Das ist ja mal eine Frechheit gewesen. In der Arbeit geht freitags der Blick ja ohnehin immer zur Uhr, zum Fenster, zur Uhr, zum Fenster, und so weiter. Herrscht draußen eitel Sonnenschein, vergehen die Minuten noch quälend langsamer. Kaum hält man dann die Stempelkarte hin, verschwört sich der Himmel und pünktlich zum Treffpunkt am Busparkplatz fängt es zum pissen an. Dabei war doch heute sogar Geburtstagsfest.
Deshalb hatten einige Jungs und Mädels aus der Südkurve die Zeit auch nützlicher als mit stupider Lohnarbeit verbracht und waren nach mehreren Wochen Vorbereitung auch am Freitag schon ab dem Vormittag am werkeln, um alles für die Choreographie zum 115. Vereinsjubiläum in Position zu bringen. Danke schon mal dafür. Die unzähligen Arbeitsstunden waren wirklich gut investiert, denn von ein paar kleinen Schönheitsfehlern abgesehen, zeichnete sich in der Südkurve ein schöner Stammbaum unseres Vereins, der die wichtigsten Stationen der Vereinsgeschichte abbildete, ab. Umrahmt wurde er von einem Ausspruch von Franz John, den er anlässlich des 3. Jahrestags der Gründung unseres Vereins getätigt haben soll: „Das Samenkorn, das wir gesät haben, ist herrlich aufgegangen.“
Wäre er noch am Leben gewesen, hätte er diesen Satz beim Verfolgen der ersten Spielminuten sicher nochmal wiederholt. Wie von einer Dampfwalze wurden die Kölner in den ersten Minuten überrollt. So stand es schon nach 10 Minuten absolut verdient 2:0 und man erwartete, dass der Abend seinen gewohnten Gang gehen würde. Da unsere Elf aber etwas Tempo rausnahm und die Geissböcke sich deutlich steigerten, wurde die Partie zwischenzeitlich nochmal ziemlich spannend. Erst Arjens Robbens 3:1 in der 67. Minute sorgte für halbwegs klare Verhältnisse. Ab da lief der Laden dann auch wieder. 4:1 am Ende gegen sich tapfer wehrende Domstädter.
Genauso erfreulich, dass sich die Südkurve heute wieder akustisch besser präsentierte als bei den vorherigen Heimspielen. Gerade die ersten 25 Minuten haben richtig Lust auf mehr gemacht. Da können wir die nächsten Spiele definitiv dran anknüpfen.
Weniger rosig sieht es derzeit auf der Gegenseite aus. Nach dem Platzsturm in Gladbach hatte der 1. FC Köln zum großen Schlag ausgeholt und kurzerhand eine ganze Ultrasgruppe zur Persona Non Grata erklärt. Da sind dann selbst Leute betroffen, die nachweislich nicht mal in Gladbach vor Ort waren. Und wer in Gladbach war, aber gar nichts verfängliches getan hat, darf sich in der Arbeit vielleicht trotzdem schiefe Blicke zuwerfen lassen, denn der 1. FC hat durch die Veröffentlichung von Aufnahmen der Kurve, jeden der auf diesen Bildern zu sehen ist, stigmatisiert. Schön dumm, wer sich nicht vermummt hatte, denn genau diejenigen sind durch diese versuchte öffentliche Bloßstellung die Dummen. Dementsprechend gab es von uns das Spruchband: „Online-Pranger? Kollektivstrafen? Karneval ist vorbei, der FC bleibt jeck“ Wenn wir nicht ganz falsch gewickelt sind, kann man jeck im Rheinland auch als Synonym für „bekloppt“ verwenden. Und eben genauso beurteilen wir die undifferenzierte Reaktion der Kölner Verantwortlichen. Die Fans des FC forderten kurz darauf und für den Rest des Spiels mit einem großen Spruchband „Kollektivstrafen aufheben“.
Ein zweites Spruchband ging an einen unserer Bochumer Freunde und langjährigen Wegbegleiter, „Forever Fanatic – Forever Ultra!“ Nach der Halbzeit warfen wir dann wieder einmal einen Blick über den Tellerrand. Da die rechten Spinner in München einen überschaubaren Zulauf hatten und es von Beginn an ein breites Bündnis gegen den Möchtegern-Montagsauflauf der selbsterklärten Kulturwahrer bildete, war es für uns nicht sonderlich dringend, nochmal im Stadion darauf hinzuweisen, dass wir keinen Bock auf Pegida, Bagida und alle anderen, die was von einer Islamisierung fabulieren, haben. Heut war uns dann aber irgendwie doch noch danach. „’Wir sind das Volk‘? – Wohl eher Nazis und Rassisten im Schafspelz – NO Bagida“. Ein paar Minuten später war dann thematisch wieder ein reines Fußballthema angesagt. Wir haben ja schon im Bericht zum Hamburg-Spiel einige Worte zu den Plänen der DFL bezüglich einer weiteren Spieltagszerstückelung geschrieben und werden uns zu dem Thema sicher nochmal ausführlicher äußern. Denn die Pläne der DFL sind ja nochmal wesentlich konkreter geworden. Ganz nüchtern stellten wir aber erstmal fest: „Gegen eine weitere Spieltagszerstückelung – für fanfreundliche Anstoßzeiten!“
Ein letztes Spruchband gab es dann noch an diesem Abend und es wäre jedem lieber gewesen, wir hätten es nicht zeigen müssen. Im Donezk-Spielbericht hatten wir schon erwähnt, dass es leider einen weiteren Todesfall im allerengsten Umfeld unserer Gruppe gab. Am Freitagabend verabschiedeten wir uns noch einmal: „Du bist und bleibst unsere Sektionsmama – deine Familie ist bei uns in guten Händen“.
Den abrupten Themenwechsel sollte man als Spielberichtschreiber eigentlich aus dem Effeff beherrschen, aber manchmal funktioniert es aber auch nicht. Nach dem Spiel trafen sich über 2000 Leute zur Geburtstagsfeier im Backstage. Die Party war diesmal beinahe komplett von der Fanszene organisiert und so lief vielleicht das ein oder andere etwas chaotischer ab, als wenn Profis die Aufgaben erledigen. Am Ende dürfte aber doch fast jeder auf seine Kosten gekommen sein. Ein großes Dankeschön geht noch an die Jungs von den Bayern Amateuren, die der Veranstaltung einen Besuch abstatteten. Richtig cool, dass ihr da wart. Ansonsten bedanken wir uns natürlich noch bei der Backstage-Crew für die Location und ganz besonders für die logistische Unterstützung. Der letzte Gruß geht an die Bochumer Jungen, die direkt nach dem Heimspiel gegen Frankfurt in Richtung Süden aufbrachen, um noch ein paar Stunden mit uns zu verbringen.
Bilder vom Heimspiel gegen Köln und von der Geburtstags-Party gibts hier.