Das hätte ein richtig geiler Tag werden können. Am Ende war es einfach nur ein weiterer Tag, den uns die Bullen sinnlos kaputt gemacht haben.
Aber von vorne: Nach einer kurzen U-Bahnfahrt inklusive Meet and Greet mit den Freunden von USP ging es per Pedes mit massig Polizeibegleitung zum Volksparkstadion, wo die Cops dann schon mal den ersten starken Auftritt hinlegten. Der Auswärtsdauerkartenschalter wurde zum Gefahrengebiet und eine Polizeikette musste ihn vor den heranstürmenden Fanhorden schützen. Viel Geschrei und Gezeter, gezogene Schlagstöcke, Pfefferspray schon in der Hand – so stellt man sich das vor, wenn man eigentlich nur seine Auswärtsdauerkarte abholen möchte. Nach zwei Minuten kehrte dann aber wohl auch bei einem der Bullen Vernunft ein und so wurde den Kollegen befohlen, den Weg zum Kartenschalter freizugeben. Erste große Gaudi des Tages. Still more to come.
Im Stadion dann ein Hamburg-typischer Auftritt von uns. Es kann in diesem Gästeblock gar nicht gut werden. Die Akustik ist dermaßen mies, wir sind deshalb meistens auch recht mies und irgendwie braucht man dann auch nicht mehr dazu schreiben. Optisch hatten wir eine kleine Aktion im Gepäck, die aber nur als halbgeglückt bezeichnet werden kann. Zur 15. Minute ließen wir mit Doppelhaltern die HSV-Bundesliga-Uhr rückwärts ticken. Im Block 22c hatte man von der Aktion wohl aber noch vor Spielbeginn Wind bekommen, weshalb der Konter schon bereit lag. Überhaupt muss man den Hansestädtern lassen, dass sie sich auf den Tribünen stark gegen den Abstieg stemmten. Mit eher einfachem Repertoire wurde es mehrfach sehr laut im Volkspark. So gut hatte sich die Hamburger Anhängerschaft bei unseren letzten Gastspielen nicht präsentiert.
Der Motor der Heimkurve wurde in der Halbzeitpause allerdings in vollem Betrieb gestoppt, indem die Polizei einen fetten Schraubenschlüssel dazwischen warf. Die HSVer hatten wohl schon vor dem Spiel Ärger mit der Polizei gehabt und einige Fans wurden daran gehindert, das Spiel zu besuchen bzw. wurden in Gewahrsam genommen. Als Reaktion hingen sowohl vor dem Block von Poptown zentral hinter dem Tor, als auch im Block 22c bei der CFHH ACAB-Spruchbänder. Über die juristischen Feinheiten wollen wir uns hier nicht auslassen, die sind auch vollkommen irrelevant. Kein Mensch, der halbwegs bei Vernunft ist, wird nämlich verstehen, weshalb man wegen zwei Plakaten beide Fanblöcke mit behelmten Polizeieinheiten angeht und dabei mutwillig Verletzungen vieler Zuschauer in Kauf nimmt. Während man im Unterrang nur vom Spielfeld versuchte, das Spruchband zu entfernen, wurde im Oberrang sofort mit Schlagstockeinsatz auf die Fans losgegangen. Kurz darauf verschafften sich die Polizisten mit Pfefferspray zusätzlich Platz. Ist natürlich eine ziemlich dumme Idee, eine Waffe, die sich kaum kontrolliert einsetzen lässt, in einer großen Menschenmenge zu benutzen. Dementsprechend wurden auch viele Fans im darunter liegenden Sitzplatzblock durch das Pfefferspray verletzt. Wieder einmal ein Beispiel wie auf Seiten der Polizei persönliche Eitelkeiten eine höhere Priorität genießen als eine verhältnismäßige Einsatzstrategie. Und dabei haben wir bisher noch nicht mal erwähnt, dass die Polizei entgegen der Empfehlung des Ordnungsdienstes und der Fanbetreuung handelte. Wir haben auch nicht erwähnt, dass sich die Polizisten schon ein gutes Stück vor dem Zugriff vor dem Block 22c aufwärmten und einzelnen HSVern mitteilten, dass es gleich auf die Fresse geben werde, obwohl zu diesem Zeitpunkt der Ordnungsdienst noch versuchte, die Fans im Dialog zum Abnehmen der Transparente zu bewegen. Wir haben auch nicht erwähnt, dass die Bullen mutwillig die Zaunfahne der Chosen Few zerrissen haben. Jeder Polizist, der in einer sogenannten BFE-Einheit Dienst tut und regelmäßig beim Fußball eingesetzt wird, weiss mit Sicherheit, welch hohe Bedeutung Zaunfahnen für uns Fans haben und dass man dadurch eine Abwehrreaktion seitens der Anhänger provozieren wird. Wir enden an dieser Stelle aber und verweisen auf die Stellungnahmen der Chosen Few.
