SKB Leverkusen 01.11.2025

Vorwort
FC Bayern München – Borussia Dortmund
FC Bayern München – Club Brügge
Borussia Mönchengladbach – FC Bayern München
Gegen Machtmissbrauch und physische & psychische Gewalt in Beziehungen

Vorwort

Servus Bayernfans,

es läuft aus sportlicher Sicht gerade (Stand 26.10.25, 09:30 Uhr). Beide Borussias wurden besiegt, Brügge aus dem Stadion gefegt – so darf es ruhig weitergehen. Zur abschließenden Bewertung der sportlichen Lage fehlt das Spiel in Köln. Aufgrund des Spieltermins findet das hier keinen Platz und wir können somit auch nicht beurteilen, ob die zurückliegenden Wochen vollumfänglich erfolgreich waren oder der erste Titeltraum bereits begraben werden musste. Beim Lesen seid ihr auf alle Fälle schlauer als ich beim Schreiben des Vorworts.

Aus Kurvensicht war das Spiel gegen den BVB eine Enttäuschung. An was es gelegen hat, ist schwer zu sagen. Grundsätzlich waren die eigenen Erwartungen an den Tag hoch und wenn es dann nicht so läuft, ist das natürlich schmerzhafter, als wenn erwartungsfrei in einen Spieltag gegangen wird. Aber abgesehen von meinem subjektiven Empfinden, haben wir unser vorhandenes Potential nie so wirklich abrufen können. Das war in der laufenden Saison der schlechteste Auftritt der Kurve und weit davon entfernt, was unser eigener Anspruch sein sollte. Jedoch soll es nicht zu negativ klingen, am Spieltag selbst ist das frustrierend aber kein Grund sich lange zu ärgern und sich runterziehen zu lassen. Der Spielplan bietet uns glücklicherweise genug Möglichkeiten, solche Tage vergessen zu machen.

Und dass wir es besser können, konnten wir gleich vier Tage später im Europapokal zeigen und siehe da: ein guter Auftritt der Südkurve, der Spaß gemacht hat. Klar, kein Feuerwerk, aber für ein 0815 Spiel hat die Kurve gezeigt, dass auch ein solches Spiel seinen Wert haben kann und einfach Spaß machen kann. Es liegt an uns allen, was wir aus den Spielen machen.

Am Niederrhein präsentierten wir uns ähnlich wie die Mannschaft: die erste Halbzeit wirkte das noch etwas zäh und wenig durchschlagskräftig. Die zweiten 45 Minuten wurde dagegen gut Gas gegeben und es schepperte das ein oder andere Mal laut durch den Borussia-Park. Passenderweise drückte die Mannschaft ebenfalls das Gaspedal durch, holte die nächsten drei Punkte und konnte somit die Siegesserie ausbauen.

Besonders in Erinnerung werden die Choreografie und die Pyroshow zu Spielbeginn bleiben. Ich denke, die Bilder und Videos haben die meisten hier bereits erreicht. Das war echt richtig stark, ein beeindruckendes Gesamtbild und daher an dieser Stelle ein großes Dankeschön an die verantwortlichen Fans!

Ein Thema, welches seit unserem Spiel gegen Dortmund medial natürlich viel Beachtung gefunden hat, war die Causa Boateng. Mit der Mitteilung von Bayern vergangenen Samstag ist das Thema hoffentlich ein für alle Mal durch und kommt nicht nochmal auf die Agenda. Unsere Sicht der Dinge findet ihr nochmals ausführlich im Südkurvenbladdl, zum einen in den Spielberichten zu Dortmund und Brügge, sowie einen weiteren Text zu dem Thema. Damit wollen wir es an der Stelle belassen und richten den Blick auf das anstehende Spiel.

Heute geht die Rheinland-Woche zu Ende, die Werkself aus Leverkusen ist mal wieder zu Gast. Nachdem wir (außer den Spielen im Europapokal gegen den Bayer) die letzten Spiele immer ohne Siege geblieben sind, wird es Zeit, dass wir das Stadion als Sieger verlassen – sowohl auf dem Spielfeld wie auch auf den Rängen.

Vorwärts Südkurve!
Immer vorwärts FC Bayern!

