Vorwort
1. FC Köln – FC Bayern München
FC Bayern München – Bayer Leverkusen
Paris St. Germain – FC Bayern München
Union Berlin – FC Bayern München
Das Gespenst des Populismus geht um…
Vorwort
Servus Bayernfans,
ein spielfreies Wochenende liegt hinter uns. Eigentlich der perfekte Zeitpunkt, um nach den anstrengenden Wochen mal ein bisschen durchzuschnaufen. Doch manchmal kommt es anders, als man denkt, und so hieß es vergangenen Sonntag für ein paar hundert Südkurvenaktivisten die Bayern-Fahne hochzuhalten. Forderungen von Seiten der Politik, insbesondere der Innenminister der Länder, nach verschärften Maßnahmen gegen Fußballfans ließen eine fünfstellige Anzahl an Fußballfans von unterschiedlichsten Vereinen gemeinsam auf die Straße gehen, um für das zu kämpfen, was sie leben und lieben. Stadionverbote nach dem Gießkannenprinzip, personalisierte Tickets oder Gesichtsscanner – die Freiheit von uns allen soll weiter eingeschränkt werden, obwohl sich statistisch belegen lässt, dass die deutschen Stadien sichere Orte sind.
Wie viele vermutlich wissen, findet Anfang Dezember die Innenministerkonferenz statt, es kann also sein, dass die deutschen Fanszenen sich bis dahin nochmals melden, um die genannten Punkte abzuwenden. Wer sich ausführlicher über die Thematik informieren will, den verweisen wir an dieser Stelle auf die Homepage der Südkurve München. Dort findet ihr u.a. eine Stellungnahme der Fanszenen Deutschlands.
Kommen wir zu erfreulicheren Dingen im Leben: Die Siegesserie unserer Mannschaft ist gegen Union zwar gerissen, aber es ist zu verschmerzen. Die Spiele gegen Leverkusen und vor allem in Paris waren natürlich richtige Highlights. Der Abend im Parc de Prince wird sicher noch lange in den Köpfen sein. Wobei an der Stelle der mahnende Zeigefinger kommen muss: im November werden noch keine Titel vergeben und ein Sieg bei PSG ist schön, aber kann im Frühjahr auch nichts mehr wert sein (ich denke, dafür können jetzt 5 Euro ins Phrasenschwein geworfen werden). Doch selbst dem Union-Spiel kann etwas Positives abgewonnen werden. Auch wenn es an dem Tag nicht so lief, wurde bis zuletzt auf den Punkt hingearbeitet und gewonnen – nicht nur Siege können sich wie ein Gewinn anfühlen. Wichtig wäre ein Sieg Anfang Dezember, denn da geht es im Achtelfinale des Pokals schon wieder zu Union.
Aus Kurvensicht waren die Spiele auch in Ordnung, das Leverkusen-Heimspiel wurde nicht von der sonst oft vorherrschenden November-Lethargie begleitet und die Gesänge kamen einigermaßen locker über die Lippen. Von Lockerheit war in Paris wenig zu spüren. Aufgrund der nervigen Bullen hatten die meisten ordentlich Wut im Bauch. Wobei festzuhalten bleibt, dass die Strategie der lokalen Behörden nicht ganz aufging, denn die aktiven Gruppen der Kurve schlugen letztlich wieder am gleichen Ort wie vor zwei Jahren auf. Am Ende gewinnen halt doch die Guten.
Im Stadion wurde die Wut in Energie umgewandelt und die Gesänge knallten teilweise gut raus. Zugegebenermaßen waren die letzten 15 Minuten dann etwas zerfahren, weil die Spannung auf dem Rasen sich verständlicherweise auch auf die Kurve auswirkte. Nach dem Schlusspfiff wurde für unsere Verhältnisse sehr ausgelassen mit den Spielern gefeiert.
Union war dann als Abschluss der Woche nichts, was lange in Erinnerung bleiben wird, ich glaube, ein Standard-Auftritt trifft als Beschreibung zu. Da mir hier jetzt dann auch der Platz ausgeht, belassen wir’s dabei.
Die nächsten 90 Minuten stehen an und am Mittwoch geht es nach London.
Vorwärts Südkurve – immer vorwärts FC Bayern!