Wir entschieden uns dann nach kurzer Diskussion auch dafür, dass wir nach diesem Schauspiel den Support in unserer Kurve nicht weiter organisieren wollten. Klar hätte man auch weitersingen können und wir haben Verständnis dafür, dass andere Bayernfans sich weniger stark davon tangiert fühlten was in der Heimkurve abging. Für uns hat es sich hier aber einfach um einen Angriff der Polizei auf die Fanblocks gehandelt. Man wird uns glauben, wenn wir sagen, dass wir die HSVer auf Teufel komm raus nicht mögen, aber wir wissen genau, dass es diese Woche halt zufällig die Hamburger erwischt hat. Irgendwann sind halt wir an der Reihe und es wird bei uns einen total überzogenen Einsatz mit Verletzten geben. Zumindest wir fühlen uns deshalb von solchen Angriffen auf gegnerische Kurven auch betroffen. Da hast Du dann halt auch mal keinen Bock, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, das gegenüber abgeht. Hinzu kommt noch, dass die Rauten durch den Polizeieinsatz für den Rest des Spiel daran gehindert waren, ihre Mannschaft im Abstiegskampf zu unterstützen und da wollten wir nicht einfach weiter unser Programm durchziehen, das an diesem Tag ja ehrlich gesagt zu einem guten Teil einfach aus Spott und Häme gegen die Hausherren bestand. Es hat für uns halt wenig Stil, auf einen Gegner, der sich auf den Rängen nicht wehren kann, auch noch verbal draufzuhauen.
Auf dem Feld bekam der HSV ohnehin schon die erwartete Abreibung. Wenn Oliver Kreuzer da noch was positives rausgezogen hat, sind wir ja mal gespannt, ob es davon in Mainz auch wirklich was zu sehen gibt.
Nach dem Spiel kamen dann auch wir noch in den Genuss der taktischen Meisterleistungen der Hamburger Polizei. Über einen riesigen Umweg wurden wir zum Gästeparkplatz geführt. Weshalb dieser Umweg notwendig war und man nicht einfach den direkten Weg zum Gästeparkplatz nahm, konnte niemand erklären. Man lief quasi 30 Meter parallel zu den Bussen an jenen vorbei und packte nochmal schnell eine Strafrunde drauf. Gut, ist halt so, wir sind ja noch jung und gut zu Fuß.
Nachdem wir zwei Busbesatzungen verabschiedet hatten, mit Shuttlebussen zur U-Bahn gefahren waren und dann irgendwann endlich an der Reeperbahn angekommen waren, wollte eigentlich jeder einfach nur noch schnell ins Viertel um was zu essen und zu trinken. Da hatten wir die Rechnung aber ohne die Krone der menschlichen Schöpfung, der Hamburger Polizei, gemacht. Die hielt nämlich gar nichts davon, dass sich die Leute erstmal verpflegen wollten und kesselte ca. 200 Bayern- und Sankt Pauli-Fans in der Talstraße. So wurde man dann zwei Stunden hingehalten bzw. nur durch absolut unverständliche Lautsprecherdurchsagen scheininformiert.
Es ist für uns nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage uns die Polizei daran hindern wollte, bei unseren Freunden im Viertel essen und trinken zu gehen. Die Bullen konnten sich das wohl selbst nicht so recht begründen, also wurden sich schnell Flaschenwürfe auf Polizisten zusammengereimt. Natürlich, kommt bei uns ja ständig vor.
Irgendwann begann die Polizei dann den Kessel enger zu ziehen. Ein wichtiger Herr in Grün teilte uns mit, dass unsere Busse bereitstehen würden und wir einfach einsteigen könnten, wenn wir anhand unserer Personalausweise zeigen könnten, dass wir nicht in Hamburg wohnen. Die Busse würden uns dann aus der Stadt bringen. Das stimmte so natürlich nicht, denn anstatt einfach nur zu überprüfen, ob man denn aus Hamburg komme, durchsuchten die Polizisten jeden einzelnen und nahmen die Personalien auf. Da freuen sich die Kollegen an den Flughäfen, wenn sie demnächst beim Scannen unserer Reisepässe mal wieder eine neue Horrorgeschichte auf den Bildschirm bekommen. Wir freuen uns schon darauf, was für eine Lügengeschichte diesmal in die internen Datenbanken eingetragen wird.
Noch nerviger verlief die Geschichte für unsere Freunde von USP. Die wurden nämlich in einen Shuttlebus gesteckt und von dort in die Gefangenensammelstelle gebracht, sprich sie wurden in Gewahrsam genommen, weil sie den für sie alltäglichen Weg zu sich ins Viertel gehen wollten. Absurd, nur noch absurd.
Die Hamburger Polizei wurde uns durch dieses Prozedere dann am Ende sogar erst 20 Minuten später los als von uns ursprünglich geplant. Zur vorgesehenen Abfahrtszeit waren die Bullen nämlich immer noch damit beschäftigt, Daten zu sammeln.
Vor ein paar Jahren hätten wir uns noch zusammengesetzt und überlegt, wie man gegen diese Ungerechtigkeit protestieren kann und versucht, die Öffentlichkeit ausführlich aufzuklären. Wahrscheinlich würden wir damit heute sogar wesentlich mehr Leute erreichen als noch vor acht Jahren. Aber gleichzeitig sind wir mittlerweile einfach abgestumpft. So kann es Dir als Auswärtsfan in einer fremden Stadt halt gehen. Heute antwortet man dafür dann auf die Frage eines der Polizisten, ob man sich denn etwa darüber freue, dass heute Kollegen von ihm verletzt worden seien, einfach nur noch mit einem kurzen und prägnanten: „JA!“ No Justice, No Peace!
Ein Dankeschön geht abschließend an die Anwohner in der Talstraße, die Essen und Trinken auf die Straße reichten, einigen Freunden von USP, die von außen Essen in den Kessel gaben und auch an unser Fanprojekt, die sich ebenfalls für uns einsetzten. Außerdem natürlich an die Freunde aus San Benedetto und Civitanova sowie Bochum, Jena und natürlich Sankt Pauli, die uns heute unterstüzten.
Einmal ist es andersrum, …
Bilder vom Spiel in Hamburg findet Ihr hier.