Auch wenn wir erst vor Kurzem dort gespielt hatten, war die Reise nach Rom sicher schon im Vorhinein das Highlight der diesjährigen Europapokalvorrunde. Eine „destinazione“, die den Fußball wie kaum eine andere verkörpert. Sportgeschichte wurde im Olympiastadion geschrieben und Ultras-Geschichte sowieso. Die Roma, ein Gegner, bei dem mit Il Capitano Francesco Totti eine der letzten großen Kultfiguren des europäischen Fußballs spielt und quasi schon immer gespielt hat. Eine Identifikationsfigur wie sie kaum ein anderer Verein dieser Größe, vor allem dieser Signifikanz vorweisen kann. Die Curva Sud, ein Mythos, um den sich viele Legenden ranken und wo man ehrlich gespannt war, wie er sich heute ob aller Einschränkungen und der schwierigen Situation nach dem italienischen Pokalfinale präsentieren würde.
Die ewige Stadt zeigte sich uns derweil auch von ihrer stereotypen Seite. Auf der einen Seite schöne Gassen und gutes Essen, auf der anderen ein Shuttle-Transfer von der Villa Borghese, der mit „unorganisiert“ noch euphemistisch umschrieben war und Einlasskontrollen am Stadion, die irgendwo zwischen inexistent und super-penibel lagen. Durch die gewisse italienische Lässigkeit fanden zumindest Trommel und Fahnenstangen den Weg ins Stadion.
Dann war man drin im großen weiten Rund. Wäre man Hellseher, hätte man noch kurz eine Torwette platziert und würde in der nächsten Winterpause wohl vom Strandhaus in der Karibik grüßen. Einfach unbegreiflich und unbeschreiblich,was unsere elf Roten heute wieder auf den Rasen zauberten. Unbegreiflich gut! Ein Ausrufezeichen an ganz Europa, an die ganze Welt. Die zweitbeste Mannschaft der Serie A wurde hinweggefegt, als hätte sie nur eine Statistenrolle in der großen FC Bayern-Show. Eine Demonstration auf allen Positionen – von der eins bis zur elf.
Das Spiel dürfte sich ja aber jeder in Ausschnitten nochmal zu Gemüte geführt haben. Wer in unserer Gazette blättert, wird jetzt statt einer kleinteiligen Analyse des Spielgeschehens sicher einen ausführlichen Kommentar zur Stimmung im Gästeblock erwarten und genau deshalb schreiben wir diese Berichte ja eigentlich auch – um einen Rückblick auf den Spieltag der Fans zu werfen. Aber was soll man nach einem solchen Tag groß berichten? Es war gut und vielleicht kann man es deshalb auch einfach dabei belassen, auf externe Einschätzungen zu verweisen. Der ein oder andere wird es ja im Internet bereits gelesen haben oder kann und sollte es spätestens in dem übersetzten Artikel in dieser Ausgabe tun, dass wir in Italien gerade über den grünen Klee gelobt werden.
Ganz so euphorisch wollen wir das Ganze aber nicht stehen lassen, denn zumindest zweierlei bleibt dazu zu sagen: Zum einen war Rom wirklich ein weit überdurchschnittlicher Auftritt von unserer Seite, beflügelt von einem sicher nicht alltäglichen Ergebnis auf dem Rasen. Wenn wir ehrlich sind, würde der Autor des Berichts sein überschwängliches Urteil wahrscheinlich wieder etwas revidieren, wenn er uns regelmäßig sehen würde. Rom hat somit also auch einen neuen Anspruch geschaffen, an dem wir uns in gewissem Maße messen lassen sollen. Rom hat aber auch gezeigt, welches Potential in unserer Kurve steckt und dass die Südkurve die Möglichkeit hat, als einer der Repräsentanten des FC Bayern viel Ehr‘ für unseren Verein einzuheimsen. Das sollte eigentlich für jeden Ansporn genug sein. Ganz davon abgesehen, dass es doch jedem mehr Spaß macht, wenn – wie in Rom – ordentlich Dampf auf dem Kessel ist und die Lieder lautstark daher kommen. Kann man jedes Spiel haben, wenn denn alle wollen.
Zum zweiten gab es aber aus unsrer Sicht heute auf den Rängen noch etwas Beeindruckenderes zu sehen, ganz einfach deshalb weil wir es aus München nicht kennen. Die Römer Südkurve zeigte an diesem Abend wieder einmal, warum wir jahrelang verträumt und auch mit Bewunderung über die Alpen blickten. Wunderten wir uns anfangs noch, wieso beim großartigen Vereinslied kaum Fahnen im Zentrum der Kurve geschwenkt wurden und auch die bekannten und so atmosphärischen Rauschschwaden eher am Rande der Curva dahinwaberten, zeigten die Romanisti zum Einlaufen eine wunderschöne Choreo in diesem schlichten Stil, den wir uns in der Vergangenheit immer wieder zum Vorbild genommen haben. Die Choreo blieb lange oben und viele Fähnchen erblickten mit zunehmender Spieldauer nochmal das Stadionlicht, als tausende Fans sie trotz uneinholbarem Rückstand wieder hervorholten und weiter ihre Roma besangen und beklatschten. Das muss eigentlich die Lehre sein, die wir aus diesem Spieltag mitnehmen können: Niederlagen mit erhobenem Haupt zu ertragen und – wie oben schon angesprochen – als Kurve den Verein repräsentieren und so die Niederlage auf dem Platz weniger schlimm machen. In der Kurve ging niemand merklich früher, es entstanden keine Lücken, die Fans standen weiter geschlossen hinter Verein und Mannschaft. Wenn wir ehrlich sind, ist das bei uns in dieser Masse leider noch unvorstellbar.
Der Abschluss des Berichts gehört dann den Personen, die nicht nur die Rom-Begegnung, sondern auch eine Menge anderer Spiele besonders machen. Erstmals in zwölf Jahren Schickeria waren alle befreundeten Gruppen mit einer Fahne bei uns präsent. Die Dankesliste fällt heute dementsprechend lange aus und es geht ein „Dankeschön“ an Ultras Bochum, Ultra‘ Sankt Pauli, Horda Azzuro Jena, Ultramarines Bordeaux, Brigate Rossoblu Civitanova und an Ultras Samb.
Die Bilder vom Spiel in Rom gibts hier zu sehen.