Nach zwei Punktverlusten in Folge hatte das Gastspiel in Stuttgart plötzlich sogar etwas an sportlicher Bedeutung gewonnen. Noch einen Ausrutscher, das wusste jeder, durfte es hier nicht geben, denn sonst hätten wir erstmal eine Woche FC Hollywood vom Feinsten gehabt. Da hätten sich die Medienvertreter überschlagen mit Katastrophenprognosen.
Unabhängig davon ging es für uns gut und günstig mit der Eisenbahn in die Schwabenmetropole. Nicht nur wir freuten uns, dass man nach gefühlt längerer Zeit zu diesem Spiel mal wieder mit dem Zug anreisen konnte, auch die Jungs aus Cannstatt standen zur Begrüßung bereit und setzten sich gleich in Szene. Bei uns sorgten derweil die irgendwie leicht desorganisierten Cops mit einer ordentlichen Prise Pfefferspray für eingeschränkte Sicht und Bewegungsfreiheit. Wenn man die nicht hat, braucht man auch keine Flaschen vom Bahnsteig in Richtung der Stuttgarter werfen – braucht man aber sowieso nie und es ist eigentlich ganz cool, dass das bei uns in den letzten Jahren so gut wie gar nicht mehr vorgekommen ist. So soll es auch bleiben.
Die Sache hatte sich dann eh relativ schnell gegessen und es ging über den Wasen zum Gästeblock.
Hier wurden direkt rote und weiße Folien im unteren Sitzplatzbereich verteilt. Der Anlass war leider ein trauriger. Wie alle mitbekommen haben, ist Udo Lattek – der erfolgreichste Trainer in unserer Vereinsgeschichte – leider verstorben. Udo Lattek war nicht nur ein großartiger Fußballlehrer, sondern auch ein Charakter, wie ihn das glattgebügelte Fußballgeschäft heute auch noch gebrauchen könnte. Wir erinnerten an ihn und seine Triumphe mit den FC Bayern durch ein Bild von Udo Lattek samt Europapokal der Landesmeister. Weiter oben im Block bildeten wir die alte Anzeigetafel aus dem Olympiastadion ab. Als uns Udo Lattek nach seinem zweiten Engagement an der Säbener Straße im Jahr 1987 verließ, leuchtete über der Südkurve ein „Servus Udo“ nebst seinem Konterfei auf. Auch wir sagen dem Meistertrainer leise Servus. Der deutsche Fußball ist um einen großen Typ ärmer.
Arm war auch die Begegnung auf dem Rasen und zwar an Highlights. Nachdem die Partien gegen Wolfsburg und Schalke den Bayernfan schon nicht verwöhnt hatten, konnte heute zumindest das Ergebnis überzeugen. Bezeichnend, dass beide Tore keine ganz gewöhnlich herausgespielten waren. Mitchell Weiser brachte Arjen Robben zwar gut in Position, aber wie der den Ball dann auf diese Art und Weise im Tor unterbrachte war schon à la bonheur. Ebenso der Freistoßtreffer von David Alaba in Hälfte zwei. Fünf Minuten vor der Halbzeit und fünf Minuten danach je ein Traumtor – ansonsten gähnende Langeweile.
Auf den Rängen tat sich der Gästeblock auch etwas schwer, ins Spiel zu kommen und so war die Anfeuerung in der ersten Hälfte zwar ganz okay, aber nix besonderes und gemessen an früheren Auftritten in Stuttgart eher unterer Durchschnitt. In der zweiten Halbzeit ging es dann aber schon besser vorwärts und es entwickelte sich eine gute Atmosphäre im Gästeblock. Definitv ein Lob haben sich heute aber die motivierten Sitzplätze verdient, die teilweise über 90 Minuten standen. An ihnen lag es definitiv nicht, dass es heute in der Kurve nicht von Anfang an rund lief.
Die Heimseite hatte derweil auch nicht den besten Tag erwischt und präsentierte sich deutlich schlechter als bei unseren vorherigen Gastspielen. Da ist entweder die Karawane schon weitergezogen (den Schenkelklopfer gönn ich mir kurz vor Fasching) oder die anhaltende sportliche Misere legt sich langsam auf die Stimmbänder. Wie die spätere TV-Analyse ergab, hatten die Stuttgarter aber zumindest eine breite Palette Anti-FCB Hits im Gepäck. Ist schon in Ordnung, die Schwaben haben ja sonst auch nicht mehr viel, woran sie sich halten können. Außerdem müssen sie sich ja langsam aber sicher auch schon auf ein Zweitliga-Derby mit dem KSC vorbereiten. Wobei, vielleicht schaffen die Badenser ja sogar den Aufstieg.
Na ja, in jedem Fall nicht unsere Liga. Wir müssen jetzt erst mal was dazu tun, dass der HSV unten drin bleibt. Pack ma’s an.