Schiedsrichter in der Türkei

Habt ihr Euch nicht auch schon mal gefragt, wie verliebt manche Leute eigentlich in den Fußball sein müssen, um freiwillig Schiedsrichter zu sein. In den oberen Ligen wird man mittlerweile halbwegs ordentlich entlohnt, dafür aber auch jede Entscheidung von Millionen Menschen vor den Fernsehbildschirmen zerpflückt. In den unteren Ligen von der Seitenlinie beschimpft. Klar, das ist ein Teil des Fußballsports. Deshalb gehört den Leuten, die die Beschimpfungen, Kritik und Häme auf sich nehmen, um das Spiel überhaupt zu ermöglichen, auch ein gewisser Respekt entgegengebracht. Sie lieben den Fußball.

In der Türkei erlaubt man nun einem dieser fußballverliebten Schiedsrichter seit 2010 nicht mehr, weiterhin Spiele zu leiten. Wenn man sich den jüngsten Skandal rund um Fenerbahce vor Augen führt, liegt natürlich der Verdacht nahe, der Herr hätte einfach mal die Taschen zu weit aufgehalten und ein wenig am Spielergebnis herummanipuliert.

So einfach ist es allerdings nicht. Halil Dincdag darf keine Spiele mehr pfeifen, weil er homosexuell ist. Dies gibt der regionale Fußballverband zwar nicht so ohne weiteres zu, de facto ist es aber so. Dincdag war bei der Armee wegen „psychosexueller Störungen“ ausgemustert worden, nachdem er sich selbst als schwul geoutet hatte. Aus gesundheitlichen Gründen ausgemusterte Personen dürfen in der Türkei allerdings nicht als Schiedsrichter tätig sein. Der Verband hat ihn deshalb suspendiert.

Gegen diese Suspendierung klagt Halil Dincdag nun. Der Prozess zieht sich nun allerdings schon beinahe zwei Jahre.

Wir können hier nicht ausführlich erklären, woher die Homophobie in der türkischen Gesellschaft und vor allem der Armee kommt. Wir wissen es ehrlich gesagt auch gar nicht. Wir können aber sagen, wie hirnrissig es ist, Homosexualität als Krankheit zu bezeichnen. Bei Homosexualität handelt es sich ganz einfach um eine der zahlreichen Entwicklungsmöglichkeiten eines Menschen. Es gibt wohl keinen einzigen Grund, weshalb die sexuelle Orientierung eines Menschen ihn darin hindern sollte, als Schiedsrichter bei einem Fußballspiel zu fungieren. Was zählt, ist nämlich weder die Hautfarbe, das Geschlecht noch die sexuelle Orientierung. Was zählt ist die Liebe zum Fußball und zum Verein. Auf dem Platz und in der Kurve.