Wenn Du Donnerstagnachmittag mal kurzzeitig am abkotzen bist, dann hat Dir Dein Chef entweder grade erzählt, dass Du am Wochenende unbedingt in die Arbeit kommen musst oder Du bist Fan vom FC Bayern und schaust Dir die Auslosung zur Gruppenphase im Europapokal an. Das fünfte Mal in fünf Jahren nach Manchester, wieder zu CSKA und die Roma ist zwar an sich ein cooles Los, aber in Topf 4 hätten auch noch größere Schmankerl gewartet. Und obwohl diese Gruppe schon harter Tobak war, kam es am nächsten Tag noch dicker. Da flimmerte nämlich die Meldung vom Geisterspiel in Moskau über das Handydisplay. Kacke, das hatte keiner mehr auf dem Schirm gehabt.
Wir hatten ja schon im Spielbericht zu unserer letzten Begegnung erwähnt, dass wir überhaupt nichts von Zuschauerausschlüssen halten. Damit wird man das Problem des Rassismus in einer Gesellschaft sicher nicht lösen, man schafft es damit lediglich, sich als Verband selbst nicht mehr mit diesem Phänomen auseinandersetzen zu müssen. Am Denken der Menschen ändert man nichts, bestärkt sie sogar eher noch in ihrer „Alle gegen uns“-Haltung. Noch weniger Verständnis haben wir natürlich dafür, dass die Fans des FC Bayern für irgendwelche Nazi-Kacke bestraft werden. Der Club Nr. 12 hat die UEFA-Verantwortlichen deshalb zu einem Gespräch eingeladen, um nach einer Lösung für den Bayern-Anhang zu suchen. Die UEFA ging nicht nur nicht auf das Angebot ein, sondern verbot gleichzeitig unter Sanktionsandrohung noch zwei angemeldete, harmlose Spruchbänder, mit der die Problematik thematisiert werden sollte. Genauer könnt Ihr die Chose auf der Facebook-Seite des Club Nr. 12 nachlesen.
In der umgebauten Südkurve, wo die neuen Sitze heute absolut überzeugen konnten und wesentlich angenehmer waren als die alten Designerteile, tauchte zu Spielbeginn dann trotzdem drei Aufforderungen an die UEFA auf, uns Fans zu respektieren. Dies rief in Sekundenschnelle den Ordnungsdienst auf den Plan, der ohnehin schon den ganzen Spieltag absolut scharf auf alles war, was einem Spruchband nur im entferntesten ähnelte. Wir verstehen ja schon, dass die Verantwortlichen Schaden vom Verein abhalten wollen, aber ein derart vorauseilender Gehorsam ist dann doch zu viel des Guten. Was hätten die UEFA-Beobachter denn angesichts dieser harmlosen Botschaften sagen wollen? Na gut, die UEFA schafft’s auch, einen kleinen irischen Verein zu 18.000 Euro zu verknacken, weil ein einzelner Fan im Stadion eine Palästina-Fahne schwenkt. Eine Fahne, die sicher auch bei den Spielen des von der FIFA anerkannten palästinensischen Fußballverbands öfter zu sehen ist. Eigentlich verrückt und es lässt – so ehrlich müssen wir sein – darauf schließen, dass die UEFA auch vor weiteren Verrücktheiten nicht zurückschreckt. Trotzdem sollte der FC Bayern in so einer Angelegenheit nicht so schnell vor dem Verband kuschen. Ohne die Vereine ist die UEFA nämlich nichts und die Vereine zu einem gewissen Teil einfach selbst schuld, wenn sie sich dem Diktat der UEFA immer wieder beugen.
Damit aber vorerst genug zu diesem Thema, Fußball wurde ja heute zum Glück noch vor Zuschauern gespielt. Und nach langer Zeit haben sich diese mal wieder einen ganz großen Daumen nach oben bei einem Vorrundenspiel in der europäischen Königsklasse verdient. Waren Europapokalheimspiele in den letzten Jahren vor dem Viertelfinale immer richtig lahme Veranstaltungen, zog die Kurve heute quasi die kompletten 90 Minuten voll durch. Einklatschen über drei Ränge? Null Problemo! Hüpfeinlagen von Eckfahne zu Eckfahne? Aber gerne doch! Lieder laut singen? Wird erledigt! Liebe Leute, genau so präsentieren wir unsere Kurve europapokalwürdig. Das war ein richtig guter Abend für die Südkurve, der im ersten echten Torjubel dieser Saison einen späten und verdienten Höhepunkt fand. Ein Bravo an die Südkurve und auch ein Bravo an die Mannschaft, die sich viele gute Chancen gegen die Citizens erspielt hatte und durch den Treffer von Jerome Boateng für eine starke Leistung belohnt wurde. Der ehemalige Schwiegersohn von Diego Maradonna hatte dann zwar nochmal den Ausgleich auf dem Fuß, aber glücklicherweise ist sein Fuß wohl nicht ganz so fein justiert wie der des Vaters der früheren Gemahlin.
In der Südkurve wurde heute aber nicht nur den Spielern applaudiert, die den Sieg errangen, sondern auch jemand, der heute nicht auflaufen konnte. Die Leidensgeschichte von Holger Badstuber nimmt kein Ende und wir wollten ihm zeigen, dass er auf seinem Weg immer mit der Unterstützung der Fans rechnen kann: „Und wenn Du fällst, helfen wir Dir wieder auf – Immer weiter, Holger“ stand weiß auf rot auf den Rängen zu lesen und bezeugte gemeinsam mit lauten Sprechchören unsere Verbundenheit mit einem sympathischen Spieler. Auch auf diesem Weg wünschen wir nochmal eine schnelle Genesung und freuen uns, Holger bald wieder auf dem Spielfeld zu sehen.
Einen traurigen Anlass für ein weiteres Spruchband gab der Tod eines Bekannten aus Hamburg von der Breitseite Sankt Pauli. Ruhe in Frieden Michel.
Eigentlich müsste der Spielbericht hier enden, denn vor dem Tod eines Menschen verblassen eh alle anderen Dinge zu Nebensächlichkeiten. Gleichzeitig fordert die Schnelllebigkeit unserer Zeit im Allgemeinen und des Fußballgeschäfts im speziellen trotzdem, sich immer ständig mit einer Vielzahl an Themen parallel zu beschäftigen, so dass die Besinnung aufs Wesentliche oftmals zu kurz kommt. Das Thema, das die Vorbereitungen für diesen Spieltag prägte, war, wie eingangs ausführlich erläutert, das Geisterspiel in Moskau. Hierzu gab es in der zweiten Hälfte nochmal ein Spruchband von uns und MRP, dass die UEFA daran erinnern sollte, sich auch mal selbst an ihren eigenen Worten zu messen: „Die UEFA setzt sich dafür ein, dass die Bedürfnisse und Standpunkte der Fans ernst genommen werden – www.uefa.com“ Wer’s glaubt.
Wir sehen uns in Moskau. Südkurve München!
Bilder vom Spiel gegen Manchester findet Ihr hier.