1. FC Köln – FC Bayern München 1:4
Als Ragnar Ache nach einer halben Stunden Spielzeit den Ball zum 1-0 für den FC ins Netz köpfte, dürften nicht wenige im Gästeblock die Befürchtung gehabt haben, dass zum vierten Mal in fünf Jahren in Runde 2 Schluss ist. Denn verdient war sie, die Führung für die Gastgeber. Erstmals in der Saison lagen wir somit hinten und es war nicht ganz klar, wie die Mannschaft darauf reagieren würde. Am Ende des Abends stand aber doch ein Sieg für die Roten, auch wenn das Ergebnis letztlich deutlicher ausfiel, als es der Spielverlauf in Halbzeit 1 hätte erwarten lassen. Aber beginnen wir von vorne:
Mittwoch Vormittag, statt auf die Arbeit geht es zur Busabfahrt. Kann es was Schöneres geben?! Ok, ist vielleicht ein bisschen ironisch, Köln unter der Woche, da sagt mit Sicherheit niemand “Traumlos”, geht es doch im Januar ebenfalls an einem Werktag an den Rhein. Aber gut, die Auslosung können wir nicht beeinflussen und wer zum Finale will, muss halt dieses Jahr erstmal nach Köln. Die Losfee verfluchend machte sich die Südkurve auf den Weg, dank Vollsperrung bei der Anfahrt der Busse mit einer Stunde Verspätung. Eigentlich noch genug Puffer, doch wir kennen ihn ja alle, den Anfahrts-Stau bei Partien im Müngersdorfer Stadion. Auch dieses Mal erwischte es uns wieder voll und für die letzten zehn Kilometer wurden fast zwei Stunden benötigt. Immer wieder das Gleiche: Das Verkehrskonzept (wenn überhaupt vorhanden) ist eine einzige Katastrophe. Doch alles Fluchen und Schimpfen bringt nichts, es wird sich vermutlich nie ändern.
Somit an der Aachener Straße schnell aus den Bussen raus und ab Richtung Stadion. Es war nicht mal mehr eine Stunde bis Anpfiff und gerade mit Blick darauf, dass ein Teil der Gruppen in den Oberrang gehen wollte, um auch die Sitzplätze dort besser mitzunehmen, war das schon sehr knapp. Das Verbot von Trommeln und Megafon im Oberrang wurde geschickt umgegangen , so dass trotz der späten Ankunft am Ende alle an der vorgesehenen Stelle standen und wir mit Anpfiff startklar waren.
Die Heimseite zeigte zu Beginn eine große Choreografie, in welcher sich auf die römischen Wurzeln der Stadt berufen wurde. Mit dem großen römischen Legionär hätte ich das Motiv vielleicht eher für eine Derby-Choreo gewählt, aber insgesamt ein rundes Bild. Wie die Mannschaft, so legte auch die Südkurve Köln ordentlich los und trieb die Dezibel nach oben. Das war die erste halbe Stunde sehr ordentlich.
Glücklicherweise fanden unsere Spieler auf dem Rasen eine schnelle Antwort, beim 1:1 hatten wir ehrlicherweise Dusel, dass das Abseits übersehen wurde. Mit unserem zweiten Treffer schien den Kölnern auf den Rängen der Stecker gezogen zu sein. Mit Beginn von Hälfte zwei war zwar nochmal etwas Feuer drin, aber nach der Vorentscheidung nach sechzig Minuten war der Ofen einigermaßen aus. In einem K.-o.-Spiel aber auch verständlich. Erwähnenswert ist noch die Aktion zu 34 Jahren Supras, die zu Beginn der zweiten Hälfte gezeigt wurde.
Das waren jetzt viele Worte zur Heimseite, schauen wir auf den Gästeblock. Die bereits erwähnte Aufteilung der Gruppen hatte den Effekt, dass der gesamte Auftritt zu einem der besseren in Köln zählen dürfte. Mir blieben jetzt keine krassen Highlight-Momente in Erinnerung, jedoch auch keine großen Ausreißer nach unten. Das war 90 Minuten ein gutes Niveau, mit dem man gut leben kann. Viel mehr gibt es zu dem Abend nicht zu sagen, ein Dank geht an die Freunde und Freundinnen aus Bochum, Hamburg und Jena für die Unterstützung.
Nach Abpfiff wurde den Spielern noch kurz das Ziel für die Saison mitgeteilt (FC Bayern, wir fahren nach Berlin!), die Sachen zusammengepackt und bei strömenden Regen zurück zu den Bussen und ab Richtung Süden. Runde 2 erfolgreich überstanden und im Achtelfinale liegen die Hoffnungen auf eine gnädige Losfee, die uns hoffentlich ein Heimspiel beschert.
