Spitzenspiel in der Bundesliga und alle so: „Yeeeaaaahhhhh“. Na ja, auf jeden Fall sticht ein Spiel Tabellenführer gegen Drittplatzierten nicht mehr besonders aus dem Bundesligaalltag hervor, zu weit sind wir bereits enteilt, zu wenig sportliche Signifikanz hatte die Begegnung. Das ganz große Fußballfieber wird diese Saison wohl nur noch der Europapokal verursachen.
Die gute Gesellschaft am Streetworkbus wurde natürlich trotzdem genossen. Auch wenn das Wetter nach einer mehr als passablen Woche pünktlich zum Bundesligawochenende wieder umschlug.
Trotz modernem Stadion regnet’s bei uns ja auch in die untersten Reihen der Kurve rein. Eigentlich recht cool, bringt wenigstens etwas „dreckiges“ Fußballfeeling ins ansonsten so sterile Fröttmaning.
Der Südkurve gefiel’s recht gut und so machte sich von Beginn weg gute Stimmung breit. Schöne laute Gesänge und die Arbeit der Gruppen in den Nebenblöcken macht sich auch immer positiver bemerkbar – die Mitmachquote zeigt tendenziell nach oben. An der Stelle sei auch nochmal drauf hingewiesen: Wenn Ihr es zeitlich nicht mehr in den Mittelblock schafft, weil der schon voll ist, stellt Euch zur aMr in Block 114 oder zu MRP & Co in Block 111 und feuert die Mannschaft von da an. Genauso wie wir uns echte Stehplätze von Eckfahne zu Eckfahne wünschen, hoffen wir natürlich auch, dass sich immer mehr Leute durchgängiger an der Stimmung beteiligen. Mit diesem Ziel im Hinterkopf ist es ganz selbstverständlich, dass wir auch in den Nebenblöcken aktive Leute brauchen, die die Stimmung anheizen. Es ist also auch gar nicht mehr notwendig, über die Zäune zu klettern.
Zur Halbzeit zeigten wir in unserem Bereich ein kurzes Spruchband mit der Aufschrift: „Freiheit für Josef – Scheiss WKR“.
WKR steht für Wiener Kooperationsring. Er ist ein Verband rechtsnationaler Burschenschaften, der jährlich einen pompösen Schicki-Micki-Ball auf der Wiener Hofburg ausrichtet. Diese Abendveranstaltung fungiert gleichzeitig als Treffen für jede Menge Leute, deren Demokratieverständnis sicher alles andere als lupenrein ist. Die Creme de la Creme europäischer Rechtspopulisten aus ganz Europa geben sich gerne ein Stelldichein auf der Wiener Hofburg. Der bei uns bekannteste Name, der dem Ball in den letzten Jahren einen Besuch abgestattet hat, dürfte Jean-Marie Le Pen von der französischen Front National sein.
Gegen dieses Treffen nationalistischer Eliten, die wie Le Pen auch gerne mal den Holocaust als Fußnote des Zweiten Weltkriegs verharmlosen, formiert sich glücklicherweise auch regelmäßig eine breite Protestbewegung. Auch Josef, ein Fan des FC Carl Zeiss und regelmäßiger Besucher der Südkurve Jena, gehörte an diesem Tag zu den 8000 Gegendemonstranten. Er sitzt seither wegen des Vorwurfs des Widerstands und des Landfriedensbruchs in Wien in U-Haft. Die U-Haft wird seitens der Behörden durch die sich selbst widersprechenden Aussagen eines österreichischen Zivilpolizisten gerechtfertigt. Ein vager Vorwurf reicht also aus, um einen Menschen über mehrere Wochen präventiv wegzusperren und ihn von der Außenwelt weitgehend zu isolieren. Nicht nur weil wir durch unsere Freundschaft nach Jena einen gewissen Bezug zu Josef haben, finden wir das Vorgehen der österreichischen Behörden ekelhaft und untragbar.
Damit aber genug zu unserem Exkurs. Obwohl, bevor’s mit der zweiten Hälfte weitergeht, gibt’s noch einen kleinen anekdotischen Hinweis für alle Kurvenbesucher mit auf den Weg: Wenn sich jemand aus der Kurve in der Halbzeit mal kurz wegdreht und sein kleines Geschäft in einen Getränkebecher verrichtet, lauft Ihr besser nicht ganz entsetzt zu den Ordnern, weil Ihr sowas asoziales noch nicht gesehen habt. Denn für die Bierdusche, die Ihr danach bekommt, könnt Ihr Euch nämlich noch bedanken. In den meisten anderen Kurven hätte es für so ein Denunziantentum (warum und weshalb eigentlich) nämlich direkt eingeschlagen. Unglaublich, was sich für Leute in unserer Kurve rumtreiben und was diese Menschen, die ja bewusst in eine Fankurve gehen, mittlerweile als inakzeptabel betrachten. Was erwartet denn so jemand von einem Bundesligaspieltag. Da schämt man sich fast ein wenig, wenn man weiß, dass dieser Spielbericht in anderen Szenen sicher auch gelesen wird.
Halbzeit zwei begann dann mit einer kleinen Aktion für die Stadionverbotler. Inferno, Red Fanatic und wir hatten die Fahnen für unsere Stadionverbotler in größerer Version auf Stoff gebracht und nutzten sie als Überziehfahnen. Dazu gab es vor der Kurve ein großes „Gemeinsam gegen Stadionverbote“-Spruchband.
Auf dem Feld entwickelte sich derweil eine Partie, die das Prädikat Spitzenspiel in dem Sinne verdiente, als dass Räume eng waren und Torchancen nicht auf den Bäumen wuchsen. Leute, die jetzt nicht die größten Taktikfüchse sind, würden eventuell auch sagen, es war eher ein wenig ein langweiliger Kick. Jedenfalls dauerte es beinahe bis zum Pausenpfiff, ehe Mario Mandzukic den FC Bayern auf die Siegerstraße bringen konnte. Kurz nach dem Seitenwechsel nahm der sehenswerte Schweinsteiger-Freistoß den Leverkusenern dann die letzte Hoffnung auf einen Punkt in München. Daran änderte auch der späte Anschlusstreffer nichts mehr.
Ein Dankeschön geht abschließend noch an fünf Freunde vom VfL Bochum, die uns heute unterstützten.
Südkurve München – Gegen alle Stadionverbote
Auf der Südkurven-Seite gibts jede Menge Bilder vom Heimspiel gegen Leverkusen.