Stuttgart auswärts ist eines der wenigen Spiele, auf die man sich immer schon Wochen vorher freuen kann. Günstige Anreise per Zug, eine Traditionsmannschaft als Gegner, jede Menge beidseitige Abneigung, eine interessante Kurve auf der Gegenseite und meistens ein ganz gut aufgelegter Gästeblock.
In überfüllten Regionalzügen ging es in die Schwabenmetropole, wo die Polizei heute nicht ihr kompetentestes Team am Start hatte, so dass verschiedene Kleinigkeiten die Weiterreise vom Hauptbahnhof zum Neckarpark verzögerten. In Stuttgart ist halt irgendwie immer was los.
Ansonsten in Stuttgart alles beim Alten. Gefühlt jedes Jahr das Spiel mit den meisten Alkoholopfern der Saison, die reihenweise am Eingang abgewiesen wurden, fairerweise aber ihre Eintrittskarte weitergeben durften, so dass auf diesem Weg immerhin andere Bayernfans in den Genuss von 90 Minuten Stadionatmosphäre kamen.
Die ging sich heute für ein Bundesligaspiel auch sehr respektabel an. Die Cannstatter Kurve eröffnete die Partie mit einer großen Choreo, wir selbst zeigten das bekannte Bayernfans gegen Montagsspiele-Transparent. Damit sprachen wir eine Thematik an, die natürlich auch der Heimseite ganz besonders unter den Fingern brennt. Schließlich sind es die Stuttgarter, die am 32. Spieltag an einem Montag über 600 Kilometer nach Bremen zurücklegen müssen. Damit findet zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein Bundesligaspiel planmäßig an einem Montag statt. Ab übernächster Saison werden dann nicht mehr nur die Fans aus der zweiten Liga mit überhöhter Geschwindigkeit über deutsche Autobahnen brettern, auch für Fans von Erstligavereinen wird das zur Gewohnheit werden. Dementsprechend präsentierten die Stuttgarter zu Beginn der zweiten Hälfte eine Vielzahl von Spruchbändern gegen den neuen Montagstermin. Wir schlossen uns nochmal mit der Forderung nach fangerechten Anstoßzeiten an.
Wir zeigten außerdem noch zwei Spruchbänder für erkrankte Bayernfans: „Marcus, wir sind bei Dir“ und „Kopf hoch, Matthias“. Außerdem schickten wir noch solidarische Grüße an einen Freund von der Horda Azzuro, der vor Gericht gerade eine heftige Strafe erhalten hat: Kiese – immer an deiner Seite! ACAB!
Gesanglich schöpften heute beide Kurven weitgehend aus dem Vollen. Der Schwabe zehrt ja generell aus einem gesunden Bayernhass und zeigte uns einen der besten Heimauftritte der letzten Begegnungen, auch wenn die Cannstatter Kurve weiterhin lange Pausen macht, in denen quasi gar nichts zu passieren scheint. Auf unserer Seite waren die Sitzplätze durchaus motiviert, der vierte Meistertitel in Folge steht kurz bevor und das Europapokalfieber befeuerte die Stimmung zusätzlich. Abgesehen von einem etwas längeren Hänger in der zweiten Halbzeit kann man mit diesem Auswärtsauftritt wirklich mal wieder zufrieden sein.
Gleiches gilt natürlich für’s Ergebnis. 3:1 Auswärtssieg in einem Spiel, das mit Glanzpunkten sehr geizte. Da war es beinahe schon ein Highlight, als sich der aggressive Leader Arturo Vidal innerhalb weniger Minuten beinahe selbst mit Gelb-Rot vom Platz gestellt hätte. Pep tat das einzig Richtige und nahm ihn nach 27 Minuten vom Platz. Hätte Didavi nicht noch den Anschlusstreffer im Sitzen erzielt, würde von diesem Spiel ansonsten auch nichts in Erinnerung bleiben.
Nach Abpfiff wurden die sieben Sachen zusammengepackt und es ging retour zur S-Bahn, wo man sich schon mal auf die kuscheligen Verhältnisse im Regionalzug vorbereiten konnte. Nach zwölf Jahren Gewinn in Folge könnte sich die Bahn sicher trotz der roten Zahlen im letzten Jahr ein, zwei Extrawaggons leisten. Ist ja durchaus vorhersehbar, dass die Züge an so einem Tag übelst überlastet sein werden. Stattdessen schiebt man aber lieber immer wieder Fans den schwarzen Peter zu, fordert, Fans nur noch mit teuren Sonderzügen zu transportieren, etc. pp.
Nun ja, Rückfahrt ohne besondere Zwischenfälle und heim in die Falle.
Zuletzt noch ein Dank an die Freunde aus St. Pauli und Jena, die uns in Stuttgart unterstützten.