FC Bayern München – Bayer Leverkusen 3:0
Gladbach, Köln, jetzt Leverkusen: Unser drittes Spiel gegen einen Verein aus dem Rheinland innerhalb einer Woche war ein willkommenes Heimspiel in einer Phase, in der die Südkurve wieder ordentlich Autobahn-Kilometer sammelte. Jedoch dauerte auch dieser Spieltag länger als gewöhnlich, denn die DFL setzte in Ergänzung zu unserem Spiel noch eine Drittliga-Partie in Giesing an, deren Publikum einmal mehr verdeutlicht wurde, wer die Nummer eins der Stadt ist. So fand sich die Südkurve bereits morgens im Herzen Münchens ein und dominierte klar die Besucherzahlen, unter denen sich nicht nur vereinzelte Drittligisten aus einem Münchner Stadtviertel und dem tiefen Brandenburg befanden, sondern auch Leverkusener. Die Anhänger vier verschiedener Vereine gleichzeitig in einer Stadt – auch nicht alltäglich!
Unter Gesängen brachen wir schließlich am Nachmittag von der Stadt aus auf in Richtung Südkurvenplatz. Der Ablauf dort war der altbekannte, jedoch entzündete sich bereits im Vorfeld eine Diskussion über das heutige Catering: Pommes. Sind wir hier etwa im Freibad?
Mit Leverkusen gastierte eine Mannschaft, die seit ihrem Meistertitel 2023/24 nicht mehr allzu viel von sich Reden machen konnte und wohl eher der Kategorie „One-Season-Wonder“ zugeordnet werden darf, wenngleich die Werkself national immer noch im erweiterten Kreis unserer „Verfolger“ genannt wird.
Auf dem Platz war davon jedoch nichts zu sehen: Unsere Mannschaft trat auch ohne die nominelle Top-Formation über 90 Minuten extrem dominant auf und ging in der 25. Minute durch Gnabry in Führung. Ebenso erfrischend startete die Südkurve ins Spiel, die u.a. beim Hüpfen und zu „Wir woll´n Bayern siegen sehen“ einen lockeren, wenn auch keinen frenetischen Eindruck machte. Auch den restlichen Auftritt würde ich als zufriedenstellend beschreiben. Die textlastigen Lieder wie „Wir singen für die Stadt, die unser Herz erobert hat“, das schon länger nicht gesungen wurde, und der „Ich geb´ mein Herz für dich!“-Wechselgesang funktionierten gut. Zumindest mir blieb kein negativer Aussetzer im ersten Durchgang in Erinnerung. In diesem trafen Neuzugang Jackson (31.) und der Leverkusener Badé per Eigentor (44.) zum verdienten und bereits entscheidenden 3:0- Halbzeitstand.
Da die Mannschaft nach der Pause mit Blick auf Paris ein paar Gänge zurückschaltete und Leverkusen schlichtweg überfordert war, fielen trotz mancher Gelegenheiten keine weiteren Treffer mehr. So richten wir den Blick statt auf den Rasen lieber auf die Kurve. War gegen Dortmund zum Teil ein starker Stimmungsabfall bemerkbar, befanden wir uns heute auf einem guten Grundniveau, bestimmt auch begünstigt durch die klaren Verhältnisse auf dem Platz. Blieb die Ekstase bei Alpeflug vor allem im oberen Bereich der Kurve aus, machte das Ende dafür richtig Spaß: Zombie Nation schepperte erneut und sorgte für viel Bewegung in der Kurve, ebenso „Wenn ich nachts nicht schlafen kann“. Das sind gerade in letzter Zeit zwei Lieder, die sehr gut funktionieren. Weiter so! Will man das Haar in der Suppe suchen, so sei erwähnt, dass wir Mitte der zweiten Halbzeit zeitweise etwas an Lautstärke verloren, sie aber, wie beschrieben, zum Glück wiederfanden. Ein medizinischer Zwischenfall endete zum Glück positiv, danke an alle Bayernfans für das zwischenzeitliche Pausieren des Supports! Ebenso Danke an den Gästeblock für die Solidarität hierbei und dem Innehalten während unserer Spruchbänder für Kainzi von der SCM und Lutz von der Südkurve 73, die kürzlich verstorben sind. Ruhet in Frieden!
