer 11 Mannen geboten. Gegen die kämpferischen Plzener musste es schließlich Mario Mandzukic richten, der heute wieder nur als Joker zum Zug kam. Aus dieser Rolle macht er aber das Beste und erzielte kurz nach seiner Einwechslung den einzigen Treffer des Tages. Das Achtelfinalticket ist somit bereits nach dem vierten Spieltag gelöst.
Tifotechnisch war’s nicht schlecht, was die Südkurve ablieferte. Man merkte halt, dass die Fanszene in Sachen Supportstil und –interesse ein sehr heterogener Haufen ist. Wie zu erwarten, war es also kein Hammerauftritt, sondern eben solide Europapokalkost mit einer netten Gesangseinlage in der Halbzeitpause. Es war allemal cool, mal wieder mit unseren Stadionverbotlern im Stadion stehen zu können.
Nach kurzer Blocksperre ging es ab nach Hause, wo man es – ebenfalls eher untypisch für den Europapokal – ohne Probleme pünktlichst auf die Arbeit schaffte.
Bilder vom Auswärtsspiel in Pilsen findet Ihr hier.