FC Bayern München – Borussia Dortmund 2:1

Nach einer kleinen Verschnaufpause durch die Länderspielpause wartete mit der Borussia aus Dortmund erneut ein Gegner, der in der noch frischen Saison als sportlicher Gradmesser antrat. Zusätzlich erwartete uns mit dem dazugehörigen Gästeanhang auch auf der Tribüne wieder ein guter Gegner. Diese Rahmenbedingungen sorgten dafür, dass die Erwartungen für einen guten Auftritt der Südkurve vor dem Spieltag entsprechend hoch waren.

Insgesamt startete der Spieltag am Südkurvenplatz zwar relativ unspektakulär, doch mit dem ein oder anderen Getränk in der Hand und den letzten Sonnenstrahlen des Tages begann der Samstagnachmittag rundum zufriedenstellend. Ebenso würde ich auch den Start auf den Tribünen beschreiben. Da waren heute schon einige Schals oben, als die Stimme Jonas Kaufmanns zu unserer Hymne durch das Rund schallte. Schön, dass die Hymne mittlerweile auch in anderen Teilen des Stadions ankommt und vor Einlauf der Mannschaften für ein immer geschlosseneres Bild im gesamten Stadion sorgt.

Mit Beginn des Spiels waren die Hoffnungen aber schnell verflogen. Der Start mit dem Bayern-Echo, sonst typisch für Europapokal-Abende und der Hüpfeinlage zu ‚Brasil‘ waren danach fast die einzigen Lichtblicke einer ersten Halbzeit, in der die Südkurve sehr träge ins Spiel kam. Auch der gemeine Bayernfan, über die Südkurve hinaus, tat sich heute erstaunlich schwer, in die Gesänge mit einzusteigen, was angesichts der herbeigeredeten Brisanz des Spiels und dem schrecklichen Gerede vom ‚deutschen Classico‘ doch ein wenig überraschte. Erfahrungsgemäß ist ebenjener dafür durchaus empfänglich und kann sich besonders dann motivieren, in die Gesänge mit einzusteigen.

Ehrlicherweise konnten wir als Südkurve allerdings auch kaum Impulse setzen. Besonders ernüchternd ist es dann, wenn es zum Ende des Spiels auch auf dem Rasen deutlich enger zugeht, als die erste Halbzeit vermuten ließ. So dominierte unsere Mannschaft die erste Halbzeit klar und hätte hier mit zwei oder drei Toren mehr für eine deutlich entspanntere Ausgangssituation sorgen können. Folglich blieb die Borussia im Spiel und – so ehrlich muss man sein – schenkte sie uns in einer Phase, in der sie eigentlich das Spiel auf ihre Seite ziehen konnte, das zweite Tor her. Dass kurz darauf der Anschlusstreffer fiel, hätte auch in der Südkurve nochmal für mehr Schwung sorgen können, um die Mannschaft zum entscheidenden Tor oder zumindest über die Ziellinie zu schreien. Doch dieser schien eher das Gegenteil zu bewirken: Während zwischen dem 2:0 und 2:1 wahrscheinlich die beste Phase der zweiten Halbzeit zu verzeichnen war und etwas Schwung aufkam, ebbte dieser nach dem Treffer des BVB direkt wieder ab. Während das neue Lied zu Kiss‘ „I was made for loving you“ zu Saisonbeginn noch richtig gut ankam und für einige Highlights sorgen konnte, stand es heute exemplarisch für die Schwerfälligkeit des eigenen Auftritts. So blieben wir insgesamt weit hinter den Ansprüchen und den eingangs erwähnten Erwartungen zurück. Gehört vielleicht zu einer Saison mit einem wieder mal vollem Terminkalender dazu, auch wenn, wie im Vorwort schon angemerkt, das mit Blick auf dieses Spiel doch enttäuschend ist. 

Abseits des Spielfeldes gedachten wir heute zwei verstorbenen Mitgliedern anlässlich ihres Todestages mit ihrem Konterfei – Kai und Sonja, ihr bleibt unvergessen! Zudem gratulierten wir den Fanatics Supporters aus Bochum zu ihrem 30. Geburtstag, die 1995 die ersten Einflüsse der Ultrakultur ins Ruhrstadion brachten. Weitere Spruchbänder positionierten sich klar gegen eine Hospitation von Jerome Boateng beim FC Bayern. Um den Rahmen des hiesigen Textes nicht zu sprengen, findet ihr dazu einen ausführlicheren Text in dieser Ausgabe. Abschließend geht ein riesiges Dankeschön an die anwesenden Freund*innen von Ultra` Sankt Pauli, die uns heute den ganzen Tag unterstützten.  