Der restliche Auftritt der Leverkusener war ähnlich zu ihren vergangenen in München: Den Oberrang zierte eine große „Forza Bayer“-Zaunfahne in Balkenoptik, darüber wurden die Zaunfahnen der Gruppen befestigt. Soweit solide, jedoch beschränkte sich das Zaunfahnen-Bild somit komplett auf die Mitte des Gästeblocks. Links und rechts daneben blieben die Flächen komplett leer, also ohne jegliche (Fanclub-) Beflaggung. Akustisch waren die Gäste zumindest in der Südkurve nicht zu vernehmen und die Mitmachquote beim Hüpfen war – den Kern ausgenommen – sehr gering.
Mit Blick auf die Maßnahmen der Polizei in Frankfurt und Hamburg am vergangenen Spieltag gegen die Gästefans und die anstehende Innenministerkonferenz, deren Hintergründe euch sicherlich bekannt sind, hatten wir noch ein Spruchband dabei: „Ob in FFM oder HH, die Polizei agiert mit Sippenhaft! Und in Zukunft werden dann alle mit SV bestraft? Das ist Polizeistaat und keine Prävention!“
Nach dem Abpfiff verabschiedeten wir die Mannschaft mit einem positiven Gefühl auf dem Platz und in der Kurve in eine kurze Regenerationsphase, ehe wir uns alle bereits drei Tage später wieder in Paris sehen sollten. Die Südkurve beschloss den langen Spieltag geschlossen in Schwabing – der Nummer eins der Stadt entsprechend! Hierbei vielen Dank an unsere Freundinnen und Freunde aus Bochum, Jena und Civitanova für die heutige Unterstützung!
Paris St. Germain – FC Bayern München 1:2
La vie en rose – das Leben durch die rosarote Brille. Es gibt wohl kaum eine passendere Beschreibung für den Gemütszustand der allermeisten Bayernfans, als den des Titels des Welthits von Édith Piaf, den sie vor genau 80 Jahren in Paris erstmals in die Mikrofone trällerte. Derzeit läuft es sportlich einfach und auch auf den Rängen wird dieser Abend im Pariser Prinzenpark wohl vielen noch im Gedächtnis bleiben. Da dies auch viel mit den Umständen in den Stunden zuvor zusammenhing, gilt es zunächst, auf den Montagabend zu schauen.
Während manche bereits versuchten, vor der Busabfahrt wenigstens kurz die Augen zu schließen, geisterte plötzlich die Meldung durch diverse Chats, dass die Polizeipräfektur von Paris so gar keine Lust auf Gästefans in der Stadt habe und mittels Allgemeinverfügung alle Busse an einer Mautstation rund 50 Kilometer vor dem Stadion sammeln wollte. Der ausgefuchste Plan sah von dort eine Abfahrt um 17 Uhr vor, die mit dem üblichen Feierabendverkehr sicherlich erst gegen 18:30 Uhr eine Ankunft am Stadion ermöglicht hätte. Von der absolut nervigen Einöde so einer Mautstation mal abgesehen, hätte dies auch für den ein oder anderen Bus Probleme mit der Lenkzeit und dadurch eine Abfahrt um 5 Uhr morgens bedeutet. Argumente, die glücklicherweise auch bei unserem Verein zählten, der sich sowohl bei der UEFA als auch bei den örtlichen Gerichten intensiv für ein Kippen dieser Regelung einsetzte. Die angedrohten drakonischen Strafen passten erneut so gar nicht ins Land der Freiheit und Brüderlichkeit, machten einem aber mal wieder deutlich, dass die allermeisten Fußballfans außerhalb der Bundesrepublik in der Auseinandersetzung mit dem Staat recht wenig zu lachen haben.
Als es von der Gerichtsverhandlung am Mittag des Spieltags keine Neuigkeiten zu hören gab und bereits die ersten Meldungen von Fanclubs durchsickerten, die entweder an der Mautstation festgehalten oder sogar vom Stadion zurück dorthin gebracht wurden, entschied sich der Tross der Südkurve die üblichen Kartendienste anzuwerfen. Gesagt, getan, schlug Googles Kartendienst eine Umfahrung der Mautstation direkt als zweitschnellste Route vor, sodass sich der Umweg sogar in annehmbaren Grenzen hielt. Also kurzerhand dem Navi vertraut, ein paar Dörfer des Pariser Speckgürtels begutachtet und schon konnte man unbehelligt im Norden von Paris die Busse verlassen. Dass dort nicht das Paris von Instagram auf einen wartet, sorgte bei manchen kurz für größere Augen, Großstadt eben. Nach kurzer U-Bahnfahrt konnte man dann den ursprünglich geplanten Treffpunkt einnehmen und sich dort zumindest nochmal halbwegs entspannt versorgen. Die Metrofahrt und die drei sinnlosen Sichtkontrollen der Karten verliefen wie beim letzten Mal routiniert und man konnte sich ansatzweise stressfrei auf die verschiedenen Blöcke verteilen.
