Auch wenn Hannover als graue Maus der Bundesliga verschrien ist, fährt man als Auswärtsfan dort ja eigentlich immer recht gerne hin. Schöner Gästeblock im Oberrang, der der Stimmung in den seltensten Fällen abträglich ist.
Allerdings bestätigt Hannover in anderer Hinsicht zur Zeit leider wiederum völlig das Klischee des langweiligen, biederen Vereins. Im weiten Rund des Niedersachsenstadions herrscht abgesehen von rockenden Gästefans nämlich ziemlich tote Hose. Der Grund hierfür ist relativ einfach und dürfte soweit eigentlich auch bekannt sein. Präsident Martin Kinds jahrelange Fehde mit und Kampagne gegen die aktive Fanszene zeigt Wirkung. Seit Beginn dieser Saison bleiben unter anderem die Ultras Hannover den Heimspielen der ersten Mannschaft fern und vergnügen sich notgedrungen bei den Amateuren. Die Fangruppen, die auch weiterhin primär der ersten Mannschaft folgen, tun das schweigend und genießen einfach das Spiel bzw. im Falle der seit dem 16. Spieltag sieglosen 96er muss man wohl eher von „verfolgen das Spiel“ sprechen. Auf jeden Fall gefiel das dem Martin Kind wohl auch nicht und so langsam wurde ja auch ganz offenbar, dass er sich ein Eigentor geschossen hatte. Die meisten von Euch dürften mitbekommen haben, dass er versuchte, sich durch einen offenen Brief an die verbliebenen Stadiongänger aus dieser Misere herauszulavieren. Ja, die alten Gruppen seien weg und ja, das wäre schlecht für Stimmung, aber schlechte Stimmung hätte man ja jetzt auch genug gehabt, weshalb sich doch bitte mal neue Gruppen bilden sollen. Kann denn nicht mal einer an die Kinder … äääähhhh… gemeinsamen Ziele denken?
Wer die letzten Jahre in München ordentlich aufgepasst hat, den wird dieser Brief ein wenig an die „Neue Leute, neue Lieder- Rhetorik“ eines Herrn Salewski erinnern. Wie wurde das Problem bei uns damals gelöst? Nun ja, erstmal wurde Salewski aufs Abstellgleis verfrachtet. Welche Lehre ziehen wir für Hannover daraus? Ganz genau: Kind muss weg!
Das forderte dann der Gästeblock zusammen mit Teilen des Heimanhangs auch. Ein Spruchband zum Thema fiel allerdings zum größten Teil den peniblen Kontrollen des Ordnungsdienstes zum Opfer. So dass am Ende nur die „Kind muss Weg“ Fahne des Inferno und ein einzelner Spruchbandteil den Weg ins Stadion fand.
Bereits im Vorfeld genehmigt war hingegen die Choreo des Inferno mit einer kleinen Blockfahne mit Kindl, historischem Vereinslogo und einem Old-School-Fußball sowie Folien in den Stadt- und Vereinsfarben.
Die Mannschaft zeigte sich erstmal leider nur mäßig beflügelt und scheiterte an engagiert und geschickt verteidigenden HSV’ern. Zumindest geschickter als unsere Abwehr um die 25. Minute rum, die Kiyotake zuviel Raum bot und wir uns mal wieder in Rückstand wiederfanden. Durch eine Einzelaktion gelang zwar beinahe postwendend der Ausgleich, als sonderlich prickelnd bleibt die erste Hälfte aber sicher niemand in Erinnerung.
Da war es auf den Rängen schon besser. Zwar nicht überragend die erste Hälfte, aber doch durchaus eingängig. Als kleines Highlight darf man dann aber die ersten zwanzig Minuten des zweiten Durchgangs betiteln. Mit dem neuen Lied wurde ordentlich einer aufzelebriert und sehr schnell große Teile des Blocks mitgerissen. Gassenhauerpotential scheint also vorhanden. Vor allem dürfte das Lied ja für jeden Gusto was bieten, viel Text und eine schöne lalala-Passage, in die man sich ordentlich reinsteigern kann. Werden wir die nächsten Wochen sicher weiter dranbleiben und schauen, dass es fest ins Kurvenrepertoire aufgenommen wird. Mit ebtablierteren Liedern wurde der Rest der Spielzeit dann aber auch weiterhin gut über die Bühne gebracht. Mittlerweile trug die Mannschaft – vielleicht mit minimaler Hilfe des Schiri – auch ihren Anteil dazu bei und wir waren dank zweier Müller-Tore auf der Siegerstraße, was sich auch bis zum Ende nicht mehr ändern sollte.
Ein riesiges Dankeschön bleibt noch zu sagen an zwei große Delegationen aus Bochum und Jena. Richtig cool, dass ihr mit so vielen Leuten dabei wart.