Stellungnahme des Club Nr. 12 zum Bundesliga-Heimspiel des FC Bayern gegen die Werbemaßnahme RB Leipzig

Am kommenden Mittwoch bestreitet der FC Bayern sein letztes Bundesligaspiel vor der Winterpause und für viele Fans ist der Gegner an diesem Abend Anlass zum Ärger.

RasenBallsport Leipzig wird nicht erst seit der emotionalen Rede von Uli Hoeneß auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern von einem Großteil der Fußballfans „angefeindet“. Aber macht es tatsächlich Sinn, seinen Zorn an dem österreichischen Brausehersteller oder seinem fußballspielenden Werbeprojekt in Sachsen auszulassen?

Aus unserer Sicht trifft es die Falschen.
Wir alle leben in einer (mal mehr, mal weniger) sozialen Marktwirtschaft, und zumeist fahren wir im täglichen Leben ganz gut mit diesem System. Werbung und Marketing sind dabei wichtige Bestandteile. Insofern ist der Versuch von Red Bull, möglichst viel Aufmerksamkeit für seinen klebrigen Verkaufsschlager zu ergattern, vollkommen legitim und auch nicht unredlich.

Genauso aber haben Verbraucher und somit auch Fußballfans in unserem Land das Recht, der Werbeindustrie in gewissen Bereichen ihres Lebens einen Riegel vorzuschieben. So, wie jeder den Einwurf von Werbepost in den eigenen Briefkasten verweigern kann, dürfen auch die Freunde des Fußballsports für ihren Spielbetrieb Grenzen definieren, mit denen der Vereinnahmung durch die Werbung Einhalt geboten wird.

In der Theorie wurden auch von den Verbänden entsprechende Vorkehrungen getroffen. Im Jahr 1998 legte der DFB fest, dass im Falle einer Ausgliederung des Fußballbetriebsmindestens 50+1 der Stimmrechtsanteile an der entstehenden Gesellschaft beim Mutterverein verbleiben müssen. Ein externer Investor kann demnach keine Kontrolle über die Gesellschaft erlangen. Red Bull unterläuft diese Regelung, indem es den Verein kurzerhand selbst gegründet und gegen konzernfremde Teilhabe abgeschottet hat. Aufgrund verschiedener Zugangshürden ist es Personen außerhalb des Konzernumfelds de facto nicht möglich, dem „Verein“ als stimmberechtigtes Mitglied beizutreten, sodass der Organisation bis heute nur 17 stimmberechtigte Mitglieder angehören.

Die Satzungen des DFB, der DFL und des Sächsischen Fußballverbandes untersagen zudem ausdrücklich „Änderungen, Ergänzungen oder Neugebungen von Vereinsnamen und Vereinszeichen zum Zwecke der Werbung“. Im Laufe der Jahre mahnten Verbände auf verschiedenen Ebenen zwar die annähernde Deckungsgleichheit zwischen Konzern- und Vereinslogo an, letztlich reichten aber kosmetische Änderungen für die Lizenzerteilung.

Man kann davon ausgehen, dass die große Mehrheit der Fußballanhänger hinter diesen Regeln steht. Trotzdem schauen die Verbände tatenlos weg, wenn diese in einer Art und Weise ausgelegt werden, die kaum noch mit der eigentlichen Intention in Einklang zu bringen sind. Das Engagement des Getränkekonzerns zeigt die Ohnmacht der Verbände, ihre selbst aufgestellten Regeln wirksam durchzusetzen.

Absurderweise mehren sich nun Stimmen, die eine Abschaffung der 50+1-Regelung fordern. Eine Vorschrift abzuschaffen, weil ihre Durchsetzung Mühe bereitet oder vereinzelt dagegen verstoßen wird, erscheint aber ungefähr so sinnvoll wie das Streichen von Steuern, da man Probleme mit der Fahndung nach einzelnen schwarzen Schafen hat.

Gerade die Erfahrungen bei einem benachbarten Münchner Turnverein zeigen: Statt 50+1 zu beerdigen, wäre es im Sinne einer gesunden Entwicklung des Fußballs viel mehr angebracht, die 50+1-Regel zu verteidigen, Verstöße zu ahnden, Schlupflöcher zu schließen und Ausnahmeregelungen zurückzunehmen.

Naturgemäß wirken auf den Profifußball zahlreiche Interessen und Einflüsse von außen ein. Diese marktwirtschaftlichen Kräfte gilt es zu dosieren, in geordnete Bahnen zu lenken und an entscheidenden Stellen zum langfristigen Wohl der Sache einzuschränken, so wie dies in anderen gesellschaftlichen Bereichen durchaus selbstverständlich ist. Winken Verbände und Funktionäre externe wirtschaftliche Interessen einfach durch – sei es aus Berechnung oder aus Ohnmacht – so verlieren sie über kurz oder lang ihre Existenzberechtigung.

Als Rechtfertigung für das beschriebene Durchwinken des Leipziger Werbeprojekts von Seiten der Verbände wird häufig argumentiert (zuletzt auch von Mitgliedern unserer Vereinsführung), dass es der Gründung von RasenBall zu verdanken ist, dass die Fußballfans in der Region Sachsen wieder hochklassigen Fußball zu sehen bekommen. Dabei wird vergessen, dass jedem Aufsteiger auch ein Absteiger gegenübersteht. Das bedeutet: Mit jedem Retortenverein wie RasenBall, Hoffenheim, Ingolstadt, Wolfsburg und mit Abstrichen auch Leverkusen in der Bundesliga geht in einer anderen Region in Deutschland ein Bundesligastandort verloren. Für die nicht unerheblichen Fangemeinden in der Pfalz, in Franken oder Mecklenburg-Vorpommern sinken so die Chancen, ihre Traditionsvereine wieder in der 1. Liga zu sehen, immer weiter.

Und was die Fußballfreunde in Sachsen betrifft:
Wäre Red Bull tatsächlich am Fußball in der Region interessiert, hätte man mit einem gut dotierten Sponsorenvertrag z.B. bei Dynamo Dresden, einem Traditionsverein Flügel verleihen können, sodass auch die Dresdner mit hoher Wahrscheinlichkeit inzwischen im Fußballoberhaus angekommen wären. Aber diese Option stand wohl nie zur Debatte, da es Red Bull nicht primär um Fußball, sondern um die volle Kontrolle über eine Werbemaßnahme geht.

Die Verantwortung für die Entwicklung der Bundesliga, die bei vielen Fußballfreunden Ärger hervorruft, ist aber nicht im österreichischen Fuschl am See, in Leipzig oder bei den Anhängern von RasenBall zu suchen. Die Verantwortlichen sitzen in den Verbandszentralen in Frankfurt.

PS:
Wer trotzdem nach einer Möglichkeit sucht, um seiner Abneigung gegen das Projekt RB Luft zu machen: Einfach auf das beworbene Produkt verzichten und vielleicht auch seine Freunde und Bekannten von einem Verzicht überzeugen. Denn genauso unerbittlich wie Unternehmen ihre Umsatzziele verfolgen, so ehrlich sind auch ihre Reaktionsmuster. Ausbleibender Umsatz wäre der schnellste Weg, den Dosenbefüller zu einer Änderung seiner Marketing-Strategie zu bewegen.