Zur Historie der beiden Kurven in Paris ließe sich bestimmt ein ganzes Buch schreiben, bekanntermaßen sind die beiden originären Kurven aber in dieser Form nicht mehr im Stadion aktiv. Wie genau sich die heutige Virage Auteil zusammensetzt, lässt sich aus der Ferne nur schwer mutmaßen und über Mentalität und Kohärenz soll an dieser Stelle auch nicht philosophiert werden. Fakt ist, dass neben der Virage Auteil mittlerweile auch auf der Gegenseite der Oberrang neben dem Gästeblock durch Vorsänger und Trommeln zum Leben erweckt wird. Leben war von Anfang an in der Bude und frei nach Oliver Kahn gibt es doch nichts Schöneres als Fußballfan, als wenn man auswärts auch so richtig schön gehasst wird.
Von links und rechts durchschnitten also bereits vor Spielbeginn pöbelnde Arme die Abendluft und nicht wenige Bayernfans ließen ihrer Abneigung gegen die Behandlung seitens der Polizei freien Lauf. Alles angerichtet also und ausnahmsweise passte das Spiel auch perfekt zur Ausgangssituation auf den Rängen. Unsere Mannschaft biss sich von der ersten Minute in die Zweikämpfe, sodass eine Symbiose aus Tifo und Spielgeschehen herrschte, die ehrlicherweise bei unseren Spielen nur in den seltensten Fällen herrscht. Jeder gewonnene Zweikampf, jedes dreckige Foul und natürlich auch die wahrlich verdienten Tore wurden lautstark bejubelt. Das Ganze gepaart mit einer ordentlichen Lautstärke, die sich durchaus Gehör bei den Pariser Kurven verschaffen konnte, die ihrerseits ebenfalls gut Dampf machten.
Die letzten Minuten des Spiels flachte es dann aufgrund der Spannung etwas ab, zu sehr wollte man den dreckigen Sieg über die Zeit bringen. Ende, Jubel und gemeinsames Feiern mit der Mannschaft, die sich das an dem heutigen Tag auch wirklich verdient hatte. So ungern die Polizei uns vor dem Spiel in der Stadt haben wollte, so gern wollten sie uns wieder loswerden und so ging es auf abgesperrten Autobahnen zügig Richtung Allemagne, gepaart mit der Erkenntnis, dass auch im Ausland alle Bullen Idioten sind. Aber: Non, je ne regrette rien, denn was andere träumen, das leben wir!
Union Berlin – FC Bayern München
Bevor wir uns jetzt für zwei Wochen in die Länderspielpause verabschieden – die ja eigentlich jeden Fußballfan nur nervt – kommt die Unterbrechung diesmal für viele von uns wohl gar nicht so ungelegen. Bevor’s in den Jahresendspurt geht, welcher doch wieder ordentlich vollgepackt ist (DFB-Pokal-Achtelfinale sind wir schließlich nicht mehr gewöhnt), kann man die Zeit nochmal nutzen, um ein bisschen runterzukommen und die Füße hochzulegen.
Aber bevor die wohlverdiente Pause startet, steht nochmal ein echtes Highlight an: Auswärtsspiel an der Alten Försterei gegen Union Berlin. Ich persönlich muss ja zugeben, dass ich beim ersten Spiel dort so massiv gehypt auf das Stadion etc. war, dass ich dann doch ziemlich enttäuscht war. Mittlerweile sind meine Erwartungen aber etwas realistischer und so genieße ich diese Auswärtsfahrt, die uns mal nicht in eine 0815-Schüssel führt, sehr.
Mit dem Bus ging’s in den frühen Morgenstunden in die Hauptstadt und bei Bier sowie mehr oder weniger qualitativ hochwertigen Gesprächen verging die Fahrt doch ziemlich schnell.
Nicht besonders schnell kam jedoch unsere Mannschaft ins Spiel. Union übernahm in den ersten Minuten das Geschehen auf dem Platz, und nur dank des scheiß VAR stand es nach 20 Minuten noch nicht 1:0. Die Gastgeber ließen sich davon aber eher weniger stören und machten dann einfach sieben Minuten später das zugegebenermaßen verdiente 1:0.
