Leserbrief

Wir schreiben das Jahr 2012. Die Bundesliga in der jetzigen Form besteht seit 50 Jahren. 49 Jahre davon ist unser FC Bayern dieser zugehörig. Anfangs spielten wir im Grünwalder, dann im Olympiastadion. Mit dem Umzug ins Oly vor genau 40 Jahren fanden wir Fans unsere Heimat in der Südkurve. Diese ist es auch trotz Umzugs in ein neues Stadion geblieben. Vieles hat sich in den 40 Jahren verändert. Die Kurve unterlag und unterliegt noch einem steten Wechsel. Fangruppen kamen und gingen. Manche hinterließen Spuren, viele sind in Vergessenheit geraten. Freiheiten wurden uns Fans unter dem Vorwand der Sicherheit genommen. Wer erinnert sich nicht mit Stolz an eine reine riesengroße Stehplatzkurve ohne großen Blockzwang? An die großen Schwenk-Fahnen in der Südkurve? An in Deutschland einmalige und unglaublich schöne Choreografien, welche ohne unsäglichen bürokratischen Aufwand und Auflagen erstrahlen konnten?

Doch auch der Fussball selbst hat sich verändert. Die Fußballabteilungen in den Vereinen wurden und werden zu Kapitalgesellschaften umgebaut. Kaum ein Stadion besitzt noch seinen ursprünglichen Namen. Die mediale Berichterstattung nimmt immer mehr zu. Spieler werden verehrt und behandelt wie unnahbare Superstars. Fernsehgelder, Gehälter und Eintrittspreise steigen in kaum vorstellbare Gefilde. Es verwundert also kaum, dass diejenigen, die das Geld mit Fussball verdienen sich einen sauberen Sport wünschen. In deren Augen negative Auswüchse sind auszumerzen. Es werden Unterscheidungen zwischen echten und – naja – nicht Fans getroffen. Was früher als Emotion angesehen wurde gilt heute als Verbrechen. Als Ergebnis hiervon hagelt es immer mehr Verbote und Beschränkungen. Und davon können wir in München ja ein Lied singen. Zäune links und rechts eines winzigen Stehplatzblockes. Ein Zaun nach vorne. Ein Netz darüber. Immer wieder Ärger mit Vereinsangestellten und auch Polizei wegen Nichtigkeiten. Dann die Einstellung von Herrn Professor Salewski als – Ja, als was eigentlich? Dazu drei Fanbeauftragte und ein neuer Sicherheitschef. Hochsicherheitstrakt Fankurve.

Es verwundert also kaum, dass in unserer Kurve die Stimmung – auch wegen der Heterogenität der Kurve selbst – bescheiden war und die Lust zum anfeuern immer geringer wurde. Wir haben es geschafft, uns durch die ganzen äußeren Einflüsse immer weiter runterzuziehen. Wir haben uns selbst den Spass genommen. Depression nennt man das weitläufig. Doch, und nun komme ich zum Kern dieser Sätze: es interessiert mich nicht mehr. Megaphonverbot? Drauf geschissen. Fahnenverbot? Drauf geschissen. Trommelverbot? Drauf geschissen. Auflagen? Drauf geschissen. Staatliche Repression? Drauf geschissen. V-Leute? Drauf geschissen. Vereinsangestellte, die uns am liebsten weghaben wollen? Drauf geschissen. Das falsche Lied da, das falsche Lied hier? Drauf geschissen. Zu kalt? Drauf geschissen. Zu warm? Drauf geschissen. Immer nur Ausreden! Ausreden! Ausreden! Drauf geschissen. Den Blick neidvoll in andere Kurve gesetzt? Drauf geschissen. Ich kann das alles nicht mehr hören. Es langt.

Leute, wir alle haben es in der Hand. Jeder Einzelne von uns denn jeder ist ein Teil der Kurve. Jeder von uns ist ein Teil der Stimmung. Deswegen können und werden Ausreden nicht mehr zählen. Was zählt sind wir alle. Zieht endlich diesen verdammten Stock aus dem Arsch und geht ab. Schaut den Singenden nicht mit Elefantenaugen zu. Nehmt euch ein Beispiel und macht mit. Come On, Feel The Noise. Singt und feiert als wenn es der letzte Tag auf Erden wäre. Als wenn es kein morgen mehr gäbe. Lasst uns gemeinsam Spass haben. Einfach loslassen. Durchdrehen. Abdrehen. 90 Minuten Hirn ausschalten. Freak Out. Schwenkt die Fahnen im Wind. Springt bis euch schlecht wird. Schreit so laut ihr könnt. Singt mit Stolz in der Brust. Denn wir sind München. Südkurve München. Und der Rest kann uns am Arsch lecken. Denn München rockt!

Geschrieben von einem, der viel zu alt ist um aufhören zu können.