SKB RB 20.12.2024

Vorwort
FC Bayern München – Heidenheim
Schachtar Donezk – FC Bayern München
1. FSV Mainz 05 – FC Bayern München
Ultras Empoli
Mouhamed Dramé
Was hier und da passiert

Vorwort

Servus Bayernfans,

das letzte Spiel im Kalenderjahr steht an und nach unserem Ausrutscher letzte Woche auswärts wären drei Punkte wichtig. Natürlich kein Beinbruch, dennoch, heute ein Sieg und unterm Weihnachtsbaum lässt es sich entspannter feiern.

Anstrengende Wochen liegen hinter uns, der Spielplan war prall gefüllt und so geht es im neuen Jahr weiter. Während früher zumindest bis Mitte Februar auf der internationalen Bühne Ruhe war, geht es Mitte Januar mit den letzten zwei Gruppenspielen weiter. Sollten wir am Ende tatsächlich in die Playoff Runde müssen, ist auch der Februar mit englischen Wochen vollgepackt. Also ist die kleine Pause zwischen den Jahren für alle Beteiligten, ob Spieler oder Fans mal nötig.

Aber zu voll scheint der Spielkalender noch nicht zu sein, immerhin hat die FIFA noch Platz für ein neues Turnier gefunden, das im kommenden Sommer in den USA stattfinden wird. Und wie die Vergabe der WM 2034 nach Saudi-Arabien mit Sicherheit alles zum Wohle des Fußballs und nicht um sich die Taschen vollzumachen. Jaja, Gianni und seine Gang… Was für ein sinnloser, korrupter Haufen. Aber anderes Thema, kommen wir wieder zu uns.

Aus Kurvensicht waren die zurückliegenden Wochen ereignisreich und voller Highlights: Paris, Dortmund und Leverkusen – sportlich wichtige Spiele, bei denen die Kurve und teilweise das Stadion sehr überzeugten. Untermalt von zahlreichen Fackeln trieb die Südkurve die Mannschaft in Dortmund nach vorne und wurde mit einem emotionalen Torjubel belohnt. Belohnung gab es gegen Leverkusen leider keine, das Reiseziel Olympiastadion Berlin wurde von der Liste gestrichen, dennoch war es ein denkwürdiger Abend. Das hat richtig, richtig viel Spaß gemacht und gezeigt, was bei uns möglich ist.

Ein weiteres Highlight war der Heimspiel-Tag gegen Heidenheim. Vom Südkurve Weihnachtsmarkt bis zum Einsingen der neuen Stadionhymne. Das war schon sehr cool und etwas, das in Erinnerung bleiben wird. Im Zusammenhang mit der Hymne wollen wir die Gelegenheit nutzen und uns bei allen Bayernfans bedanken, die sich an dem Projekt beteiligt haben. Ob jetzt mit der Anwesenheit beim Singen oder durch eine Spende für die Finanzierung – ein großes Dankeschön an euch! Gemeinsam realisieren wir gerade ein einmaliges Projekt, auf das wir in vielen Jahren noch stolz blicken werden.

Ob vom Auswärtsspiel gegen Donezk viel in Erinnerung bleiben wird? Aufgrund der Umstände vermutlich schon: Erfolgreicher Protest gegen die Eintrittspreise, der gezeigt hat, was wir zusammen erreichen können. Ansonsten war es vom Gefühl eher 1. Runde Pokal und der Dorfverein weicht in ein großes Stadion aus. Mit Europapokal hatte das wenig zu tun. Gute Stimmung, 3 Punkte – unterm Strich wurde das Beste aus den sinnlosen Rahmenbedingungen gemacht.

In Mainz letzte Woche war dann auch auf den Rängen ein wenig die Luft raus, was natürlich nicht unser Anspruch sein kann. Gerade wenn wir merken, dass es auf dem Spielfeld nicht so läuft, sollten wir, die Kurve, die Fahnen hochhalten und unseren Verein würdig vertreten. Das hat nicht ganz so gut geklappt, das war insgesamt eher Mittelmaß. Wir haben heute zum Glück gleich die Möglichkeit, es besser zu machen und uns mit einem guten Auftritt gegen RB in die Pause zu verabschieden.

Vorwärts Südkurve – immer vorwärts FC Bayern!