FC Bayern München – Club Brügge 4:0

Heimspiel gegen Brügge – ob da wirklich bei allen Europapokalfieber aufgekommen ist?! Klar, kein Spiel, bei dem es schon in der Arbeit kribbelt, dennoch freu ich mich nach all den Jahren immer noch über jede europäische Nacht, die wir zuhause oder auswärts erleben dürfen. Also ab zum Südkurvenplatz, bisschen Blödsinn labern und dann ging es auch schon rein in die Kurve. Es ist Europapokal!

Ein Thema, das im Kosmos FC Bayern und auch darüber hinaus vor dem Spiel hohe Wellen schlug, waren die Spruchbänder der Südkurve zu einer möglichen Hospitation von Jerome Boateng bei Kompany. Dass es uns bei der Thematik nicht nur um Boateng geht, sollte klar sein. Dennoch wollten wir an dem Abend mit einer Aktion, die sich gegen psychische und physische Gewalt und Machtmissbrauch in Beziehungen richtet, ein deutliches Zeichen setzen und unsere Haltung zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem unterstreichen. Wie geschrieben, ein Thema, das die gesamte Gesellschaft betrifft und das weit über den Fall Boateng hinausgeht.

Dennoch müssen wir den Bogen zur Person Jerome Boateng spannen: Wir vertreten diese Werte als Kurve und erwarten auch, dass der Verein die Haltung vertritt und entsprechend handelt. Daher ist es für uns nicht nachvollziehbar, dass zwei Jahre, nachdem es zuletzt Thema war, wieder über die Person Boateng geredet werden muss. Für Menschen, die ihre Machtposition missbrauchen oder missbraucht haben, sollte bei unserem Verein kein Platz sein – egal was sie während ihrer Karriere auf dem Rasen geleistet haben. Mal schauen, wie sich das Thema in den nächsten Wochen entwickelt.Wünschenswert wäre, wenn die Verantwortlichen das Thema ein für alle Mal begraben würden.

Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. Bereits nach wenigen Minuten knallte Lennart Karl den Ball zum 1:0 in die Maschen und machte sich selbst zum jüngsten Torschützen des FC Bayern in der Königsklasse. Weiterer Fakt: beim letzten Spiel gegen Brügge (anno 2005, die älteren Lesenden werden sich vielleicht erinnern) war Karl Minus 3. Ob das relevant ist, weiß ich nicht, aber die Süddeutsche hielt es für berichtenswert und wenn es sogar in seriösen Medien auftaucht, kann es hier auch stehen.

Ohne große Mühen wurde in der ersten Halbzeit der Sieg unter Dach und Fach gebracht und die zweiten 45 Minuten konnten zum Schonen einiger Stammkräfte genutzt werden. Einzig die Chancenverwertung gibt Anlass zur Sorge. Wie auf Zypern wurde es verpasst, ein bisschen was fürs Torverhältnis zu tun – hoffen wir, dass sich das Ende Januar nicht noch rächt. Vor allem mit Blick auf die zwei schweren Auswärtsspiele, die uns im November erwarten, wäre es gut gewesen, da ein bisschen was nachzulegen. Aber gut, Jammern auf hohem Niveau. 

Blicken wir in die Kurve: war Dortmund noch eher schwerfällig, lethargisch und zäh (und mit Abstand der schlechteste Heimauftritt die Saison) gingen die Lieder an dem Abend deutlich lockerer von den Lippen. Insbesondere die zweite Hälfte machte ordentlich Laune. Highlights waren dabei „Wenn ich nachts nicht schlafen kann“, das Einklatschen, bei welchem wirklich viele Fans auf der Gegengerade mit dabei waren und die Hommage an Mr. Wembley, welcher ebenfalls im Stadion verweilte und sich über „Ich hab geträumt von dir“ gefreut haben dürfte. Mit Sicherheit kein Abend über den wir noch wochenlang reden werden, aber auf meiner Seele war es Balsam, immerhin nagte das Wochenende und der Kurvenauftritt noch an meinem Seelenfrieden.

