SZ: Zwölfter Mann, zweite Feier

Die Süddeutsche Zeitung mit einem kurzen Bericht über die stattgefundene Südkurvenparty:

Die Bayern-Fanclubs organisieren ihre eigene Party im Backstage

Man muss schon genau hinsehen, um den richtigen Eingang zu finden. Etwas Unachtsamkeit und man landet nebenan, beim Konzert der Oi!-Punk-Band Stomper 98. „Abendkasse: 20 Euro“ steht am Kassenhäuschen, spätestens da werden Fehlgeleitete skeptisch. Denn der Grund, warum die meisten am Samstagabend vor dem Backstage an der Friedenheimer Brücke stehen, ist ein anderer: die Südkurvenparty des FC Bayern. Ein Abend, an dem die Fan-Szene zusammen kommt, um geschlossen die Meisterschaft zu feiern. Abendkasse: fünf Euro. 1800 Karten wurden verkauft.
Wer möchte, kann diese Party mit Rock-, Punk- und Reggea-Musik leicht als Kontrapunkt zum ritualisierten Schlager-Move mit Schale auf dem Marienplatz deuten. Dort die Modefans, von denen es gegen Ende der Saison immer mehr gibt. Hier die Ultras, die sich Woche für Woche für den FC zerreißen, Choreografien organisieren und für Stimmung im Stadion sorgen. Die Mitglieder der Fanclubs von Schickeria, Club Nr. 12 oder Ultra Bavaria.
Simon Müller, 32, Sprecher der Schickeria, widerspricht: „Die Südkurvenparty ist keine Gegenveranstaltung zur Meisterfeier auf dem Marienplatz“. Stattdessen solle die heterogene Szene hier zusammenwachsen. Man ist um Diplomatie bemüht im Backstage. Dass die Szene überhaupt noch besteht, hätte bei der ersten Südkurvenparty vor einem Jahr kaum wer gedacht. Die Stimmung war gedrückt, das Verhältnis zur Vereinsführung zerrüttet. Es ging um Drehkreuze vor der Südkurve, ausgesperrte Ultras und Auswärtsdauerkaten, die ihnen versagt wurden. Es ging aber auch um fehlenden Respekt und mangelnde Empathie auf beiden Seiten.
Doch die Stimmung hat sich gedreht, so der eindeutige Tenor auf der Südkurvenparty. „Was den Dialog angeht, haben sich Welten bewegt“, sagt Müller von der Schickeria. Man würde konstruktiv wie noch nie mit dem Verein zusammenarbeiten, das Verhältnis sei offen und ehrlich. Ähnlich äußert sich der Vorsitzende des Clubs Nr. 12, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Im vergangenen Monat hat sich mehr bewegt, als in vielen Jahren davor.“
Endlich dürften wieder Vorsänger mit Megafon die Fans in der Ultra-Kurve anheizen. Noch wichtiger: In der gesamten Südkurve sollen angeblich Stehplätze entstehen, von Eckfahne bis Eckfahne. Eine entsprechende Nachricht geisterte bereits durch Fan-Foren, am Samstagabend redeten Sprecher der Fan-Clubs erstmals offen und auf der Bühne des Backstage über solche Gespräche mit dem Verein. Entsprechend groß war der Applaus.
Unzufriedenheit sucht man vergebens. Selbst sportlich herrscht allgemeine Zufriedenheit. Keine Euphorie, sondern das abgeklärte Wissen darum, dass die Meisterschaft schon seit Wochen in der Tasche ist und das Pokalfinale erst noch kommt. Mittlerweile ist sogar das Ausscheiden aus der Champions League verdaut.
Ein Unterschied zur Feier auf dem Marienplatz ist dann aber doch unübersehbar. Denn im Backstage hängen eben nicht nur die Fahnen des FC Bayern München von der Decke. Daneben: eine Flagge mit durchgestrichenem Hakenkreuz, eine andere mit der Aufschrift „No to Racism“. Sie beziehen auch hier Stellung, die Ultra-Gruppen des FC Bayern. (MICHAEL WINDE, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG)

NullAchtNeun statt 08/15: Hub-Hub-Hubschrauber-Einsatz

Bei vielen „Party-Fans“ außerhalb der organisierten Szene gibt es den Spruch „Hub-Hub-Hubschrauber-Einsatz“, der zum besten gegeben wird, wenn die Polizei gegen Fans vorgeht. Auf ironische Art und Weise soll zum Ausdruck gebracht werden, dass sie den Einsatz als unverhältnismäßig ansehen.

Am vergangenen Donnerstag ist ein Hubschrauber-Pilot der Bundespolizei bei der „Übung“ eines Einsatzes bei einem Fußballspiel einem Unfall zum Opfer gefallen. Die Sicherheits-Fanatiker, die immer wieder von der Gefährlichkeit von Pyro und „Fussball-Chaoten“ schwadronieren, haben diesen Toten auf ihrem Gewissen. Denn er müsste sterben, weil sie eine Show veranstaltet haben, um für die extra eingeladene Presse möglichst spektakuläre Bilder zu fabrizieren. Spektakuläre Bilder, die ihre Hetzkampagne gegen die Fankurven untermalen sollten. Spektakuläre Bilder haben sie bekommen, doch sicher nicht die, die sie haben wollten.

Vor Ort waren viele Journalisten, Fotografen und Kamera-Teams. Seriöser Journalismus hätte gefragt, wo die Verhältnismäßigkeit bleibt, wenn Spezialeinheiten mit Hubschraubern ihren Krieg gegen Fußballfans proben. Seriöser Journalismus hätte sich nicht einspannen lassen in die Propaganda-Show der skrupellosen Sicherheitsfanatiker. Die deutsche Medienlandschaft braucht anscheinend spektakuläre Bilder, die Qualität der Inhalte und die Unabhängigkeit der Presse bleiben dabei auf der Strecke. Embedded journalism heißt sowas. Spektakuläre Bilder hat es gegeben. Wir Fans können nur froh sein, dass sich dieser Unfall bei einer sogenannten „Übung“ ereignet hat und die „Krieger“ von den Spezialeinheiten ihre Spielsachen nicht wie sonst üblich an uns ausprobieren durften.

Der Pilot ist tot. Presse und Politiker werden sich nicht ändern. Es wird nicht lange dauern, bis die Hetz-Kampagne weitergeht.

Einen guten Artikel dazu findet Ihr auf publikative.