FC Bayern München – Heidenheim 4:2

Weihnachtsmarkt, Spiel, Einsingen – das Programm für den Tag war prall gefüllt. Los ging es bereits um 10:30 Uhr mit dem erstmals stattfindenden Südkurve-Weihnachtsmarkt. Eine Idee, die bei den Organisatoren und Organisatorinnen bereits länger im Kopf rumschwirrte und die jetzt umgesetzt werden sollte. Und die Umsetzung kann wohl als mehr als gelungen bezeichnet werden. An verschiedenen Ständen wurden diverse Leckereien angeboten – Langos, Zwiebelfleisch, Crêpes, Mandeln und und und. Dazu verschiedene Heißgetränke, das leibliche Wohl kam an dem Tag definitiv nicht zu kurz. Darüber hinaus konnten Leinwände ersteigert werden, Christbaumkugeln waren zu erwerben oder es konnten ein paar Dosen umgeworfen werden. Ihr merkt, es war einiges geboten und nach einem etwas schleppenden Start war es ab circa 12:00 Uhr richtig voll und die meisten Stände konnten „Sold out“ vermelden. Sehr sehr coole Sache, die hoffentlich ab sofort fest in den Kalender der Südkurve aufgenommen wird. 

Mit guter Laune ging es ins Stadion und wenn wir ehrlich sind, war das Spiel für viele an dem Tag der unwichtigste Teil. Aber gut, letztlich doch der Grund, warum wir an dem Tag zusammengekommen sind. Nach zwei sehr guten Heimspielen gegen PSG und Leverkusen waren die Erwartungen nicht allzu groß. Heidenheim, das klingt weiterhin noch mehr nach Pokal als nach Bundesliga, auch wenn die bisherigen Aufeinandertreffen sportlich viel zu bieten hatten. An diesem Tag war auf dem Spielfeld wieder einiges los. Das Spielgeschehen war zwar sehr einseitig – ich weiß nicht, wie viel Prozent Ballbesitz wir hatten – zwei Gegentore haben wir uns irgendwie eingefangen. Es klingt bei vier Toren vielleicht komisch, aber ein bisschen mehr Konsequenz im Strafraum wäre schon wünschenswert. Aber gut, meckern auf hohem Niveau, sportlich läuft es in der Liga ja ordentlich.

Ordentlich war auch, was die Polizei Jena in der Vorwoche veranstaltet hat, aber ordentlich beschissen. Im Nachgang des Spiels unserer Freunde gegen Chemie kam es zu einem massiven Polizeieinsatz und einem Angriff der Bullen auf die Südkurve Jena. Wir richteten eine Frage, deren Antwort wir eigentlich selbst schon kennen: „Polizei Jena: Sind die Ultras zum Staatsfeind erklärt, ist wohl jedes Mittel recht. Wer setzt eurem Wahn eine Grenze?“. Ultras als Staatsfeinde, als gäbe es keine anderen Probleme…

Nachdem in den letzten Spielen vor allem mehr versucht wurde, die Gesänge einfach zu halten, sollte es mal wieder ein bisschen textlastiger werden. Ich finde es sehr richtig, dass wir bei Spielen, bei denen wir merken, das Stadion hat Bock, dann auch die Lieder singen, die bei vielen bekannt sind. Genauso muss es aber auch in Ordnung sein, wenn die Kurve mal mehr auf sich schaut und sich aus dem umfangreichen Liederrepertoire bedient, das dann für Bayernfans in anderen Teilen des Stadions unbekannter ist. Ab und an gelingt es dann auch, dass Lieder wie „Wie eine Droge“ einer breiten Masse bekannt werden und dementsprechend geil rüberkommen. 

An diesem Nachmittag war daher seit langer Zeit mal wieder der Traum von Amsterdam zu hören, es wurde besoffen aus der Boazn gefallen und zu „Who the fuck is Alice“ die Kurve geteilt. Der Spaßfaktor war hoch und ab und an tun uns Spiele, die ein bisschen losgelöster vom Spielgeschehen sind, auch ganz gut. Aber klar, kein Auftritt, der in Erinnerung bleiben wird. In Erinnerung bleibt auch der Gästeanhang nicht. Das soll jetzt nicht ignorant klingen, aber bei einem Gegner wie Heidenheim wird doch seltener unters Dach gelugt als gegen PSG. Daher kann ich gar nicht viel zu deren Auftritt schreiben, aber glaube das hat insgesamt schon gepasst.