Auf Gästeseite wurde kein dauerhaft bleibender Eindruck hinterlassen. Ich oute mich an der Stelle mal als kleiner Ignorant, die belgische Fankultur interessiert mich gleich null. Klar, auch dort gibt es mittlerweile Ultras, die Freundschaft zu Meppen ist bekannt, aber ansonsten herrscht da Leere im Kopf.

Neben dem bereits erwähnten Spruchband zu Beginn des Spiels, gab es zahlreiche weitere Spruchbänder in der Kurve. Wollen wir mit den traurigen beginnen: zum einen zeigten wir ein Gedenkspruchband für einen verstorbenen Bayernfan der SK 73. Zum anderen verabschiedete sich die TCM von einem langjährigen Wegbegleiter der Service Crew, dessen Tod am Spieltag selbst bekannt wurde. Immer wieder Schockmomente, wenn Personen aus dem Leben gerissen werden. Pongi & Kainzi – ruht in Frieden.

Ein immer wiederkehrender Adressat unserer Spruchbänder ist bekanntlich die UEFA. Wurde 2023 nach dem Verbot der SGE-Fans in Neapel von Seiten Ceferins geäußert, dass sowas nicht wieder vorkommen wird, ereignet sich dasselbe Spiel 2,5 Jahre später: kompletter Ausschluss der Gästefans. Finden wir natürlich richtig beschissen, daher wurde der UEFA-Präsident nochmals an seine damaligen Aussagen erinnert. Ob sich zeitnah was ändern wird, bleibt abzuwarten.

Mit einem weiteren Spruchband wandten wir uns an unsere Freunde aus San Benedetto del Tronto. Für diese steht nach mehreren Jahrzehnten wieder das Derby gegen Ascoli auf dem Spielplan und das gleich zweimal innerhalb von vier Tagen – zuerst in der Liga und im Anschluss im Pokal. Wollen wir hoffen, dass magica Samba zeigt, wer in den Marken regiert.

Abschließend gratulierten wir der Antifa NT zu ihrem zwanzigjährigen Bestehen. Damit sollte zu dem Spieltag alles gesagt sein. Unterstützung erhielten wir an dem Abend aus Bochum, Hamburg und Jena – großes Dankeschön dafür.

Borussia Mönchengladbach – FC Bayern München 0:3

“… weil du mich wach hältst die ganze Zeit!” passend zu den Lyrics unseres beinahe Mia-Julia-Malle Hits (wer sich nicht erinnert, einfach mal Mia Julia und Südkurve München googeln), werden diese Zeilen mit ordentlich Schlafmangel kurz vor Abgabefrist in die Tasten gehauen. Und sind damit auch gleich mittendrin im Spiel. Was war das für eine geile zweite Halbzeit. Aber von vorn.

Nachdem Gladbach gefühlt jedes Jahr gleich langweilig ist, sollte es diesmal so einige Veränderungen im Blockbild geben. RFM und Colegio blieben wie schon vergangene Saison im Sitzplatzbereich, im eigentlichen Stehplatzblock machten wir uns breit und einige Schickeria-Sektionen sowie die aMr, Rebels und MRP zogen in den Oberrang. Bekanntermaßen sind nicht alle FC Bayern Fans allzu begeistert davon, wenn auf ihren teuren Plätzen die Sicht durch Fahnen und stehende Menschen verschlechtert wird. Dass das einen erheblichen Einschnitt in das Stadionerlebnis dieser Person darstellt, lässt sich ja auch nicht von der Hand weisen. Somit wurden am Blockeingang schon weit vor Anpfiff Flyer verteilt, auf denen den Bayernfans unser Vorgehen erklärt wurde. Aus unserer Sicht ist das einfach der nächste sinnvolle Schritt, um die Stimmung zu verbessern und den ganzen Gästeblock mitnehmen zu können. Jeden wird man aber nie mit ins Boot holen können, aber man will sich ja auch nicht vorwerfen lassen, nichts probiert zu haben. Verbunden mit der neuen Aufstellung im Block rückten auch die Zaunfahnen einige Meter nach oben und wurden am Block und nicht mehr an der Plexiglasscheibe aufgehangen. Hat aus meiner Sicht auf jeden Fall mehr hergemacht als die bisherige Praxis.

