Das Bündnis ProFans kritisiert die im Vorfeld der Begegnung SV Darmstadt 98 SG Eintracht Frankfurt angekündigte Allgemeinverfügung aufs Schärfste und stellt die Rechtmäßigkeit dieser völlig überzogenen Maßnahme in Frage. Eine Allgemeinverfügung, welche die Rechte einer ganzen Fangemeinschaft im Kollektiv beschneidet, kann niemals im Sinne rechtsstaatlicher Prinzipien erlassen werden. Abgesehen davon, dass einzelne Aufenthaltsverbote ohnehin schon als fragwürdig betrachtet werden können, stellt diese erweiterte Form, eine ganze Gemeinschaft von Gästefans in ihrer Freiheit einzuschränken, eine neue Repressionsstufe dar. Es drängt sich hierbei der Eindruck auf, dass die Einschränkung der grundrechtlich geschützten Bewegungsfreiheit gar nicht eigenständigen Sicherheitserwägungen folgt, sondern in Wahrheit vielmehr das vom DFB verfolgte Prinzip der Kollektivbestrafung durchsetzen soll: Nach der Bestrafung des Deutschen Fußball-Bundes, wonach die Frankfurter Fans am Samstag bei ihrem Auswärtsspiel in Darmstadt den Gästeblock nicht betreten dürfen, berufen sich die Verfechter dieser Allgemeinverfügung auf genau dieses vom Verband gefällte zweifelhafte Urteil.
Nun dürfen Eintracht-Fans noch nicht einmal nach Darmstadt reisen bzw. sich in der Stadt aufhalten. Schon die bloße Durchfahrt mit einem Eisenbahnzug etwa von Heidelberg nach Frankfurt wird durch die Verfügung grundsätzlich untersagt. Sowohl die Definition des betroffenen Personenkreises als auch der möglichen Ausnahmen ist derart unscharf gehalten, dass sie willkürlichen Entscheidungen Tür und Tor öffnet. Es bleibt gar eine Frage der Auslegung, ob nicht auch die Spieler des Gastvereins unter das Aufenthaltsverbot fallen. Die Begründung der Allgemeinverfügung lässt außerdem vermuten, dass diese absichtlich und ohne sachlichen Grund derartig kurzfristig erlassen wurde, nur um zu verhindern, dass etwaige erfolgreiche Klagen dagegen noch vor dem Spieltag rechtswirksam werden können.
Die Stadt Darmstadt sanktioniert mit der Verfügung eine Personengruppe von sechsstelliger Zahl, nicht nur ihrer freien Meinungsäußerung, sondern allein schon ihrer Gesinnung wegen, indem sie das Recht des Aufenthalts im Stadtgebiet davon abhängig macht, welchem Fußballverein man zuneigt. Dieser Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit ist skandalös, kritisiert ProFans-Sprecher Sig Zelt. Bereits im Vorfeld des Gastspieles von Hertha BSC hatten die Darmstädter Behörden deutlich erkennen lassen, dass Gästefans ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhalten in der Stadt nicht willkommen sind. Traurig, so Sig Zelt weiter, dass DFB und DFL, obwohl sie sich öffentlich einer Willkommenskultur für Gästefans verschreiben, hier offenbar keinen Anlass sehen, sich auf die Seite der pauschal diskriminierten Fans zu stellen.
Wir haben den Eindruck, dass die Einschränkung von Bewegungsfreiheit den Behörden zunehmend als das probateste Mittel erscheint, um in ihren Augen für Ruhe und Ordnung zu sorgen, bemerkt ProFans-Sprecherin Gabriele Mateika und verweist in dem Zusammenhang auf die zuletzt immer häufigeren Fälle, bei denen Gruppen von Fans wegen in die Länge gezogener Kontrollen deutlich später ins Stadion gelangten oder mit fadenscheinigen Begründungen zurückgeschickt wurden und das Spiel vor Ort nicht sehen konnten.
Angesichts dieser Entwicklungen wirken verbandsinterne Dialogangebote an die Fans oder von Politikern ausgerufene Fußballgipfel wie pure Heuchelei. Dazu ProFans-Sprecher Nicolai Mäurer: Aus welchem Grund sollten wir uns wieder mit den Verbänden oder gar den Behörden an einen Tisch setzen, wenn den Verantwortlichen nichts Besseres einfällt, als sich hinter der Ausrede von den Sachzwängen zu verschanzen und sie uns an jedem Spieltag mit neuen Repressionen in den Rücken fallen und versuchen, die Fans gegeneinander aufzuhetzen?
ProFans im April 2016