Bordeaux – Paris 0:1
20.01.2013
Nach dem Spiel gegen das Kleeblatt aus Fürth machte sich ein Auto auf in den (gefühlten) Süden, um unseren Freunden aus Bordeaux mal wieder einen Besuch abzustatten. Die Anreise verzögerte sich angesichts der Witterungsbedingungen etwas. Am Lokal erwarteten uns am Sonntag Früh schon einige bekannte Gesichter und wir wurden zum Essen in ein Restaurant in Stadionnähe eingeladen. Auch dort wurde wieder das familiäre Verhältnis, das in Bordeaux nicht nur zwischen Vereinsführung und Ultras besteht, deutlich. Die Wirtin wusste genau wer da gerade bei ihr isst. Man kennt und schätzt sich eben. Nachdem wir uns von der Qualität der französischen Küche überzeugt hatten, ging es zurück zum Lokal, wo man bei Bier, Eistee oder wahlweise Whiskey Cola Gespräche führte und mit der französischen Form von Kickern vertraut wurde. Schon etwas seltsam und ungewohnt für uns und so mussten wir uns das eine und andere Mal geschlagen geben. Drei Stunden vor Spielbeginn sollte es los zum Stadion gehen. Im Vorfeld war viel spekuliert worden, ob und in welcher Anzahl die verschiedenen Kurven und Gruppen aus dem Prinzenpark anreisen werden. Allgemein ist die Situation in Paris sehr kompliziert und selbst die Bordelais blicken nicht mehr 100%ig durch. Grundsätzlich sehr traurig, dass eine so große und beeindruckende Fanszene so gut wie komplett von der Bildfläche verschwunden ist und sich von einem Investor, Verband und Polizei kaputt hat machen lassen. Letzten Endes sollte nur der übergreifende Fan-Zusammenschluss „Liberté pour les Abonnés“ (Freiheit für die Jahreskarten) anwesend sein. Der Zusammenschluss hat den Hintergrund, dass die Vereinsführung von PSG alle Jahreskarten gekündigt hat, um mit den Fans komplett zu brechen und neue Zuschauer anzulocken. Von den einst großen beiden Kurven und ihren Gruppen ist nichts mehr übrig und nur LpA stellt sich noch gegen die Massen an Erfolgsfans, die Ibrahimovic und Co. und das viele Geld in die Stadien locken. Welche Ausmaße das in Paris angenommen hat, sollte sich später im Stadion zeigen. Im Oberrang standen die Fans rund um LpA, im unteren Rang, dem eigentlichen Gästeblock, die Zuschauern der offiziellen Fanclubs, die mit vom Verein organisierten Fahrten reisen und als das Tor für Paris fiel, sprangen überall auf allen Tribünen Zuschauer auf.
Vor dem Spiel kam es noch zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Bordeaux, als diese sich selber überzeugen wollten, ob die aktiven Gruppen aus Paris dem Spiel fernbleiben. Dabei griffen zwei Zivis sofort zu Gummigeschossen, die sie ziellos in die Menge schossen. Anscheinend haben sie noch nicht erkannt wie gefährlich die Dinger sein können, obwohl Casti, ein Ultra aus Montpellier, vor ein paar Monaten durch so ein Geschoss das Sehvermögen auf einem Auge verloren hat…
Im Stadion dann legte die Virage Sud, vor allem in der ersten Halbzeit, einen sehr guten Auftritt hin. Das einzige was fehlte war ein Tor. Die Mannschaft agierte sehr entschlossen und ein Tor schien nur eine Frage der Zeit. Leider machte der PSG in Person von Zlatan Ibrahimovic dem einen Strich durch die Rechnung und traf kurz vor der Pause zum 1:0 für die Gäste. Der erste Wechsel im Spiel, noch in der ersten Halbzeit, sollte eine Kuriosität darstellen: Der Schiedsrichter musste verletzt ausgewechselt werden und der vierte Unparteiische übernahm ab sofort. Auch in Durchgang zwei konnte das hohe Niveau der Kurve gehalten werden, vor allem bei Eckbällen oder Torraumszenen wurde es richtig laut. Leider war den Bordelais nicht mehr der Ausgleich vergönnt und durch die Niederlage verabschiedet man sich nun wohl endgültig vom Kampf um die Meisterschaft.
Nach dem Spiel ging es noch kurz zurück zum Lokal ehe wir unser Nachtquartier bezogen. Dort wurde nochmal mit den Bordelais geplaudert und uns nochmal vor Augen geführt, was für ein geniales Verhältnis dort zwischen Vereinsführung und Ultras herrscht. Die Tür des Präsidenten steht den aktiven Fans ohne vorherige Ankündigung jederzeit offen. In Bordeaux selbstverständlich… Montag machten wir uns auf den Heimweg. Alles in allem mal wieder ein wirklich cooler Trip, der auch durch das Fernbleiben der Pariser Gruppen nicht getrübt werden könnte.