Das Topspiel gegen Leverkusen begann für uns heute nicht nur mit den üblichen Arbeiten wie Material packen, Getränke für den Streetworkbus organisieren und die Autos beladen, sondern hatte mit der Begrüßung unserer Freunde aus Civitanova noch eine wesentlich angenehmere Komponente. Nachdem die erste Guten-Morgen-Halbe mit den Brigate Rossoblu geleert war, ging’s gemeinsam weiter in ein Münchner Wirtshaus. Dort wurde bei allerlei bayrischen Spezialitäten Schultern geklopft, die Zeit verratscht und die Kellner an die Belastungsgrenze getrieben.
Auch wenn wir uns normalerweise nicht großartig über Freundschaftsbesuche ausbreiten, muss man zur heutigen Anwesenheit der Brigate bei uns leider doch ein paar Worte mehr verlieren. Es war das letzte Mal, dass die BRB Zaunfahne in einem Fußballstadion hing. Nachdem im Sommer noch 30jähriges Gruppenjubiläum gefeiert wurde, ging es in der Fanszene der Civitanovesi immer mehr drunter und drüber. Es wurde sich angefeindet und im Endeffekt erschien es den Brigate nicht mehr sinnvoll, in einer kleinen Stadt mit kleinem Verein und einer kleinen Fanszene Energien zu investieren, die nur in Streitereien verpuffen. Nachdem man über 30 Jahre für die rot-blauen Farben da gewesen war, machte das nun in der bisherigen Form keinen Sinn. Mit der Entscheidung zur Auflösung wurde gleichzeitig beschlossen, alle befreundeten Gruppen noch einmal zu besuchen. In Rimini und San Benedetto hing die Fahne schon in den Wochen zuvor, unser Spiel gegen Leverkusen war also quasi die letzte Seite des letzten Kapitels in der Geschichte der Brigate. Für unsere Freunde ging damit ein großer Bestandteil ihres Lebens zu Ende und dementsprechend flossen einige Tränen. Auch für uns war das kein einfacher Moment und der ein oder andere musste doch mal schlucken. Zum einen wegen der persönlichen emotionalen Verbundenheit, die sich über die Jahre durch die gemeinsamen Erlebnisse entwickelt hat. Zum anderen war die Fahne der Brigate die erste einer anderen Mannschaft, die wir in freundschaftlicher Manier über unsere hängten. Damit haben uns die Brigate auch als Gruppe ein weites Stück unseres bisherigen Wegs begleitet. Wir freuen uns auf weitere Treffen mit tollen Menschen, ob im Polisportivo, auf der Wiesn oder sonst wo zwischen München und Civitanova.
Damit wollen wir dann aber auch nochmal zum restlichen Geschehen an diesem Spieltag kommen. Da der Streetworkbus vom TÜV das Prädikat „Um Gottes Willen, auf gar keinen Fall mehr“ verliehen bekam, dient uns vorzeitig das Fanprojekt als Unterschlupf. Danke an der Stelle an alle Bayernfans, die Spenden für den Münchner Kältebus vorbeigebracht haben, sowie an Red Fanatic, von denen die Initiative ausging und die viel von der organisatorischen Arbeit übernommen haben. Wer wollte, schnappte beim Inferno noch ne Gulaschsuppe und dann ging’s hoch in die Hell of Fröttmaning.
Aufs Spiel durfte man gespannt sein. Mit Roger Schmidt war schließlich ein Trainer zu Gast , der Pep Guardiola zumindest in einem Testspiel ein Schnippchen schlagen konnte. Am Anfang war für die Südkurve auch gleich zweimal Luft anhalten angesagt, denn der Bayer kam gleich am Anfang zu guten Chancen und es war klar, dass das hier heute kein lockeres Ding werden würde. Das sah man auch daran, dass Kollege Guardiola am Spielfeldrand ähnlich viele Meter zurücklegte wie die Spieler auf dem Feld-
Die Südkurve hatte heute sicher nicht ihren eindrucksvollsten Tag erwischt, lediglich ein paar Ausreißer nach oben, wie das „Champs-Elysee“ für Torschütze Franck Ribery werden vielleicht etwas länger in Erinnerung bleiben. Macht nix, Mund abwischen und nächstes Mal wieder eine Schippe drauf packen. Ansonsten gab es in der Südkurve heute noch drei Spruchbänder. Das erste für die leidgeplagten Ultras der Atalanta aus Bergamo, wo nach Auseinandersetzungen beim Spiel gegen die Roma nicht nur wieder ein Eintrittskartenmodell eingeführt wurde, das es quasi unmöglich macht, sich ohne vorherige Registrierung eine Karte zu kaufen (personalisiert waren die Tickets ja sowieso), sondern es sitzen auch wieder Fans der Atalanta in U-Haft.
Ein weiteres Spruchband kam von MRP und gratulierte den Red Sharks zu ihrem 20jährigen Bestehen. Wir schließen uns hier an und sagen ebenfalls „Ois Guade“.
Spruchband Nr. 3 ging wiederum von uns aus und war auf Türkisch gehalten und richtete sich an die Besiktas Fans rund um die Gruppe Carsi. Dort sitzen mehrere Mitglieder wegen Terrorismus-Vorwürfen vor Gericht, da die Regierung nach den Gezi-Protesten einge Exempel statuieren will. Wer des türkischen mächtigen ist, wird bemerkt haben, dass es sich um ein Wortspiel handelte, das bei der Übersetzung aber leider verloren geht. „Wer sich gegen Carsi stellt, hat alle Ultras gegen sich“ dürfte eine halbwegs akzeptable Übertragung ins Deutsche sein.
Am Ende des Spiels waren wir dann zwar noch nicht Herbstmeister, konnten uns aus der Erfahrung heraus aber vorstellen, wie man diesen inoffiziellen Titel feiern würde. Also gabs zusammen mit den Italienern abends noch ein bisschen Ramba-Zamba im Sperrbezirk. Danke an die Leute, die alles organisiert und vor allem an die, die die Küche wieder sauber gemacht haben. Da wärs auch überlegenswert gewesen, einfach ne Handgranate reinzuschmeißen.
Ein Dankeschön geht außerdem abschließend noch an die anwesenden Kollegen vom FC Sankt Pauli und dem VfL Bochum.
Bilder vom Spieltag gibts hier.