Generell herrschte rund um den Gästeblock emsiges Treiben. Grund hierfür war eine Choreo, die wir mit im Gepäck hatten. Herzstück dieser war ein „Bayern“ Schriftzug mit unserem „Giftler-Kindl“ in der Mitte, bei dem der Joint-Qualm naheliegenderweise auch mit etwas echtem Rauch dargestellt wurde. Dazu wurden im Ober- und Unterrang rote, weiße und bordeauxfarbene Fähnchen geschwenkt. Etwas zeitverzögert folgten im gesamten Gästeblock Rauchshooter und Bengalen.

Richtig fettes Bild, mit dem glaube ich jeder im Gästeblock und insbesondere die Organisatoren und Helfer mehr als zufrieden sein können! Ein großes Dankeschön mal wieder an dieser Stelle. Erwähnenswert ist hier aber leider noch der Mönchengladbacher Ordnungsdienst, der mal wieder durch alemannische Regelgenauigkeit hervorstach. Erst sollte das Aufkleben von Flyern mittels Tesafilm unterbunden werden, anschließend wurden Helfer nicht mehr aus dem Sitzplatzblock gelassen, da „es nervt, wenn immer wieder Leute rein und raus gehen“. Absurd.

An diesen ansonsten positiven ersten Eindruck konnten wir aber leider in den folgenden 45 Minuten nicht so richtig anknüpfen. Wirklich schlecht war das nicht, Ausreißer nach oben waren aber ebenso wenig zu verzeichnen. Auch die Highlights auf dem Rasen hielten sich abseits vom Platzverweis für die Gladbacher nach Videobeweis in Grenzen. VAR abschaffen!

Die zweite Hälfte bleibt allerdings deutlich positiver in Erinnerung. Parallel zu den Treffern unserer Mannschaft sang sich der Gästeblock so langsam ein und auch dank aus meiner Sicht guter Liedauswahl unserer Vorsänger war das eine wirklich starke zweite Hälfte. Insbesondere „Rivers of Babylon“ und „Wenn ich nachts nicht schlafen kann“ haben wirklich Bock gemacht. Auch der ein oder andere Gruß an den Tabellenletzten (!) auf der Gegenseite durfte natürlich nicht fehlen.

Apropos Gegenseite. Hörte ich vor Anpfiff noch jemanden hinter mir sagen, dass „die Gladdis gar nicht so schlecht sind, wie alle sagen“, rückten sie dieses Bild vor allem in der zweiten Hälfte eindrucksvoll gerade. Da kam wirklich überhaupt nichts mehr an. Lediglich ein (zufällig?) gutes Timing bei der Materialpräsentation direkt nach dem 0:1 kann man ihnen zugestehen. Ein Blick auf das, was da am Zaun hing, entlockt mir allerdings auch nicht viel mehr als ein Schulterzucken. Natürlich immer ärgerlich, wenn etwas verloren geht, bei der Anzahl an Bayernfans, die beschmückt wie ein Weihnachtsbaum nach jedem Spiel in alle Löcher der Republik zurückkehren, aber auch nicht wirklich verwunderlich.

Erwähnenswert ist aber sicherlich noch ein Spruchband der Gladbacher rund um die 20. Spielminute für Aron. Er war Mitglied der Mönchengladbacher Nachwuchsgruppe Ascendente und verstarb vergangenes Jahr bei einem Autounfall. Dazu schwieg die Norkurve. Leider haben wir die Aktionen etwas zu spät bemerkt, sodass sich der Gästeblock nur noch einige Sekunden dem Schweigen anschließen konnte. Ruhe in Frieden, Aron – Ehre allen verstorbenen Ultras!

Gegen Machtmissbrauch und physische & psychische Gewalt in Beziehungen – warum Jérôme Boateng nicht mehr zum FC Bayern passt

Das zunächst angekündigte, nun aber abgesagte Praktikum von Jérôme Boateng hat es für uns notwendig gemacht, unsere Haltung – gegen Machtmissbrauch und physische & psychische Gewalt in Beziehungen – unter anderem in einer optischen Aktion im Stadion klarzustellen.

