FC Bayern – Hamburger SV 5:0

Wenn der HSV zum Bundesligaauftakt in Fröttmaning gastiert, dann muss man fast neidisch auf die Vertreter der etablierten Medien werden, die hatten nämlich schon vor dem Spiel reichlich Gelegenheit, die besten Wortspiele und Witze über den Verbleib des selbsternannten Dinos in Deutschlands höchster Spielklasse zu machen. Dabei verblüffte ja eigentlich schon die deutschlandweite Grundstimmung vor dem Spiel. Unglaublich viele Menschen wünschten sich einen möglichst hohen und vernichtenden Bayernsieg. Dass man das nochmal erlebt, eigentlich hätten die Verantwortlichen beider Vereine vor dem Spiel einen Staffelstab weitergeben können. Der FC Bayern ist nicht mehr der unbeliebteste Verein Deutschlands. Diese Rolle übernehmen jetzt die Hamburger.

Für uns brechen damit eher langweilige Zeiten heran, vorbei die Tage in denen wir selbst in den gängigen Wohlfühloasen der Bundesliga wie Mainz oder Freiburg von geifernden, zähnefletschenden Heimrentnern beschimpft wurden. Stattdessen gibt’s jetzt Respekt für die tolle sportliche Leistung. Da kommt dann wiederum Neid auf den HSV hoch, der sich auf Pöbelarien und undifferenzierten Hass in allen Stadien der Republik einstellen darf – die Glücklichen.

So wehmütig man werden mag, so schnell gibt’s aber auch für den Bayernfan wieder einen Knüppel zwischen die Beine. Durch die sozialen Medien ist ja heute jeder immer mit dem Ohr am Puls der Zeit und hat mitbekommen, dass der Brandschutzbeauftragte wenig Verständnis dafür hatte, dass Styroporplattenhersteller ihre Produkte nur auf Brandsicherheit beim Hausbau, nicht aber bei der Verwendung in Choreographien testen. Deshalb untersagte er in bester bürokratischer weltfremder Selbstverständlichkeit eine bereits vorbereitete Abschiedsaktion für Bastian Schweinsteiger.

Man nimmt zur Kenntnis, ärgert sich über investierte Arbeitsstunden, aber weiter geht die wilde Fahrt.
Heute schon etwas vor dem Spiel mit einer kurzen Begrüßung der Aufstiegsmannschaft von 1965, die anlässlich der 50. Bundesligasaison des FC Bayern eine kleine Ehrenrunde auf dem Rasen drehte, bevor sie Platz machen musste für etwas, das man euphemistisch als Großen Bundesliga-Zirkus bezeichnen könnte. Gibt es denn irgendeinen Menschen, der Gefallen an diesen seltsamen Eröffnungsritualen bei Fußballspielen findet? Versteht die DFL nicht, dass 99% der Fußballfans so eine Show absolut lächerlich finden?

Gut, das muss man der DFL einräumen, allzu viel von Fans scheint sie nicht zu verstehen bzw. sie hat einfach sehr wenig für sie übrig. Anders lässt es sich ja kaum erklären, dass sie nach zwei, drei Jahren in denen von der Bedeutung der Fans für den Fußball und von Entgegenkommen gesäuselt wurde, eine der fanfeindlichsten Veränderungen der Bundesliga in ihrer Geschichte in Angriff nehmen will, nämlich die Einführung des Montagsspiels. Ein erstes Spruchband, ein erster Hinweis, dass man mit einer weiteren Aufsplittung des Spieltags die Fanseele zum Brodeln bringt. Da wird aber noch mehr auf die Verantwortlichen zukommen…

Die Südkurve startete sehr gut ins Spiel. Der Mob hatte wohl wirklich Bock auf die neue Saison und so wurde auf den guten Auftritt in Karlsruhe nochmal eine ordentliche Schippe draufgelegt. Ein guter Mix aus älteren und neuen Liedern durchmischt mit Hüpf- und Klatscheinlagen, wobei besonders das „Wenn ich nachts nicht schlafen kann“ für Ramba Zamba im Block sorgte. Das hat richtig gefetzt. Ein Highlight war definitiv auch der „Wir sind Bayern“ Wechselgesang, der zweimal von einem Tor unterbrochen wurde und bei dem auch mal die Nordkurve miteinbezogen wurde. Etwas, das man in Zukunft auf jeden Fall beibehalten sollte.