Der letzte Programmpunkt wird uns vermutlich länger in Erinnerung bleiben als die Partie gegen Heidenheim: wie bereits seit einigen Wochen angekündigt, sollte die neue Stadionhymne nach dem Spiel von der Kurve eingesungen werden: Immer vorwärts FC Bayern! Ein Lied von uns Fans für uns Fans. Somit blieben mehrere tausend Bayernfans nach Schlusspfiff im Stadion und füllten die Südkurve ordentlich aus. Unter Regie von Hans Franek und mit Unterstützung von Jonas Kaufmann wurde ein Teil der Hymne eingesungen. Der Ablauf der Aufnahme war mit Sicherheit ungewohnt, aber für alle Beteiligten eine coole Erfahrung. Wir sind gespannt, wie die fertige Hymne klingen wird. Bis zum 27. Februar 2025 müssen wir uns da aber noch gedulden. Ein großes Dankeschön auf alle Fälle an alle Bayernfans, die an dem Tag „Überstunden“ gemacht haben und Teil der Hymne wurden.

Ebenso geht ein Dank nach Jena und San Benedetto für die Unterstützung beim Spiel. Grazie mille!

Schachtar Donezk – FC Bayern München 1:5

Statt einer abenteuerlichen Busfahrt in die Ukraine  ging es am 6. Spieltag der diesjährigen Europapokal-Saison leider nur nach Gelsenkirchen. Dabei wäre uns der Trip in die Stadt der 1000 Feuer (was für ein unfassbarer Euphemismus für dieses Drecksloch) aufgrund der völlig absurden Preispolitik der Ukrainer fast erspart geblieben. Die meisten werden es mitbekommen haben. Der saftige Topspielzuschlag im Vergleich zu den Partien gegen Bergamo und Bern bewog uns dazu, alle Bayern-Fans dazu aufzurufen, ihre Ticketbestellungen wieder zu stornieren und dem Spiel fernzubleiben. Der Aufruf verbreitete sich wie ein Lauffeuer und zugegebenermaßen etwas überraschend wurde die beeindruckende Zahl von 36.000 stornierten Bestellungen (von 55.000 Anfragen) vermeldet. Das führte dazu, dass die Verantwortlichen bei Donezk ihre Preispolitik noch einmal überdachten und zumindest für das offizielle Gästekontingent in Höhe von 5% den Preis halbierten. Der Rest der Sitzplätze blieb unverschämt teuer, aber dennoch hat sich wieder einmal gezeigt, was für einen Einfluss wir Fans haben können, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Daher an dieser Stelle nochmal der ausdrückliche Dank an alle Bayern-Fans, die sich beteiligt haben.

Somit stand die Dienstagabendbeschäftigung dann doch und mit einer ordentlichen Anzahl ging es in Richtung Ruhrpott. Aufgrund eines Verkehrsunfalls zog sich das letzte Stück dann noch einmal in die Länge, sodass zwischenzeitlich sogar der Anpfiff in Gefahr schien. Diese Sorge sollte sich letztendlich aber als unbegründet herausstellen und somit betraten wir kurz vor Beginn der Partie das bekannte Aquarium auf Schalke. In puncto Aufstellung sicher alles andere als optimal, den Umständen entsprechend war es aber in Ordnung. 

Sogar mehr als in Ordnung waren dann die folgenden 90 Minuten. Über 50.000 Fans, von denen es der absolute Großteil mit dem FC Bayern gehalten haben dürfte, wurden Zeuge, wie Donezk früh in Führung ging, was der guten Stimmung im Gästeblock aber keinen Abbruch tat.  Immer wieder beteiligten sich die angrenzenden Blöcke, sodass es teilweise Phasen gab, die man durchaus als brachial bezeichnen kann. „Wir sind Bayern, wir sind München“ mit kleinem Gruß an den ein oder anderen anwesenden Schalker und „Wie eine Droge“ inkl. Aufteilen des Blocks gingen gut rein und vor allem Rivers of Babylon wurde nach dem Tor vom Stadion zelebriert. Auch beim Einhaken zeigten sich die angrenzenden Blöcke sanges- und hüpffreudig. Von der ca. 35. Minute gab es erneut einen kleinen Durchhänger, aber wie schon öfter geschrieben, ist das für uns leider momentan recht typisch.