Der Treffer war für uns wohl der Weckruf. Kurz darauf zirkelte/lupfte Luiz Díaz ein brutales Traumtor zum 1:1 rein, und mit diesem Ergebnis ging’s auch in die Pause.
In der zweiten Hälfte wurden wir dann wieder um einiges druckvoller, aber das zweite Tor wollte heute einfach nicht glücken. Anders bei den Unionern – diese netzten in der 83. Minute zum 2:1 ein und es sah nach der ersten Niederlage dieser Saison für uns aus. Aber wir hatten wohl verdrängt, dass Harry Kane noch nicht getroffen hatte. In der Nachspielzeit köpfte er uns dann doch noch zum 2:2 und rettete wenigstens einen Punkt.
Bis auf den wirklich geilen Jubel in der Nachspielzeit fiel mir tatsächlich wenig auf, was besonders erwähnenswert im Gästeblock war. Man merkte definitiv, dass anstrengende Wochen hinter uns lagen, und so konnten wir unser Potenzial in meinen Augen nicht wirklich ausnutzen. Ich würde jetzt definitiv nicht sagen, dass es schlecht war, aber auch nicht der beste Auftritt von uns in der Alten Försterei. Aber das war ja nur das Warmmachen für unser Spiel hier im Dezember. Lieber heute ein Unentschieden und ein durchwachsener Auftritt als dann im DFB-Pokal – von daher: Alle guten Dinge sind bekanntermaßen ja „zwei“. 😉
Der Heimanhang konnte immer wieder mal das ganze Stadion mitnehmen und der Jubel zum 2:1 in der 83. war schon wild. Gemeinsam mit den Unionern zeigten wir noch ein Spruchband zur Innenministerkonferenz im Dezember:
„EURE STATISTIKEN ZEIGEN: DIE STADIEN SIND SICHER. POPULISMUS STOPPEN!“
https://suedkurve-muenchen.org/ein-damoklesschwert-schwebt-ueber-unserem-fussball/
Somit geht ein relativ unspektakuläres Auswärtsspiel zu Ende. Zum Abschluss geht noch ein großer Dank raus an unsere Freunde aus Jena, Bochum und Hamburg.
Das Gespenst des Populismus geht um…
Wieder einmal steht unser Fußball unter Beschuss. Dieses Mal allerdings nicht durch Investoren oder Verbände, sondern durch die Politik, Behörden und Teile der Medien. Wobei es unser „Fußball“ gar nicht so gut trifft. Denn Opfer der populistischen Forderungen sind wir: die Fans. Wenn die Maßnahmen, die seitens dieser Akteure gefordert werden, Realität werden, stehen allen Fußballfans dunkle Zeiten bevor. Nicht nur den Ultras, nicht nur den aktiven Fanszenen, sondern alle von euch, die ab und an ins Fußballstadion gehen, wären von den Maßnahmen der Politik betroffen.
Was ist geplant?
Vom 03.-05. Dezember findet in Bremen die Innenministerkonferenz (IMK) statt. Bekanntermaßen wird rund um diese Konferenzen immer wieder mit hanebüchenen Forderungen und uninformierten Aussagen auf sich aufmerksam gemacht. Viele Innenpolitiker*innen wollen sich als harte Hunde darstellen und fordern drakonische und völlig realitätsferne Maßnahmen gegen Fußballfans.
Doch dieses Mal scheint es der Politik ernster damit zu sein, sich als Law-and-Order Hüter zu inszenieren. Bei der letzten IMK Ende 2024 wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe damit beauftragt, Maßnahmen gegen Gewalt im Fußball zu erarbeiten. Offiziell wurden die Ergebnisse noch nicht verkündet, aber es zeichnet sich bereits ab, was uns bevorsteht.
Die Arbeitsgruppe wird wohl unter anderem die Empfehlung an die DFL aussprechen, nur noch personalisierte Eintrittskarten zu verkaufen und bei Eröffnung eines Strafverfahrens automatisch Stadionverbote auszusprechen. Schon seit Wochen, wenn nicht gar Monaten, läuft eine Hetzkampagne gegen Fußballfans, die von den entsprechenden Akteuren vorangetrieben wird, um in der Öffentlichkeit Stimmung gegen Fußballfans in Deutschland zu machen.
Was sagen die Zahlen?