Während sich auf dem Feld das erwartet klare Spiel entwickelte, gaben die Gruppen der Südkurve noch zu verschiedenen Themen ihre Meinung. Den Anfang machte Red Fanatic mit einem Spruchband an den HSV: Was habt Ihr hier zu suchen? Relegationsspiele abschaffen! Während wir uns wie gesagt die erste Frage alle irgendwie stellen, kann man als Fußballfan über die Relegationsspiele zumindest zweierlei Meinung sein. Das Inferno schickte Grüße an von Stadionverboten und anderen Repressionen betroffene Freunde. „Stark bleiben, Jungs – Freiheit für Ultras“ . Auch RFM wandte sich nochmal an einen Kollegen vor den Stadiontoren und zeigten dazu eine große Version ihrer SV’ler Fahne. „Hungrig bleiben, Benne“.

Auch für uns war staatliche Repression ein wichtiges Thema an diesem Freitag Abend. Bereits im Bericht zum Pokalspiel haben wir Euch von Valentin aus Bremen erzählt, der momentan in U-Haft sitzt, weil er sich gegen Angriffe von Rassisten und Faschisten zur Wehr gesetzt hat. Ganz klar geht es hier um eine Machtdemonstration der Exekutive, um die antifaschistische Szene in Bremen einzuschüchtern. Stichhaltige Gründe um Valentin weiter in U-Haft zu behalten gibt es nicht. Ähnlich gelagert ist die Sache bei Paul in München. Er wurde bei einer Anti-Pegida Demo festgenommen, weil er angeblich eine Fahne mit sich geführt hat, die ihm als Waffe ausgelegt wird und er somit gegen das Versammlungsgesetz verstoßen haben soll. Sollten Gerichte das genauso werten, wird er vermutlich mit einer Geldstrafe zu rechnen haben. Trotzdem sitzt er seit Wochen in Untersuchungshaft, da Staatsanwaltschaft und Amtsrichter davon ausgehen, dass erhöhte Fluchtgefahr besteht. Auch hier werden fadenscheinige Argumente vorgebracht, um gegen linke Aktivisten vorzugehen. Gleichzeitig brennen in Deutschland Flüchtlingsunterkünfte und Übergriffe von Nazis auf Geflüchtete und Leute, die sich für sie einsetzen, häufen sich.

Gleichzeitig geht der Staat gegen die Leute vor, die sich gegen Nazis und ihre Umtriebe engagieren. Polizei, Politik und Staatsanwaltschaft berufen sich dabei gerne auf die freiheitlich, demokratische Grundordnung (FDGO), die sie zu behüten hätten und vor rechten wie linken Extremisten schützen müssten. Sie stellen sich das politische Spektrum als eine demokratische Mitte und antidemokratische extremistische linke und rechte Ränder vor. Dabei werden die Vorstellungen von Nazis, die Menschen aufgrund bestimmter Merkmale hassen und aus der Gesellschaft ausschließen wollen, genauso eingeordnet wie der Wunsch nach einer gerechten Gesellschaft in der möglichst jeder gleichberechtigt und angstfrei leben können soll. Diese eindimensionale und verkürzte Sichtweise der Politik dient als Rechtfertigung um gegen alles vorzugehen, was nicht in die Weltsicht bestimmter Personen passt oder ihre Machtstellung gefährdet. Menschen, die sich für eine Welt ohne Ausgrenzung aussprechen, werden hierdurch schnell zu Kriminellen deklariert.
Wir fragten deshalb „Nazis hofieren – Antifaschismus kriminalisieren – Ist das Eure FDGO – Free Valentin“ und „U-Haft für Protest gegen Rechtsradikale? – Freiheit für Paul“

Ein ungewöhnlich langer Exkurs, aber einer, der aufgrund der momentanen Situation auch einfach mal nötig war.

Um nochmal auf’s Spiel zurückzukommen, hatte man als Bayernfan heute natürlich aber auch genug Grund zum Jubeln. 5:0 Endstand, Müller-Doppelpack und ein mehr als gelungener Einstand von Neuzugang Douglas Costa – gerade in der zweiten Halbzeit war unsere Mannschaft ein echter Hingucker. Wenn Kurve und Mannschaft die Form auch die nächsten Spiele halten, dann werden wir in den kommenden Wochen jede Menge Spaß zusammen haben.

Abschließend noch ein Merci an die Freunde von USP, vom VfL Bochum und vom HSV-Bezwinger-Vorgänger FCC.

Hier gibt es die Bilder vom Hamburg-Heimspiel.