Nachdem es diesmal, anders als auf Schalke gewohnt, zum Ende der Halbzeitpause nicht “Zombie Nation” auf die Ohren gab, übernahmen wir bereitwillig den Job des Stadion DJs und intonierten es selbst, inkl. Hinsetzen. Apropos Stadion DJ. Vielleicht kommt es mir aufgrund unserer sehr späten Ankunft auch nur so vor, aber ich hatte den Eindruck, dass dieser extrem zurückhaltend war und es kaum nervige Durchsagen/Musik/Werbung gab. Ich weiß nicht, ob das vielleicht mit der aktuellen Situation in der Ukraine zusammenhängt oder ob es einen anderen Grund dafür gab, aber ich habe das als extrem angenehm empfunden. 

Kurz vor Ende des Spiels wurden dann nochmal die Schals für eine Schalparade ausgepackt und ein Teil der neuen Hymne gesungen. Dabei handelt es sich bekanntermaßen um ein Lied, welches schon seit Jahren gesungen wird, aufgrund der Länge und des langsamen Singens (keine Stärke der Südkurve München) aber meist nicht über den Kreis der Fanszene hinaus gesungen wird. Vielleicht trügt der Eindruck, aber nachdem das in der Vorwoche beim Einsingen zur Genüge geprobt worden war, hatte ich dieses Mal den Eindruck, dass erstens mehr Leute eingestiegen sind, und zweitens deutlich langsamer gesungen wurde, als es in der Vergangenheit der Fall war. Sehr cool, langsam versprüht die Melodie meiner Meinung nach deutlich mehr Esprit, als wenn sie nur so durchgekloppt wird. 

Nachdem es auf Schalke wohl beliebtere Fanszenen als uns gibt, ging es mit etwas Anspannung, letztendlich aber ereignislos, zurück in die Busse und auf „schnellstem“ Wege nach München, sodass  sich mehr oder weniger pünktlich um 10 Uhr alle wahlweise in der Schule, Arbeit, Uni oder im Bett wiederfanden.

1. FSV Mainz 05 – FC Bayern München

Zeit, dass Winterpause ist. Ein Satz, den nicht wenige Bayernfans beim Rausgehen aus dem Mainzer Stadion von sich ließen, als ihnen der kalte Dezemberwind ungebremst über die Ackerflächen ins Gesicht geblasen kam. Und das, obwohl die Niederlage uns jetzt nicht in unruhige Fahrwasser stoßen sollte und der Platz an der Spitze auf Sicht auch noch nicht gefährdet ist. Vielmehr waren die letzten Wochen einfach schon arg vollgepackt mit Fußball und wenn dann noch der Europapokal auch auswärts keine südländische Sonne, sondern graues Ruhrpottwetter bereithält, ist vielleicht auch irgendwann mal die Luft raus.

Gefühlt ging es den Bayernfans im Gästeblock da ähnlich wie der Mannschaft. Obwohl uns der schmale Block die letzten Jahre durch eine gute Aufstellung der Gruppen recht gut lag – und dieses Mal sogar zwei Gruppen der Südkurve in den angrenzenden Sitzplatzbereich wechselten – pendelten sich die Gesänge auf einem eher durchschnittlichen Niveau ein. Richtig schlecht war das sicher nicht und noch vor ein paar Jahren wären wir dort mehr als zufrieden raus gegangen. Doch gemessen an anderen Auftritten und auch den vorherigen im Mainzer Gästeblock, fehlten eben doch die Ausreißer nach oben. Warum ausgerechnet dann bei diesem Spiel, bei dem der Glühwein und die Weinschorle guten Absatz fanden, wenig Freakfaktor vorhanden ist, lässt sich mit der Ausrede Übersättigung aber auch nur halbwegs zufriedenstellend erklären.

Weder die Mannschaft, noch der Gästeblock kam so richtig ins Rollen und auch der Anschlusstreffer kurz vor Schluss konnte das Ruder nicht mehr umreißen. Ärgerlich, aber seit längerem sieht der geneigte Bayernfan mal wieder attraktiveren und spannenden Fußball, da sei diese Niederlage der Mannschaft auch mal schnell verziehen. Fürs richtig große Ärgern fehlte dann vielleicht aber auch ein größerer Gegenpart auf den restlichen Tribünen. Während sich auf Heimseite der Q-Block zumindest optisch über den Spielverlauf zu freuen schien, kam während des Spiels von den restlichen Tribünen wenig bis gar nichts. Ob’s jetzt eben doch nichts mehr so Besonderes ist, gegen den FC Bayern zu führen oder Kälte und Glühwein ihr Übriges taten, bis auf ein „Lederhosen ausziehen“ nach Spielende wars doch recht mau. Das ist in unserem Stadion sicherlich oft genug auch der Fall, aber gerade bei engen Spielen wie zuletzt gegen Leverkusen sind es dann doch die restlichen Tribünen, die einen gewaltigen Unterschied machen können.