Wenn man die Medienberichte rund um die geplanten Verschärfungen verfolgt, beschleicht einen teils das Gefühl, dass der Stadionbesuch ein erhebliches Risiko für die eigene Gesundheit darstellt. Auf der einen Seite toben die brandschatzenden Gäste und auf dem Weg zur Heimkurve helfen nur noch Stoßgebete, um nicht verprügelt bis gehäutet zu werden.
Die Zahlen der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) 24/25, also von der Polizei selbst, zeichnen allerdings ein ganz anderes Bild. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Verletzten um 17 % gesunken. Die Zahl der eingeleiteten Strafverfahren hat sogar um mehr als 20 % abgenommen und auch die Polizei konnte ihre Arbeitsstunden um 9 % reduzieren. Demgegenüber stehen sogar 1.000.000 mehr Gästefans als im Jahr zuvor. Insgesamt gab es bei über 25.000.000 Stadionbesucher*innen 24/25 nur 1.107 Verletzte, was einer Quote von 0,00438 % entspricht.
Auch der Zehnjahresvergleich unterstreicht die sinkenden Zahlen. Gemäß des SIZ-Berichtes der Saison 2014/15 entsprach die Verletztenquote noch 0,0057% (1.207 verletzte auf 21 Millionen Zuschauer*innen), während 2024/25 nur noch 4.700 Strafverfahren eingeleitet wurden, lag diese Zahl 2014/15 mit 8.329 Verfahren bedeutend höher. Auch die Arbeitsbelastung der Polizei konnte im Vergleich zu vor zehn Jahren um gut 500.000 Einsatzstunden reduziert werden.
Die von Politik und Behörden heraufbeschworenen brandschatzenden Horden können also in und rund um Fußballspiele ins Reich der Fabeln verwiesen werden. Im Gegenteil, in Bezug auf die Sicherheit konnten in den letzten Jahren offensichtlich große Fortschritte erzielt werden. Seit Jahren bewegen sich die Zahlen deutlich unter dem Promillebereich. Wie bei diesen Zahlen derartig Stimmung auf dem Rücken der Fans gemacht werden kann, ist uns ein Rätsel. Entweder verfügen die verantwortlichen Personen über keinerlei Wissen über die Sicherheitslage in deutschen Fußballstadien oder sie ignorieren sie willentlich. So oder so ist für uns klar: ihre Forderungen sind ein Frontalangriff auf die bunte, lebendige und kritische Fankultur, für die Deutschland europaweit beneidet wird!
Warum schaden diese Maßnahmen allen Fußballfans?
Personalisierte Tickets verkomplizieren den Fußballalltag für jeden Fußballfan. Jede*r kennt die Fälle, in denen man am Spieltag erkrankt, wichtige familiäre oder berufliche Verpflichtungen dazwischenkommen oder man für sich selbst, Angehörige oder Freunde spontan noch eine Karte sucht. Im Falle einer verpflichtenden Personalisierung müssten zukünftig die Karten nicht nur ver- oder gekauft werden, sondern zusätzlich auch noch umpersonalisiert. Eine halbe Stunde vor Anpfiff noch schnell seine Karte loswerden? Spontan einen Freund statt des kranken Sohnes mitnehmen? Dies alles würde in Zukunft mit enormem Aufwand verbunden sein.
Nicht vergessen werden sollten an dieser Stelle die Einlasskontrollen. Je nach Stadion gestalten sich diese besser, häufig aber auch schlechter. Wir wollen uns nicht ausmalen, was in Zukunft vor vielen deutschen Fußballstadien los sein wird, wenn jeder Fan den Ausweis vorzeigen muss, um die Daten mit jenen abzugleichen, die auf dem Ticket stehen. Stundenlange Wartezeiten wären wohl eher die Regel als die Ausnahme. Alternativen wie eine KI-Kontrolle oder Überwachung, die seitens der Behörden ins Spiel gebracht wurden, sind keine Lösung, sondern ein massiver Grundrechtseingriff, den wir nicht mittragen werden.
Des Weiteren handelt es sich bei personalisierten Eintrittskarten um eine rein populistische Maßnahme ohne echte positive Effekte auf die Sicherheit. Straftaten können (und werden, wie der Blick auf Fälle, in denen personalisierte Tickets schon vorgeschrieben werden) nicht verhindert werden. Auch auf deren Aufklärung hat eine Personalisierung keinen Einfluss, ist sogar völlig überflüssig, bedenkt man die lückenlose Kameraüberwachung, die mittlerweile in jedem Stadion Usus ist.