Für uns ist klar: Boatengs Taten, seine Äußerungen und sein Verhalten passen nicht in unseren Verein, nicht zu unseren und auch nicht zu den vom FC Bayern propagierten Werten. Wären diese Werte bereits früher Teil der Entscheidungsfindung gewesen, hätte man sich viel Ärger und Diskussionen sparen können und die Gelegenheit gehabt, auf Seiten des Vereins ein authentisches Zeichen an Betroffene misogyner Gewalt zu setzen. Diese wurde mit dem gesichtswahrenden Ausweg für Boateng verpasst. Nachdem die ganze Thematik hohe Wellen geschlagen hat, möchten wir uns ein letztes Mal zu der Sache äußern.

Leider kursieren in dieser Diskussion immer wieder unwahre Behauptungen, etwa, dass Boatengs Schuld nicht vor Gericht festgestellt oder er nie verurteilt worden sei. Das ist falsch: Ihm wurde vor Gericht Körperverletzung an seiner Ex-Freundin Sherin S. nachgewiesen. Das ist bei misogyner Gewalt leider immer noch die absolute Ausnahme, weswegen man Betroffenen übrigens auch ohne Urteil ernst nehmen sollte.

2022, im Jahr nach dem Suizid von Kasia Lenhardt, der Ex-Freundin von Boateng, haben die Süddeutsche Zeitung und Correctiv gemeinsam recherchiert und ein System des Täterschutzes rund um erfolgreiche Fußballer aufgedeckt. Jérôme Boateng ist bis heute der einzige bekannte Name. Die Recherche ist ohne Paywall auf der Seite von Correctiv zu finden und zeigt, wie viel Weg noch vor uns liegt. Dabei ist der Profifußball natürlich nur ein klitzekleiner Ausschnitt des gesamten Problems: Laut bff, der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland, wurden 40 % der Frauen über 16 Jahren – also fast jede zweite – in ihrem Leben bereits Opfer von körperlicher Gewalt. Natürlich zählen auch Männer und Kinder zu den Betroffenen, sind in dieser Statistik jedoch nicht aufgeführt.

Nur ein Bruchteil der Täter landet in Täterprogrammen und setzt sich dort mit den eigenen Taten auseinander, um weitere Gewalt zu verhindern. Damit zurück zu Boateng: der hat erst im Frühjahr dieses Jahres gemeinsam mit Till Lindemann ein Foto veröffentlicht, auf dem sich beide als unschuldige Opfer böser Hetzkampagnen inszenieren. Auf diesem Bild posieren sie brüderlich vereint und grinsend vor einem Artikel, der die Berichterstattung über beide Fälle kritisiert. Es zeigt, wie wenig Reue oder Einsicht, die für eine „Resozialisierung“ ja Voraussetzung wären, vorhanden sind. Boateng bekommt öffentlichkeitswirksam eine Hospitanz beim FC Bayern angeboten, Lindemann spielt am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, ein Konzert in der Münchner Olympiahalle.

Solange Täter in Machtpositionen bleiben und eine derartige Bühne bekommen, solange ihre Taten heruntergespielt werden, solange fühlen sie sich sicher – und machen weiter. Dies betrifft bei weitem nicht nur diese prominenten Fälle, sondern sendet Signale an alle Täter*innen – und natürlich an Betroffene, denen der Weg zu Hilfe und Unterstützung, vor Gericht oder an die Öffentlichkeit dadurch noch schwerer gemacht wird.

Für uns ist daher klar: Täterschutz darf niemals akzeptiert und häusliche sowie sexualisierte Gewalt niemals verharmlost werden. Daher ist es umso wichtiger, dass wir ganz deutlich zeigen, wo wir stehen: an der Seite von Betroffenen.

Hilfe für Betroffene:

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben. Unter der Nummer 116 016 und via Online-Beratung unterstützen Fachkräfte Betroffene aller Nationalitäten – mit und ohne Behinderung – 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr. Auch Angehörige, Freundinnen und Freunde sowie Fachkräfte werden anonym und kostenfrei beraten:

www.hilfetelefon.de

Männer, die Grenzverletzungen bzw. Misshandlungen in der Kindheit erfahren haben oder ganz aktuell Gewalt ausgesetzt sind erreichen das Männerhilfetelefon zu deren Sprechzeiten unter: 0800 123 99 00. Außerdem gibt es einen Sofort-Chat und Onlineberatung unter onlineberatung.maennerhilfetelefon.de. Auch Fachpersonal und Angehörige von betroffenen Männern können sich melden.

www.maennerhilfetelefon.de