Unterschiedlicher könnte auch gerade unsere Lage von derer der Menschen in Syrien kaum sein. Dass wir unsere Solidarität schon öfter mit den Demokratischen Kräften in der Region Rojava ausgedrückt haben, ist keine Neuigkeit. Aber die Entwicklungen rund um den Sturz des syrischen Machthabers Assad vor wenigen Tagen lassen die Befürchtung aufkommen, dass verschiedene regionale Kräfte nun auch ein Auge auf die Neuaufteilung des Nordostens Syriens werfen könnten. Kurz und knapp wie auf dem Spruchband gilt daher: „Defend Rojava from Erdogan and IS!“.

Richtet man den Blick nun nochmal auf uns, steht wenige Tage vor Heiligabend noch das Heimspiel gegen Red Bull an, ein Gegner der auf Rasen und Rängen kaum sinnfreier sein könnte. All jene, die sich auf den Tribünen gegen Mainz noch eine Verschnaufpause gegönnt haben, sollten da aber nochmal die letzten Energiereserven rauskitzeln. Und dann gilts aber wirklich: Wird Zeit, dass Winterpause ist. 

Ultras Empoli

Die treuen Leser*innen dieser Rubrik fragen sich bestimmt schon, was in der letzten Zeit so in Empoli los war.  Bevor es nach der Länderspielpause wieder zu Punktspielen kam, gab es noch eine Buchvorstellung in Empoli über die Geschichte der Fanszene, welche von den Gruppen des Maratona organisiert wurde. Anlässlich der Buchpräsentation kamen im Raum der Vorstellung auch einige ältere Zaunfahnen wieder zum Vorschein, unter anderem die der historischen Gruppe Rangers (gegründet 1976, aufgelöst 2012).

Darauf folgte ein Heimspiel gegen Udine, wo auch ein paar Leute von uns beim 1:1-Unentschieden zu Gast waren. Beim Auswärtsspiel im San Siro gegen Milan gab es mit 0:3 nichts zu holen.  Im darauffolgenden Pokalderby bei der Fiorentina konnte Empoli ein 2:2 über 120 Minuten retten und sogar das Elfmeterschießen für sich entscheiden. Aufgrund des Umbaus des Stadio Artemio Franchi standen jedoch nur sehr wenige Karten für Gästefans zur Verfügung, weshalb die Ultragruppen aus Empoli entschieden, nicht zu dem Spiel anzureisen, weil Mitglieder der Gruppen vor den Toren hätten stehen müssen.

Am 07.12. fand in Empoli eine Gedenkveranstaltung anlässlich des zwanzigsten Todestages von Emiliano del Rosso, nach dem auch die Maratona benannt ist, statt. Für sein Andenken wurden beim Auswärtsspiel tags darauf in Verona Spruchbänder von den Desperados und Ultras Empoli gezeigt. Empoli fuhr einen 4:1 Kantersieg ein, alle Tore fielen in der ersten Halbzeit.

Anlässlich des Heimspiels gegen Toro sammelten die Ultras-Gruppen der Empolesi für die im Krankenhaus von Empoli befindlichen Kinder. Nach der 0:1-Niederlage in diesem Spiel befindet sich Empoli auf dem 10. Tabellenplatz der Serie A. Wirklich gesichertes Mittelfeld, wonach es sich vielleicht anhört, ist das jedoch nicht. Das Punktepolster zum Abstiegsplatz beträgt lediglich fünf Punkte, weshalb den nächsten Spielen gegen die direkten Konkurrenten Genoa, Lecce und dem Tabellenletzten Venezia eine enorme Bedeutung zukommt. Schwierig wird es womöglich am kommenden Wochenende bei Atalanta Bergamo, welche die Serie A anführen und zuletzt 10 Siege in Serie einfahren konnten. 

