Aus der Traum von der Titelverteidigung – noch bevor Schiri Proenca das Spiel endgültig abpfiff, hatten wir alle Hoffnung fahren lassen müssen. Zu gut waren diesmal die Königlichen für unsere Mannschaft, der nun aber wirklich keiner böse sein braucht. Wir haben 38 Spiele am Stück im Europapokal absolviert, haben letztes Jahr eine traumhafte Wembleynacht verleben dürfen und auch wenn es vor zwei Jahren nicht mit dem Triumph in München geklappt hat, dürfte sicher jeder, der dabei war, bis an sein Lebensende das Elfmeterschießen von Madrid in Erinnerung behalten. Dazu noch der erste europäische Supercup in der Vereinsgeschichte, eine traumhafte Woche in Marokko und zwei nahezu perfekte Bundesligasaisons in Folge. Fanherz, was willst Du denn noch mehr?
Wir wollen hier deshalb auch nicht einstimmen in das Klagelied vieler, die schon wieder tausend Schwächen bei Trainer und Mannschaft entdeckt haben. Sicher gibt es Defizite, wie bei jeder Fußballmannschaft und ganz sicher hatte Real in den beiden Spielen gegen uns ein paar weniger davon, sonst hätten wir jetzt schon den Bus nach Lissabon organisiert. Aber es wird doch mittlerweile niemand schon so verwöhnt sein, dass eine Saison mit einem Titel, einer Finalteilnahme (+ möglichem Titel) und einem Europapokalhalbfinale nicht als riesiger Erfolg angesehen wird. Man sollte sich vielleicht mal dran erinnern, dass wir nach dem Triumph im San Siro für neun Jahre gar nicht mehr im Halbfinale standen und erst seit 2010 wieder ganz, ganz oben in Europa mitmischen.
Bevor wir uns also grämen, kann man dieser Mannschaft wirklich mal Danke sagen für die gebrachte Leistung. Und wenn man sich dann unbedingt noch ärgern will, sollte man auch mal kurz darüber nachdenken, dass wir auch auf das, was die Kurve geleistet hat, durchaus stolz sein können. In einem Kraftakt wurde erstmals nach vier Jahren innerhalb kürzester Zeit wieder eine Ganzstadionchoreographie auf die Beine gestellt. Um die 100 Helfer waren teils bis tief in die Nacht am Folien auslegen. Beim Einlaufen der Mannschaften entstand dann ein wunderbares Bild, das uns sicher ebenfalls noch lange in Erinnerung bleiben wird. Vielleicht hätte das Bild noch etwas geschlossener gewirkt, wenn man die Folien erst etwas später hochgehalten hätte. Das ist zwar ein wenig Rühren nach dem Haar in der Suppe, aber man will die eigenen Ansprüche ja auch ständig nach oben schrauben. Auf die Schulter klopfen dürfen sich natürlich trotzdem alle, die an der Choreo mitgewirkt haben.
Danach begann eines dieser seltenen Spiele, wo sich weite Teile des Stadion berufen fühlten, der Mannschaft akustisch Rückhalt zu bieten. Fußballstimmung im ganzen Rund und nicht nur im Süden und in kleinen Teilen des Nordens. Die beiden Ramos-Kopfbälle trafen natürlich wie ein Knock-Out Punch, aber trotzdem ging die Kurve diesmal nicht zu Boden, sondern es wurde bis zum Schluss weiter vernünftig angefeuert und sich somit würdig aus Europa verabschiedet.
Dass ab Mitte der zweiten Halbzeit ein wahrer Pilgerstrom in Richtung Parkhaus einsetzte, ist wohl einfach Teil der Fröttmaninger Fußballrealität, an die wir uns zwar schon gewöhnt haben, von manchen Ausprägungen aber dann doch wieder kalt erwischt werden. Wir sind sicher keine Freunde von Starkult oder einer Überhöhung der Mannschaft und können es sicher verstehen, wenn sowas passiert, wenn die Mannschaft über Wochen indiskutable Leistungen bringt. Aber es ist doch einfach eine Frage des Respekts gegenüber Sportlern, die jetzt über Jahre Topleistungen gebracht haben, dass man zumindest wartet, bis das Spiel vorbei ist. Wenn man das in aller Stille tun will, anstelle die Erfolge der letzten Jahre zu feiern, ist das natürlich vollkommen okay, aber einfach gehen? Dafür gibt es von unserer Seite kein Verständnis.
Wie gesagt, so ist sie eben die moderne Fußballwelt. Daumen hoch für alle, die die rot-weißen Farben im Herzen tragen und bis zum Schluss für sie gesungen haben.
Nächstes Jahr sind wir wieder da!
Bilder vom Halbfinalrückspiel gibts hier zu sehen.
Außerdem gibts auf suedkurve-muenchen.org auch ein Video von der Choreographie.