Auch die zentrale Stadionverbotskommission und die Änderung der Stadionverbotsrichtlinie würden uns um mindestens ein Jahrzehnt zurückwerfen. Während es insbesondere rund um die WM 2006 und in der Folgezeit an der Tagesordnung war, dass Stadionverbote per Gießkannenprinzip verteilt und regelmäßig die Unschuldsvermutung außer Kraft gesetzt wurde, besteht heute eine Praxis, die rechtsstaatlichen Gesichtspunkten deutlich näher kommt. In dezentralen SV-Kommissionen erfolgt eine Einzelfallprüfung, an deren Ende dann das Stadionverbot (nicht) ausgesprochen wird. Diese Praxis stellt sicher, dass Stadionverbote erst nach einem abgeschlossenen Strafverfahren ausgesprochen werden und niemand ausgesperrt wird, weil er sich zur falschen Zeit am falschen Ort befand.
Ein anschauliches Exempel, welches in Zukunft deutlich anders ausgehen könnte, durften wir zum Beginn der Saison 2023/24 am eigenen Leib erfahren. Nach einer Pyroshow im Bremer Weserstadion wurden über 600 (!) Bayernfans willkürlich kontrolliert und erhielten eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz. In Zukunft könnte dies für uns den Supergau in Form von mehreren hundert Stadionverboten bedeuten. Stimmung bei Heim- und Auswärtsspielen? Eine stimmungsvolle Südkurve, laute Gästeblöcke und Choreographien wären für die Zeit der Stadionverbote unmöglich zu organisieren.
Dass am Ende keine einzige Anzeige vor Gericht landete und der Einsatz der Bremer Polizei vom Amtsgericht Bremen als rechtswidrig eingestuft wurde, ist leider typisch. Die Zeit vor den Toren hätte uns das aber nicht zurückgebracht.
Aber auch den allein anreisenden Bayernfan kann es jederzeit treffen. Eine Verwechslung, ein ungünstiges Timing und ehe man sich versieht, befindet man sich in einer Polizeimaßnahme und erhält eine Anzeige. Heute wäre das ganze nervig, aber spätestens vor Gericht würde sich das Missverständnis aufklären. In Zukunft hieße das: Stadionverbot mindestens bis zum Ende des Verfahrens. Und wie lange ein Verfahren in Deutschland dauern kann, wissen wir alle.
Gemeint sind wir ALLE!
Wie schon in der Vergangenheit richten sich vermeintliche „Sicherheits“maßnahmen nur vorgeblich auf Gewalttäter*innen und Chaoten. Eigentliches Ziel sind alle aktiven Fußballfans und Stadiongänger*innen, egal ob Ultrà, Dauerkartenbesitzer*in, Gelegenheitsfan oder Stadiontourist*in.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass es in Deutschland keinerlei Grund gibt, Fußballfans mit zunehmender Repression zu begegnen und sie durch populistische Forderungen zu kriminalisieren. Sollten die Forderungen der Politik umgesetzt werden, wird die deutsche Fanlandschaft nicht mehr dieselbe sein wie zuvor. Sie wird viel von ihrem Glanz und ihrer Attraktivität einbüßen. Populistische Politiker*innen und Polizeifunktionäre wollen uns UNSEREN Fußball streitig machen. Es liegt an uns ALLEN, das zu verhindern!
Was können wir dagegen tun?
Jede*r wird von der großen Demonstration vergangenen Sonntag in Leipzig gehört haben. Bis zu 20.000 Fußballfans sind gegen die geplanten Maßnahmen auf die Straße gegangen, um für die Rechte der Stadionbesucher*innen zu kämpfen. Angesichts der kurzen Mobilisierungsphase von nur wenigen Tagen eine Zahl, die eindrücklich unterstreicht, dass der Protest nicht von einer kleinen Splittergruppe, sondern von einer großen Zahl Fußballfans getragen wird.
In den kommenden Spielen werden wir den Protest wieder in die Stadien tragen. Beteiligt euch an den Aktionen, klärt eure Familie, Freund*innen und Bekannte über die schäbigen Forderungen gewisser politischer Akteure auf und unterschreibt die Petition der Fanszenen Deutschland: https://www.openpetition.de/petition/online/der-fussball-ist-sicher-schluss-mit-populismus-ja-zur-fankultur
Ihr könnt auch im Namen eures Fanclubs unterzeichnen: https://derfussballistsicher.de/