Forza Empoli

Mouhamed Dramé

Ende 2022 zeigten wir beim Heimspiel gegen Stuttgart ein Spruchband mit folgendem Wortlaut: 

„FFM, Köln, Do, RE, LE: 5 Tote in 5 Wochen! Bullen morden, alle schauen zu!“ 

Dabei bezogen wir uns auf mehrere Vorkommnisse in deutschen Städten, bei denen es zu Schusswaffen-Einsätzen seitens der Polizei kam, in deren Folge fünf Menschen starben. Einer davon war Mouhamed Dramé in Dortmund. 

Die ganze Geschichte wurde an anderen Stellen viel besser aufbereitet, als ich es hier in wenigen Sätzen jemals tun könnte, weshalb ich versuchen werde, mich kurz zu halten. Für Interessierte sei auf einen Podcast der WDR Lokalzeit verwiesen, der meiner Meinung nach die Geschehnisse, das Leben Dramés und die Versäumnisse der Polizei sehr gut verarbeitet (Mouhamed Dramé – Wenn die Polizei tötet | WDR Lokalzeit · Neue Folgen – Jetzt Podcast anhören!). 

Um noch einmal alle abzuholen, daher nur ein kurzer Abriss: Der gebürtige Senegalese Mouhamed Dramé kam im April 2022, nach Stationen in Spanien und Frankreich, nach Deutschland. Seit dem Sommer 2022 befand sich Mouhamed dann in einer Jugendeinrichtung in Dortmund, so auch am schicksalhaften Tag des 08. August. Zuvor hatte sich Dramé schon wegen vermeintlicher Suizidgedanken in Behandlung befunden, war dann aber entlassen worden. An eben jenem 08. August wurde Dramé dann von einem Mitarbeiter der Einrichtung dabei gesehen, wie er an einer Kirchenmauer lehnend ein Messer auf seinen eigenen Bauch richtete. Der Mitarbeiter rief daher die Polizei, die mit mehreren Beamten anrückte. Nachdem Dramé nicht auf Ansprachen reagierte, entschied der Einsatzleiter, dass Pfefferspray eingesetzt werden sollte, um zu bewirken, dass Dramé das Messer fallen lässt. Dadurch in Panik versetzt, erhob sich Dramé und ging weg von der Mauer in die einzig mögliche Richtung, in der allerdings auch die Polizisten standen. 0,7 Sekunden nach dem Einsatz eines Tasers schoss einer der Beamten mehrfach mit einer Maschinenpistole auf Mouhamed, der getroffen wurde und seinen Verletzungen erlag. Infolgedessen wurden die Beteiligten angeklagt, der Schütze wegen Totschlag, drei andere Beamte wegen gefährlicher Körperverletzung und der Einsatzleiter wegen Anstiftung dazu. Vor gut einer Woche sind alle Angeklagten vor dem Dortmunder Landgericht freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hat dabei im Falle des Einsatzleiters, für den sie eine zehnmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung gefordert hatte, schon angekündigt, in Revision gehen zu wollen. 

Sehr schnell nach dem Tod Dramés hatte sich in der Dortmunder Nordstadt ein Bündnis aus verschiedenen gesellschaftlichen Organisationen zusammengefunden, um „Justice for Mouhamed!“ und eine lückenlose Aufklärung des Falles zu fordern. Außerdem setzt sich der „Solidaritätskreis Justice4Mouhamed“ dafür ein, „der herrschenden Gewaltpraxis der Polizei“ ein Ende zu setzen und sieht ein großes Problem „in den Strukturen der Polizei“. Und in der Tat kann man durchaus von strukturellen Problemen bei der Polizei sprechen – und das nicht erst seit dem 08.08.2022. 

Blicken wir einmal auf die Zahlen. Im Jahr 2024 sind so viele Menschen von der Polizei erschossen worden, wie seit 1999 nicht mehr. 2/3 davon befanden sich zum Zeitpunkt des Todes in einer psychischen Krise. In Kombination mit einer zunehmenden Militarisierung der Polizei (mehr Beamte, krassere Ausrüstung, mehr Eingriffsrechte) gepaart mit einem eigentlich immer sicherer werdenden Deutschland (anders als der subjektive Eindruck der meisten Menschen), sind das meiner Meinung nach schon Zahlen, die aufhorchen lassen. Versteht mich nicht falsch. Es gibt Situationen, in denen es aus menschlicher Sicht durchaus nachvollziehbar sein kann, wenn sich ein Polizist dazu entscheidet, zu schießen. In vielen Fällen würde ich dem einzelnen Bullen wahrscheinlich gar nicht mal einen Vorwurf machen. 

