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Nach der Beantwortung einer Anfrage im Landtag bzgl. Datenbanken über Fußballfans bei der Bayerischen Polizei möchten wir hier nur kurz auf das Kommentar vom Münchner Fananwalt Marco Noli verweisen.
Die darin zum Ausdruck gebrachte Kritik an der Sammelwut und den Datenschutzverletzungen von Staat und Polizei spiegelt in weiten Teilen auch unsere Meinung wider:

Nun ist belegt, dass umfassend Persönlichkeitsmerkmale, Daten über Aufenthaltsorte, sogar über besuchte Lokale von über 1.000 Fußballfans alleine im Bereich des Polizeipräsidiums München erfasst wurden und auch weiterhin laufend erfasst werden. Mit diesen ausufernden und völlig unkontrollierten Datensammlungen werden komplette Persönlichkeitsprofile erstellt. Dabei werden nicht nur Tatverdächtige, sondern auch unbeteiligte Personen erfasst.

Die Landesregierung räumt ein, dass die sog. „Errichtungsanordnungen“ der vier Polizeipräsidien, in denen Art und Umfang der gespeicherten Daten bestimmt wird, dem Bayerischen Landesbeauftragten für Datenschutz nicht zur Prüfung vorgelegt wurde, obwohl dies gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist. Der Bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz wurde absichtlich umgangen.

Als vorgeschobene Ausrede führt das Innenministerium an, dass es sich bei den Dateien lediglich um eine „regional eingesetzte IT-Anwendung“ handeln würde – als ob die Dateien, die in schwerem Maße in die Persönlichkeitsrechte von Bürgern eingreifen, lediglich Bürocomputer einer Polizeiinspektion wären. Das ist nicht akzeptabel und belegt den willkürlichen Umgang der Bayerischen Polizei mit dem Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Datenschutz.

Dies nährt den Verdacht, dass weit mehr Daten erhoben und gespeichert werden, als gesetzlich erlaubt ist. Außerdem stellt sich die Frage, wieviele solcher geheimer Polizei-Datenbanken über die Bevölkerungen darüberhinaus noch existieren, ohne dass die Öffentlichkeit, die Betroffenen oder zumindest der Datenschutzbeauftragte darüber informiert werden.

Wir gehen nunmehr davon aus, dass der Bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz eine ausführliche und kritische Prüfung der Fußballfan-Dateien zeitnah durchführen wird und dann alle nötigen Konsequenzen ziehen wird.

München, 23.01.2017
RA Marco Noli, München
für Arbeitsgemeinschaft Fananwälte (www.fananwaelte.de)

An dieser Stelle sei auch nochmal jedem Bayernfan ans Herz gelegt, von seinem Recht auf Selbstauskunft Gebrauch zu machen und sich über mögliche Einträge in polizeilichen Datenbanken zu informieren. Mit einem kurzen Anschreiben, welches man sich einfach automatisch generieren lassen kann (z.B. unter www.datenschmutz.de), und einer beigelegten Ausweiskopie ist das auch ohne größeren Aufwand möglich.

Auch im Bundestag gab es eine Anfrage, um Auskunft über die „Datei Gewalttäter Sport“ zu erhalten. Auch hier wurde inzwischen eine Antwort verfasst, die allerdings abermals eher weitere Fragen aufwirft anstatt diese zu beseitigen. Für die Auskunft zur Datei Gewalttäter Sport steht ein von ProFans vorgefertigtes Formular hier zum Download bereit: http://profans-muenchen.org/ZIS_Selbstauskunft.pdf

Nutzt diese Möglichkeiten und macht dadurch deutlich, dass dieses Vorgehen der Behörden nicht stillschweigend hingenommen wird!

Solltet Ihr an einem Spieltag zudem mit Ordnungshütern in Konflikt geraten, macht keine Aussagen und meldet Euch bei uns. Wir helfen hier gerne weiter.

ZUSAMMENHALTEN, DAS IST UNSER ZIEL!

UPDATE:

Inzwischen finden sich auch einige Medienberichte, die sich mit den Erkenntnissen aus den Anfragen nochmal kritisch auseinandersetzen:

Das Münchner Fanprojekt hat nun außerdem vorgefertigte Formulare zum Download bereitgestellt, um ein Auskunftsersuchen bzgl. der „Informationsdatei Fussball“ einzureichen:

https://www.awo-muenchen.de/jugend/fanprojekt-muenchen/downloads/