Zum zweiten Mal innerhalb einer 12-Monatsfrist machten uns die Medien darauf aufmerksam, dass wir unsere Wochenendplanung eventuell doch nochmal überdenken müssen. Stand im letzten Dezember eine Spielverlegung des Auswärtsspiels in Bremen wegen des Weser-Hochwassers im Raum, wurde dieses Mal gemutmaßt, der Bahn-Streik könnte das Gastspiel bei der Frankfurter Eintracht verhindern. So schnell fällt ein Bundesligaspiel aber nicht aus, denn dafür stehen doch zu hohe wirtschaftliche Interessen dahinter, als dass eine Neuterminierung nicht vielen Beteiligen eine Stange Geld kosten würde.
Gespielt wurde also und wie das in Frankfurt eben so ist, hieß das für Auserwählte auch mal wieder, sich vor pöbelnden Ordnern im Nebenkämmerchen bis auf die Unterwäsche zu entkleiden. Wenn man ehrlich ist, hält sich die Tragik dessen auf die Masse der Fans gesehen natürlich in Grenzen. Trotzdem bleibt es aber ein wirklich unnötiger Eingriff in die Persönlichkeit des Einzelnen und bildet im Endeffekt nur eine Vorstufe dafür, alle Zuschauer zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen zu unterziehen, sobald es technisch mit geringerem Zeitaufwand möglich ist. Es ist halt nervig, wenn man nicht einfach nur zum Fußball gehen kann, sich eben kurz abtasten lässt und dann in den Block geht, sondern ständig mit weiteren Sonderbehandlungen rechnen muss. Auch wenn der durchschnittliche Fußballfan bestimmt nicht sonderlich gschamig ist, gibt es abgesehen davon ja durchaus größere Vergnügen als sich vor Fremden halb auszuziehen.
Die Atmosphäre im Gästeblock passte sich in gewisser Weise ans Spiel an. Spannend war es nicht gerade, was da bei uns ablief, sondern es wurde eher routiniert das Programm abgespult. Parallel zu den Toren in der zweiten Hälfte ging’s auch im Auswärtssektor etwas voran. Alles in allem halt ein eher unspektakuläres Auswärtsspiel, was die Tribünen angeht. Auch die Partie auf dem Rasen verlief eher nach dem Standardschema und ein 4:0 bei der Eintracht ist zwar nicht alltäglich, bringt die Säfte bei uns Bayernfans aber auch nicht übermäßig in Wallung. Die Frankfurter hatten letztens eine Choreo unter dem Motto „Ohne Enttäuschung weiss man seine Siege nicht zu schätzen“. Zumindest unsere Bundesligaspiele betreffend ist da sicher etwas dran.
So ganz zu vergleichen waren die Spiele auf Rängen und Rasen aber dann doch nicht. Zum einen schießt Thomas Müller dann doch nicht jedes Spiel drei Tore, zum anderen wäre es es vermessen zu behaupten, wir hätten auf den Rängen ähnlich dominiert wie die elf weißgekleideten Roten auf dem Feld. Die Nordwestkurve bleibt für viele sicher die beste Heimkurve der Liga, auch wenn wir sie schon in durchaus besserer Form gesehen haben als heute. Unterstützt von einer stattlichen Abordnung aus Bergamo lieferten die SGE’ler heute für ihre Verhältnisse eher Standardkost, was aber für die meisten Gästehaufen in der Bundesliga immer noch locker ausreichen sollte, um die stimmliche Hoheit im Stadion zu behalten. Erwähnenswert auf Heimseite wären dann noch ein großes Spruchband, das über 90 Minuten für die karitative Aktion „Wir tragen den Adler im Herzen“ der Ultras Frankfurt warb. Neben Spenden an verschiedene soziale Einrichtungen wird UF im Rahmen dieses Projekts diesen Winter auch eine Suppenküche für Wohnsitzlose anbieten. Großen Respekt hierfür.
Auf unserer Seite wurde ein weniger ernstes Thema aufgegriffen. Nachdem der italienische Kaffeelikör Borghetti über Jahre hinweg dem Alkoholverbot im Stadion unserer Freunde aus San Benedetto getrotzt hatte, fiel dieses Inventarstück der Stadionkultur nun doch auch noch der zunehmenden Reglementierung selbst in den unteren Ligen zum Opfer. Von uns gab es deshalb ein kleines Spruchband, das man frei übersetzen könnte mit: „Borghetti gehört zur Curva Nord wie die Palmen zu San Benedetto“.
Aus Gründen der Verfügbarkeit – und mancher würde behaupten auch des guten Geschmacks – wurde auf dem Rückweg dann aber nicht mit genanntem Borghetti, sondern Münchner Bier auf den Sieg angestoßen und sich so seelisch und moralisch auf ein bundesligafreies Wochenende vorbereitet.