Aber es sollte schon die Frage erlaubt sein, ob viele dieser Fälle wirklich so enden müssen. Ein Teil des Problems liegt auch in strukturellen Defiziten bei der Polizei, aber auch der Gesellschaft selbst. Keiner der Beamten im Falle Mouhameds scheint ein gefestigtes rassistisches Weltbild (gehabt) zu haben. Dennoch kann man sich fragen, ob denn ein ähnlicher Fall in einem besser betuchten Viertel und einem weißen Studenten genauso ausgegangen wäre. Ich persönlich würde das bezweifeln. Auch die Empirie liefert Hinweise in eine ähnliche Richtung, so können (unbewusste) Vorurteile das Handeln in so einer Situation durchaus beeinflussen (sog. shooter bias). 

Das nennt sich Alltagsrassismus und schlummert in jedem von uns und ist per se vielleicht auch gar nicht zu verhindern und Teil der menschlichen Natur. Wichtig ist aber, sich dessen bewusst zu sein – sowohl im persönlichen, insbesondere aber auch in einem strukturell-polizeilichen Sinne. Denn mein Alltagsrassismus gibt im worst case vielleicht jemandem ein schlechtes Gefühl oder Ähnliches. Der Alltagsrassismus von denjenigen, die das Gewaltmonopol innehaben, kann weit gravierendere Folgen haben. Daher ist es mir auch völlig unverständlich, wieso sich Innenminister und führende Funktionäre der Polizei so stark den Forderungen nach Studien zum Rassismus innerhalb der Polizei versperren. Besteht da etwa die Angst vor ungewollten Ergebnissen? Sich ernsthaft mit Rassismus innerhalb der Polizei auseinanderzusetzen, um im Optimalfall solche Tragödien in Zukunft zu verhindern  – auch das bedeutet für mich “Justice for Mouhamed”. 

Ein weiterer Punkt ist die offensichtlich zu schlechte Ausbildung im Umgang mit psychisch labilen Personen. Eine ungenügende Ausbildung kann in solchen Fällen fatale Folgen haben – eben bis hin zum Tod. Psychische Auffälligkeiten sind dabei keine Seltenheit, wie Statistiken zeigen. So zeigt jeder vierte Erwachsene in Deutschland im Laufe eines Jahres Symptome einer psychischen Erkrankung wie Angststörungen oder Depressionen. Knapp jeder fünfte Kontakt der Polizei erfolgt mit Personen mit psychischen Erkrankungen. 

Wenn eine psychisch auffällige Person einen Polizisten mit einem Messer attackiert, leuchtet es (mir zumindest) ein, dass im Zweifel eher geschossen wird, als das Gespräch zu suchen. In vielen Situationen muss es aber nicht so weit kommen. Eine fehlende Schulung und daraus folgend häufig autoritäres Auftreten führen zu einer Verschlimmerung der Lage, anstatt sie zu verbessern. Auch die Medien haben bereits  über diese Erkenntnisse berichtet. Näheres zu dieser Thematik findet Ihr unter anderem hier: https://www.ardaudiothek.de/episode/das-wissen/toedliche-polizeieinsaetze-bei-psychischen-ausnahmesituationen/swr-kultur/13978991/

Wieso sich aber im Falle eines jungen Mannes, der ruhig an einer Wand lehnt und im ersten Moment keine Gefahr für niemanden, außer sich selbst, darstellt, dazu entschieden wird, Pfefferspray gegen ihn einzusetzen, bleibt rätselhaft. Und das übrigens nicht nur linken Aktivisten, sondern sogar der Staatsanwaltschaft, die Revision gegen die Entscheidung des Landgerichts hinsichtlich des Freispruches für den Einsatzleiter eingelegt hat. 

Auch aus juristischer Sicht kann das Urteil durchaus kritisiert werden. Dafür verweise ich an dieser Stelle einfach auf den Artikel des Frankfurter Kriminologen und Strafrechtprofessors Prof. Dr. Tobias Singelnstein im Rechtsmagazin Legal Tribune Online: Nach Dramé-Urteil: Die Debatte über Polizeigewalt

Eines bleibt klar: Mouhamed Dramé ist kein Einzelfall – es gibt 1000 Mouhameds! Justice for Mouhamed!

