Ein jeder hat auf dieses Los, wenn nicht gehofft, dann doch gewartet. Ein jeder wollte wissen, wie gut unsere Mannschaft wirklich ist. Gegen welche Mannschaft könnte man das besser überprüfen als gegen die nach landläufiger Meinung beste Equipe der Welt.Im Vorfeld dieser magischen Europapokalnacht baute sich allerdings leider nicht nur eine immense sportliche Spannung auf, sondern es rumorte auch anderweitig. Nachdem der ClubNr.12 mit Verweis auf eine Abstimmung im Südkurvenrat seine Choreopläne für dieses Spiel ad acta gelegt hatte, zeigten die Verantwortlichen beim FC Bayern kurzerhand, was sie von einer unabhängigen, selbstorganisierten Fanszene halten: Gar nichts. Wenn die Fans ein marketing-technisch ausschlachtbares Spektakel inszenieren, dann wird ihnen dafür mit zwei Sätzen auf der Homepage ein wenig das Popöchen gepudert. Wollen sie aus welchen Gründen auch immer auf die Inszenierung verzichten, nimmt man einfach Geld in die Hand und macht die Entscheidung der Leute nichtig. Gerade diesmal, wo natürlich zweifelsfrei die Unzufriedenheit von Teilen der Fans mit der Politik des Vereins bezüglich der Kurve ausschlaggebend für ein Votum gegen eine Choreo war, finden wir das besonders schäbig. Es wird dann eben einfach jene „Schöne, heile Welt“ vorgespielt, die per Spruchband angedeutet wurde.
Da ein Europapokalhalbfinale trotz der Erfolge der letzten Jahre beileibe noch nichts alltägliches ist, wollten wir heute tiefer in die Trickkiste greifen und mit allen Leuten, die auch sonst die Blöcke 112/113 besiedeln, in die Kurve gehen. Die Spiele zuvor hatte man nach den Regeln gespielt, diesmal sollte es mit List in den Block gehen. Leider gelang es uns trotz intensiver Bemühungen nicht, eine signifikante Anzahl an Leuten in den Mittelblock zu schmuggeln. Natürlich wäre noch die Möglichkeit bestanden, sich gewaltsam Zutritt zur Kurve zu verschaffen, das war aber von Anfang an nicht intendiert gewesen. Dass heute allerdings hinter der Südkurve mehr Polizisten standen als anderthalb Wochen zuvor den Nürnberger Mottofahrerhaufen begleiteten, spricht auch schon Bände. Ab zehn Minuten vor Anpfiff standen diese dann auch direkt in den Eingängen zum Mittelblock, um auch ja jeden unerwünschten – weil kartenlosen – Eindringling aufzuhalten. Hier hoffte jemand auf den großen Showdown, den wir diesmal aber nicht lieferten. Bezeichnend, dass eines der emotionalsten Spiele von einzelnen Funktionären genutzt wird, um ihre Macht gegenüber den Fans zu demonstrieren.
Es blieb also nichts übrig als das Spiel wie gewohnt von anderen Plätzen im Stadion zu verfolgen. Und was für ein großartiges Spiel es war. Das große Barca hatte nicht den Hauch einer Chance gegen den FC Bayern. Die ganzen Details habt Ihr mitbekommen und werdet sie in den nächsten Jahren immer wieder über die Fernsehschirme flimmern sehen. Schon während des Spiels realisierte man so langsam, dass wir grade eine jener europäischen Sternstunden erleben, an die man sich noch in dreißig Jahren erinnern wird. Dann werden wir über den Muskelkrampf und das anschließende Tor von Thomas Müller ähnlich reden, wie der Papa und der Opa vom Ausgleich durch Katsche Schwarzenbeck und Uli Hoeneß‘ Sololauf zwei Tage später. Der Abend wird in einem Atemzug genannt werden mit der traumhaften Nacht, die wir 2001 im San Siro erleben durften. Hoffen wir, dass die Mannschaft unserem Verein in den verbleibenden beiden Spielen nach zwölf langen Jahren endlich wieder die Krone Europas aufsetzt.
Total euphorisiert trafen wir uns hinter der Südkurve wieder, es ging raus zu den Stadionverbotlern, es wurde gesungen und gefeiert. Es war ein Abend, der einen mit anderthalb fröhlichen und einem halben weinenden Auge zurückblicken lässt. So großartig der Fußball des FC Bayern ist, so traurig ist es auch, ihn nicht mit allen Freunden in der Kurve bejubeln zu können, bei einem Verein der sich einen Dreck um Entscheidungen seiner Fanorganisationen schert. Manchmal ist die Liebe halt doch ein seltsames Spiel. FC Bayern — We’re going to get the Cup!
Bilder vom Halbfinal-Hinspiel gibts hier.