Schon nach dem Pokalwochenende war eigentlich klar, was uns da zum Bundesligauftakt erwartete. Vor zehn Jahren noch absolutes Spitzenspiel, standen die Vorzeichen diesmal anders. Wir waren zwar leicht von Verletzungssorgen geplagt, aber der Elf von der Weser konnte man ihren desaströsen Zustand ja schon beim Pokalspiel gegen Lotte ansehen. Es kam also wie es kommen musste und nach zehn Minuten war der FC Bayern auf der Siegerstraße und Tabellenführerkurs. Robert Lewandowski setzte dann mit drei Buden auch gleich noch ein Ausrufezeichen und es ist wohl nicht verwegen, in der Saison 2016/2017 auf einen Start-Ziel-Sieg zu setzen. Und wenn wir schon im Wettbüro unseres Vertrauens stehen, tippen wir doch auch gleich noch auf Viktor Skripnik als erste Trainerentlassung der Saison.
War der Kantersieg zum Saisoneinstieg also eigentlich schon eingeplant gewesen, erregte eine ganz andere Sache ein paar Tage vor dem Spiel die Gemüter. Was sich nach dem ersten Heimspiel der Blauen schon angedeutet hatte, wurde nun auch bei uns umgesetzt: Rucksack- und Getränkeverbot.
Klar, im Schatten der verschiedenen Anschläge im Freistaat während der Sommerpause ist „Sicherheit“ gerade eines der Themen der Stunde und spätestens seit dem Freundschaftsspiel der Nationalmannschaften in Paris wissen wir, dass Stadien ein mögliches Ziel für Terroristen darstellen. Wirklich einleuchten wollen diese beiden Maßnahmen für uns wirklich nicht, bzw. geht es hier unserer Meinung nach vor allem darum, dass den Leuten eine Sicherheit vorgegaukelt wird, die es so gar nicht geben kann. Nehmen wir mal einen mit Sprengstoff vollbepackten Rucksack als Beispiel. Wenn sich jemand damit in die Luft sprengen möchte und dabei – warum auch immer – möglichst viele Leute mitnehmen, dann kann er das in der Schlange vor der Einlasskontrolle genauso tun, wie nach dem Spiel in der U-Bahn. Vermutlich nimmt er dabei sogar mehr Leute mit in den Tod als irgendwo innerhalb des Stadions. Der Anschlag würde auch so oder so als Angriff auf die Stadionbesucher gewertet. Der einzige Unterschied wäre, dass vermutlich weniger Fernsehkameras direkt aufs Geschehen gerichtet wären. Uns ist natürlich auch klar, dass viele Amokläufer und Terroristen gerne das Blitzlicht suchen und möglichst viel mediale Aufmerksamkeit generieren wollen, aber wenn man schwer verletzt wird oder gar stirbt, ist es einem vermutlich ziemlich egal, ob damit noch ein kleiner Propagandaeffekt erzielt wurde.
Die Maßnahme ändert in jedem Fall an unserer individuellen Sicherheit genau gar nichts, bzw. gäbe es ja zumindest noch die theoretische Hoffnung, dass jemand, der versucht mit Sprengstoff oder einer Waffe ins Stadion zu gelangen, von den Ordnern gestoppt werden kann.
Ohne jetzt zusätzlich auf tiefgründige Fragen über unser gesellschaftliches Zusammenleben eingehen zu wollen, erscheint uns ganz einfach der Trouble, den man durch das Rucksack- und Getränkeverbot hat, in keiner Weise durch einen Zugewinn an Sicherheit aufgerechnet. Es ist halt eine schnelle Reaktion, die für viele Leute erstmal sinnvoll klingt, ohne am Ende aber einer logischen Überprüfung standzuhalten. Für uns ein Grund, zumindest kurz per Spruchband darauf aufmerksam zu machen, dass Aktionismus und Hysterie sicher keine Probleme lösen.
Schon vor Spielbeginn hingen wir einen anderen Schriftzug an den Zaun. Frei übersetzt stand da auf italienisch zu lesen „Wir sind nahe bei den Menschen der Marken, Umbrien und Latium“. Bereits Mittwoch früh hatten wir nicht nur Newsticker-Meldungen über das Erdbeben auf dem Handy, sondern bereits auch Kontakt mit unseren Freunden in San Benedetto, die wenigstens vom Schlimmsten verschont geblieben waren. Nur einige Kilometer weiter sah es schon anders aus. Die Ultrasgruppen der Region begannen sofort damit, Sach- und Geldspenden zu sammeln, um die Erdbebenopfer zu unterstützen. Das war auch für uns Antrieb, noch schnell eine kleine Spendenaktion auf die Beine zu stellen, bei der immerhin knapp 2000 Euro erzielt wurden, die wir am nächsten Tag in San Benedetto direkt in eine große Spendenbox werfen konnten. Vielen Dank an alle Bayernfans, die sich beteiligt haben.
Noch eine kleine Notiz am Rande: Wer sich beim Fußball oder generell in Italien ein wenig auskennt, weiß wie ernsthaft teils jahrhundertealte Fehden auch heute noch genommen werden und wie der Hass unter zwei Städten von Generation zu Generation weitergegeben wird. Etwas, dass sich dann natürlich auch beim Aufeinandertreffen der Fußballvereine widerspiegelt und große Rivalitäten zwischen den Fanszenen hervorbringt. Trotzdem fuhren Delegationen verschiedener Gruppen der Region am Tag des Staatsbegräbnisses nach Ascoli (für Samb DER Derbygegner), um den dortigen Ultras ihr Beileid auszusprechen und Spenden zu übergeben. Anstand nennt man so etwas wahrscheinlich im Allgemeinen, Mentalität würden wir sagen. Da könnten sich manche in Deutschland eine gehörige Scheibe von abschneiden.
Ein weiteres Spruchband heute richtete sich an einen der Helden von Wembley. Ihr habt es alle gelesen, was der Arjen da verbrochen hat. Das Jugendamt ist wohl von sich aus noch nicht aktiv geworden, aber zumindest wir mussten dem guten Mann ja nochmal deutlich machen, dass es in München nur einen Verein gibt.
Auch RFM hatte noch zwei Tapeten in petto. Einmal gingen Grüße raus an einen ihrer Stadionverbot’ler und das zweite in rot und blau gehaltene Transparent war für einen unserer Bochumer Freunde, der gerade eine Haftstrafe absitzen muss. Stabil bleiben, Maxdome!
Ansonsten war es eigentlich ganz gut, was die Südkurve heute ablieferte. Trotz stehender Hitze im Block kamen viele Lieder gut raus und gerade das „Südkurve München sind wir“ kommt von Spiel zu Spiel immer besser. Das ist ein Lied, in das man sich so richtig schön reinsteigern und den Text rausballern kann. Und immer schön den Oberkörper nach vorn ;-). Textlich hat es auch noch einwandfrei gepasst, hatten wir am Vortag mit Rostow ja sogar ein Los bekommen, bei dem man mal wieder richtig schön mit Anlauf aufs Geld scheißen kann. Es geht ja eben auch nichts über einen Russland-Ausflug im November.
Die Ausfahrt der Bremer Elf war wie gesagt wenig von Erfolg gekrönt und auch der Anhang blieb im Gegensatz zum starken Auftritt beim Pokalspiel diesmal blass und war kaum bis gar nicht zu vernehmen. Bei so einem Saisonstart hat man aber auch vermutlich schnell die Schnauze zu voll zum Singen.
Ein Dankeschön geht zum Abschluss noch an die anwesenden Freunde aus Jena.
SÜDKURVE MÜNCHEN SIND WIR