Was hier und da passiert

Jena
Vor knapp drei Wochen kam es hinter der Südkurve unserer Freund*innen aus Jena zu einem völlig überzogenen Polizeieinsatz. Während und nach dem Spiel gab es seitens der Gäste von Chemie Leipzig Provokationen gegenüber der Heimkurve, die letztendlich darin gipfelten, dass ein Tor in Richtung der Heimkurve aufgedrückt wurde und es zu einer kurzen Auseinandersetzung kam. Diese wurde von der Polizei schnell beendet, womit sie sich aber offensichtlich nicht zufrieden gab. So wurden verschiedene Stände der Fanszene hinter der Kurve, unter anderem einer, an dem Spenden gesammelt wurden, praktisch dem Erdboden gleichgemacht. Jeder Fan, ob jung oder alt, Mann oder Frau, der nicht schnell genug die Flucht ergreifen konnte, wurde ebenso niedergemäht. Auch der obligatorische Pfeffersprayeinsatz, dessen Verbot Fanorganisationen innerhalb von Stadien seit Jahren fordern, durfte natürlich nicht fehlen. Warum ein solches Verbot gefordert wird, wurde wieder einmal eindrucksvoll bewiesen, indem viele Unbeteiligte hierdurch verletzt wurden. Insgesamt spricht die Jenaer Rechtshilfe von 64 Verletzten und „lazarettartigen Zustände[n] hinter der Kurve“. Die ganze Stellungnahme findet ihr hier: https://www.bgwh-jena.org/blog-bgwh/enthemmte-gewaltanwendung-der-polizei/

Serbien/Kroatien
Dass Europapokal auch weh tun kann, müssen Fußballfans leider regelmäßig am eigenen Leib erfahren. Jüngste Beispiele hierfür sind die Auswärtsfahrten der Dortmunder nach Zagreb sowie der Stuttgarter nach Belgrad. Erstere waren mit völlig überzogenen und übergriffigen Kontrollen am Stadion konfrontiert, bei denen einige Fans sogenannten Intensivkontrollen unterzogen wurden. Das bedeutet, dass sie in ein extra dafür vorgesehenes Häuschen geführt wurden, in denen sie (vor Fenstern und somit Publikum) ihre Hosen und teilweise sogar Unterhosen herunterlassen mussten und dabei gefilmt wurden. Als kleines Extra obendrauf gab es für die kleinsten Reflexe und Bewegungen Schläge für die Fans. Dabei wurden nicht nur Personen der aktiven Fanszene kontrolliert, sondern auch solche, die ihr offensichtlich nicht zuzuordnen sind. Zwar wurden einige pyrotechnische Gegenstände gefunden, allerdings kann dies absolut nicht als Rechtfertigung für diese Schikanen herhalten, die in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen. Und gebrannt hat es im Dortmunder Block bekanntlich dennoch. 

Nur einige Stunden zuvor war die Fanszene des VfB Stuttgart Opfer willkürlicher Kontrollen geworden. Diese ereigneten sich in diesem Fall schon an der serbischen Grenze und veranlassten die Schwaben dazu, den verfrühten Rückweg anzutreten. Wieder einmal zwei Beispiele, die zeigen, dass es, sobald es um Fußballfans geht, mit Bürgerrechten nicht immer ganz so genau genommen wird. 

Frankreich
Und weiter geht es mit den Berichten von behördlicher Repression. Nachdem bereits 2010 mehrere Fangruppen des PSG und anderer Vereine verboten wurden, scheinen nun die nächsten Vereinigungen auf der Abschussliste des Staates zu stehen. Gerüchteweise sollen Fans aus Saint Etienne, Lyon, Nantes und weiteren Städten betroffen sein. Anders als in Deutschland sind die meisten französischen Gruppen offizielle Organisationen (vergleichbar mit dem Vereinsrecht hierzulande) und somit greifbarer für den Staat, sodass ein Verbot leichter zu bewerkstelligen ist. Verbot bedeutet in einem solchen Fall konkret, dass die Verwendung von Logos und Name der betroffenen Gruppe, aber auch eine Neubildung in einer ähnlichen Personenkonstellation unter Strafe steht. Ein Gruppenverbot ist also ein extrem invasives Werkzeug des Staates. Ob ein Einsatz gegen Ultragruppen, die sicherlich hin und wieder über die Strenge schlagen, aber ganz sicher keine kriminellen Organisationen sind, gerechtfertigt ist, darf doch sehr stark bezweifelt werden.