Das Spiel bei der Frankfurter Eintracht warf schon seine Schatten voraus, bevor man in der Früh mit dem Südkurventicket in der Tasche den Regionalexpress bestieg. Dass aufgrund des teilweisen Zuschauerausschlusses auf Heimseite heute nicht business as usual sein würde, war in unseren Reihen schnell klar. Wie die Geschäfte dann ablaufen sollten, blieb aber lange Gegenstand heißer Diskussionen. Was am Ende rauskam, war schlussendlich eine Kompromisslösung zwischen verschiedenen Positionen in unserer und anderen Gruppen, bzw. von weiteren Personen und Verbünden in der Fanszene.
Wieso wir uns dafür entschieden haben, heute für 65 Minuten nicht wie üblich zu singen und die Rot-Weißen Farben anzufeuern, versuchten wir ja im Vorfeld ausführlich darzulegen. Um es nochmal kurz zu wiederholen: Uns geht es darum, dass die Sportgerichtbarkeit mit zunehmender Regelmäßigkeit mit der großen Keule kollektiv gegen die Fans losschlägt, Blöcke und ganze Tribünen sperrt und so die Vergehen einzelner auf die Gemeinschaft umlegt. Sei es, ob bei uns nach einem dümmlichen Kinderstreich-Transparent gegen Arsenal plötzlich ein ganzer Block auf der Gegengerade leer bleiben muss oder ob man an anderer Stelle gleich den kompletten Gästeblock schließt, wie es Dynamo und der Frankfurter Eintracht ergangen ist. Dies darf nicht noch weiter zur Normalität werden, sonst geht es uns demnächst wieder wie 2014 in Moskau und es müssen Fans zur Hochhausbesichtigung ausrücken.
Dementsprechend wurde ein Zeichen gesetzt, die erste Stunde hing ein „Gegen Kollektivstrafen“-Spruchband vor dem Block und wir verdeutlichten das Ganze nochmal mit einem ganz simplen Vergleich: „Wird bei der nächsten Roten Karte auch die ganze Mannschaft gesperrt?“.
Wir könnten jetzt an dieser Stelle ausführen, wie der zu Recht oft gelobten Frankfurter Heimstimmung ohne Block 40 der Motor fehlte. Wir könnten sagen, dass es lange sehr ruhige Perioden gab, obwohl sich die anderen Fans der SGE ganz und gar nicht wie ein Schnarchnasenpublikum verhielten. Aber es tut auch gar nicht so viel zur Sache, ob die ausgesperrten Frankfurter für ordentlich Stimmung gesorgt hätten. Wir wissen aus unzähligen Begegnungen, dass es so gewesen wäre. Denn das Problem ist, dass ihnen das DFB-Sportgericht die Chance dazu genommen hat, an diesem Spiel teilzuhaben und da ist es erstmal egal, ob es die berühmte Nordwestkurve trifft oder die Anhänger des VfL Wolfsburg.
„Fußball lebt durch seine Fans“ hielten wir nach 90 Minuten nochmal in die Höhe und versuchten, das nach Ablauf der 65 Minuten auch nochmal unter Beweis zu stellen. Inwiefern das gelungen ist, sollen andere beurteilen. In den unteren Reihen war es trotz des schwierigen Spielverlaufs recht lustig. Für uns hat es also am Ende bis auf das leicht enttäuschende Ergebnis gepasst.
Dieses ist für uns Bayernfans ja mittlerweile fast schon ungewohntes Terrain, da es das dritte Spiel ohne Sieg ist. Wer aber nicht erst nach 2010 Anhänger unserer Mannschaft geworden ist, dem dürfte auch bewusst sein, dass dies kein historisches Novum darstellt und unserem Verein deshalb weiterhin eine rosige Zukunft beschieden werden kann. Klar läuft die Mannschaft noch nicht maschinell und hatte gegen Frankfurt eine ungewohnt hohe Fehlpassquote, stand hinten nicht so sicher, wie man es von der besten Abwehr der Welt erwarten dürfte und ließ zu viele Frankfurter Chancen zu. Vielleicht schadet es unseren Spielern aber auch nicht, mal etwas behäbiger in eine Saison zu starten (wobei die Niederlage gegen Atlético sicher nicht darauf zurückzuführen ist) und am Ende hinaus dafür noch etwas mehr Saft zu haben. Denn darüber wurde sich ja in den letzten Jahren immer beschwert. Also erstmal locker durch die Hose atmen und weiterhin den gewohnten Blick von der Tabellenspitze genießen. Alles gar nicht wild.
Bevor wir zum Abschluss kommen, wollen wir auch das dritte Spruchband des heutigen Spieltags nicht unter den Tisch fallen lassen, auch wenn es leider ein trauriges ist. Wie viele von Euch sicher mitbekommen haben, ist ein Fan aus dem Block U des 1. FC Magdeburg verstorben. Wir drückten unsere Anteilnahme mit einem kurzen „RIP Hannes“ aus.
Zum Ende wollen wir dann nicht nur an die anwesenden Freunde aus Bochum und Hamburg ein Dankeschön aussprechen, sondern auch an alle Bayernfans, die mit uns die ersten 65 Minuten gemeinsam ein Zeichen gegen Kollektivstrafen gesetzt haben und dafür auf den Support verzichteten.